Eure Liebe. Sylke Richter

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Eure Liebe - Sylke Richter Systemische Therapie

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man ja die Anspannung der Klienten oder sie übernehmen meine Aufregung. Alle Emotionen können zwischen uns hin- und herwechseln. Ich sollte mir dessen nur gewahr sein, um unangenehme Emotionen stoppen zu können. Meistens schlage ich eine kurze Pause vor, um mich wieder zu sammeln.

      Ein absolut wichtiger Gedanke. Sobald Menschen miteinander agieren, bilden sie ein System. Nehmen Bezug aufeinander, agieren und reagieren. Durch das Resonanzerleben können Menschen andere Menschen mit Emotionen anstecken, mit deren Begeisterung, aber auch deren Langeweile oder Ablehnung. Wenn eine Pause gerade nicht passt, hilft es auch, das eigene Erleben anzusprechen:

      •»Hier ist gerade viel Spannung im Raum. Vielleicht unterbrechen wir kurz, bewegen uns und treffen uns in fünf Minuten wieder.«

      •»Ich spüre momentan so viel Druck, geht es Ihnen auch so?«

      •»Aktuell scheint es so, als würden wir alle drei die Luft anhalten. Vielleicht atmen wir erst mal wieder aus.«

      Also bewegen, atmen, ansprechen, Pause vorschlagen, Plätze wechseln.

      Und im weiteren Verlauf könnte man das, was gerade passiert und sowieso im Raum ist, auch weiterverfolgen:

      •»Wie regulieren Sie sich normalerweise wieder herunter?«

      •»Was machst du sonst, um wieder entspannt atmen zu können?«

       Toni: Im Film sieht man ja immer, wie das Paar nebeneinander auf dem Sofa sitzt und den Blick geradeaus auf den Therapeuten gerichtet hat. Wie sitzen wir am besten?

      Bewährt hat sich das Sitzen in einem kleinen Kreis. Meistens bereite ich den Raum schon vor und stelle den Therapeutenstuhl mittig hin, sodass ich bei Bedarf beweglich bleibe. Hin und her rutschen kann oder vor und zurück. Die Stühle des Paares sind einander etwas zugewandter, trotz des Kreises.

      Da eins der therapeutischen Ziele ist, die beiden wieder in einen guten Kontakt zu bringen, ist eine Mindestvoraussetzung, dass sie sich sehen können, ohne sich den Hals zu verrenken.

       Das leuchtet mir ein. Wenn ich mich zum Quatschen im Café verabrede, sitze ich auch nicht gern neben dem Freund oder der Freundin, lieber gegenüber, sodass wir uns ins Gesicht schauen können. Okay, machen wir weiter. Wir sind immer noch bei dem Davor, richtig?

      Sind wir, aber gleich haben wir es geschafft. Hier noch meine Lieblingshilfe, um in meiner Rolle zu bleiben.

      Ein bewährtes Hilfsmittel ist die Vorstellung, dass um die Stühle des Paares ein imaginäres Seil in leuchtender Farbe liegt. Das verdeutlicht mir, dass ich dort nichts zu suchen habe, dass es nicht mein Leben ist, nicht meine Beziehung, nicht meine Bühne. Mit allen Interventionen, Gedanken und Gefühlen bleibe ich respektvoll am Rand des Seiles.

      Es ist möglich, nahe an das Seil oder auch ein Stück wegzurutschen. Wenn ich den Mann unterstütze, rutsche ich auch mal an seine Seite. Unterstütze ich die Frau, rutsche ich an ihre Seite. Doch eins ist klar: Ich gehöre nicht in den Seilkreis und lasse mich auch nicht hineinlocken.

       Toni: Coole Idee, wie eine Leucht-Warnung, nicht übertreten! Nicht in fremde Betten legen!

      Genau. Und du glaubst nicht, wie oft ich zu den Klienten die Sätze sage: »Schaut euch an. Sag es ihr. Sag es ihm. Nicht mir.«

       Aber ist es nicht auch hilfreich, manches dem Therapeuten zu erzählen?

      Bei sehr konflikthaften Themen und bei hochverstrittenen Paaren ist es sinnvoll, einen Puffer, also einen Dritten dazwischen zu haben. Ansonsten eskalieren die Gespräche sofort. Dann sag ruhig: »Erzählen Sie es zuerst mir.« Wie in der Mediation, da läuft die Kommunikation über den Mediator.

      Manchmal, wenn ich merke, dass es für eine klare Struktur hilfreich ist, lege ich das Seil auch wirklich auf den Boden und erkläre kurzerhand, wofür wir das brauchen.

      Toni: Noch eine letzte Frage. Gibt es Aufgaben, die ich schon vorab verteilen kann? Vor dem Termin? Manchmal dauert es sehr lange, ehe ich einen freien Termin anbieten kann.

      Wenn das Paar schon loslegen möchte, lohnen sich Sortier-Aufgaben. Viele Menschen mögen es, etwas für sich einordnen zu können, und nachvollziehbare Kategorien geben Sicherheit und Orientierung. Hier meine Lieblings-Vorabaufgabe.

      Liebe X und lieber Y,

      bitte nehmt euch (jeder für sich) Zeit und beschäftigt euch mit den vier Säulen einer Beziehung: BEWAHREN – AKZEPTIEREN – KOMPROMISSE – VERÄNDERN.

      BEWAHREN: Hier bitte alles aufschreiben, was ihr in eurer Beziehung gut findet. Das, was so bleiben soll, wie es ist. Kleine Rituale, Aktivitäten, der Abschiedskuss, die Tasse Kaffee im Bett. Alles, was gut ist.

      AKZEPTIEREN: Hier bitte alles notieren, was ihr am anderen akzeptieren könnt, auch wenn es total unterschiedlich zu dem eigenen Verhalten oder den eigenen Ansichten ist. Sie isst Fleisch, ich nicht. Macht nichts. Er ist morgens mufflig, ich rede gerne. Ist in Ordnung. Alles, was ihr eher mit einem Augenzwinkern registriert, ohne euch aufzuregen. Ohne euch zu verbiegen.

      KOMPROMISSE: Alle Paare schließen in ihrem Zusammenleben Kompromisse. Hier unterscheiden wir in gute Kompromisse und schlechte Kompromisse.

      Gute Kompromisse meint: Ich mache etwas für meine Partnerin, auch wenn es nicht mein Ding ist. Ihr zuliebe. Oder ich verzichte auf etwas, ihm zuliebe. Die guten Kompromisse sind eine Entscheidung, die ich meinem Partner zuliebe treffe, aber ihm oder ihr nicht vorwerfe oder später aufrechne.

      Schlechte Kompromisse: Das sind Kompromisse, mit denen es mir nicht mehr gut geht. Die vielleicht einmal stimmig waren, aber inzwischen nicht mehr passen. Ich verzichte zu oft und zu viel auf etwas, was ich mag oder brauche, um mich wohlzufühlen. Oder ich mache schon viel zu lange den faulen Kompromiss und mache etwas für meine Partnerin, was mir zu viel abfordert.

       Kompromisse müssen immer wieder an Lebensphasen angepasst werden, also habt keine Scheu, sie erst mal aufzuspüren und zu benennen. Jeder für sich

      Und zum Schluss der Punkt VERÄNDERN: Hier könnt ihr schauen, welcher der faulen Kompromisse jeweils aus eurer Sicht dringend verändert werden sollte. Und was gibt es noch? Was geht so nicht weiter? Manchmal gibt es noch andere Themen, die sich nicht aus den faulen Kompromissen erschließen.

      Ganz wichtig: Es geht nicht um Vollständigkeit und Richtigkeit. Es ist eine grobe Orientierungshilfe für euch.

      Ich empfehle, nicht auf die Themen einzusteigen. Wenn ihr es bis zu unserem Termin nicht aushaltet, erzählt euch von den ersten beiden Säulen: dem, was gut ist, und dem, was ihr ohne Wenn und Aber am anderen akzeptieren könnt.

      Dann freu ich mich auf unseren Termin am … Bringt eure Notizen bitte mit.

      Wichtig ist, die Aufgabe beiden gleichzeitig per Mail zu schreiben.

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