Big Ideas. Das Politik-Buch. John Farndon
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Obwohl Aristoteles die Polis als einen einzigen »Organismus« betrachtete, von dem die Bürger nur ein Teil sind, hat er auch die Rolle des Einzelnen im Stadtstaat untersucht. Dabei betonte er wieder die natürliche Neigung des Menschen zur sozialen Interaktion und definierte den Bürger als jemanden, der an der Struktur der bürgerlichen Gesellschaft teilhat – nicht nur durch Wahlen, sondern aktiv durch sein Handeln. Wenn die Teilhabe innerhalb einer »guten« Regierungsform stattfindet (Monarchie, Aristokratie oder Politie), verstärkt dies die Möglichkeiten des Bürgers, ein tugendhaftes Leben zu führen. In einer mangelhaften Staatsform (Tyrannis, Oligarchie oder Demokratie) hingegen bekommt es der Bürger mit dem Eigeninteresse des Herrschers oder der herrschenden Klasse zu tun – mit dem Streben nach Macht des Tyrannen, dem Streben nach Reichtum der Oligarchen oder dem Streben nach Freiheit der Demokraten. Von allen möglichen Staatsformen, so schlussfolgert Aristoteles, biete die Politie die besten Bedingungen, um ein gutes Leben zu führen.
»Die Grundlage des demokratischen Staates ist die Freiheit.«
Aristoteles
Die sechs Staatsformen nach Aristoteles
Obwohl Aristoteles die Demokratie für unvollkommen hielt, setzte er sie hinter der Politie an zweite Stelle. Sie sei besser als die gute Aristokratie oder die Monarchie. Selbst wenn der einzelne Bürger weder die Weisheit noch die Tugend eines guten Herrschers besitzt, können die Vielen gemeinsam ein besserer Herrscher sein als einer allein.
Die detaillierte Beschreibung und die eingehende Analyse der klassischen griechischen Polis scheint auf den ersten Blick für die Nationalstaaten, die folgten, nicht besonders wichtig. Aber Aristoteles’ Ideen gewannen im Mittelalter großen Einfluss auf das politische Denken in Europa.
Aristoteles
Der Sohn eines Arztes der makedonischen Königsfamilie wurde in Stagira auf Chalkidiki geboren, im Nordosten des modernen Griechenlands. Mit 17 Jahren ging er nach Athen, um bei Platon an der Akademie zu studieren. Dort blieb er, bis Platon 20 Jahre später starb. Überraschend wurde Aristoteles nicht zu Platons Nachfolger an der Akademie ernannt. Er zog nach Ionien, wo er sich zoologischen Studien widmete, bis Philipp II. ihn einlud, als Lehrer des jungen Alexander nach Makedonien zu kommen.
Im Jahr 335 v. Chr. kehrte Aristoteles nach Athen zurück, um seinerseits eine Schule zu eröffnen, das Lykeion. Dort formulierte er seine Ideen zu Wissenschaft, Philosophie und Politik. Von seinen zahlreichen Schriften sind jedoch nur wenige erhalten. Nach dem Tod Alexanders 323 v. Chr. verließ Aristoteles Athen wegen der anti-makedonischen Stimmung. Im Jahr darauf starb er in Euböa.
Hauptwerke
um 350 v. Chr.
Nikomachische Ethik
Politik
Rhetorik
EIN EINZELNES RAD BEWEGT SICH NICHT
CHANAKYA UM 350–UM 275 V. CHR.
IM KONTEXT
IDEENLEHRE
Realismus
SCHWERPUNKT
Utilitarismus
FRÜHER
6. Jh. v. Chr. Der chinesische General Sunzi schreibt Die Kunst des Krieges und analysiert in dieser Abhandlung die Staatskunst.
424 v. Chr. Mahapadma Nanda etabliert die Nanda-Dynastie. Er verlässt sich in taktischen Fragen auf seine Generäle.
SPÄTER
um 65 v. Chr. Das Maurya-Reich, zu dessen Gründung Chanakya beitrug, erreicht seinen Höhepunkt und beherrscht fast den gesamten indischen Subkontinent.
1904 Texte der Abhandlungen Chanakyas werden wiederentdeckt und 1915 ins Englische übersetzt.
Im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. gewann die Nanda-Dynastie die Kontrolle über die nördliche Hälfte des indischen Subkontinents. Sie konnte ihre Gegner besiegen und wehrte sich gegen die drohende Invasion von Griechen und Persern aus dem Westen. Die Herrscher des expandierenden Reiches verließen sich auf ihre Generäle, wenn es um taktischen Rat im Zusammenhang mit der Schlacht ging. Gleichzeitig begannen sie den Wert von Ministern zu erkennen – als Berater in Fragen der Politik und der Regierung. Viele Gelehrte, vor allem aus Takshashila im heutigen Pakistan, wurden zu Ministern ernannt.
Einer der bedeutendsten Denker, der von dort stammte, war Chanakya. Er schrieb eine Abhandlung über die Staatskunst mit dem Titel Arthashastra (»Die Kunst der Regierung«). Darin brachte er das gesamte Wissen über die Kunst der Politik mit seinen eigenen Ideen zusammen. Das Arthashastra ist bemerkenswert wegen der darin enthaltenen leidenschaftslosen und mitunter skrupellosen Analyse des politischen Geschäfts.
Den Herrscher beraten
Einzelne Abschnitte der Abhandlung beschäftigen sich mit den moralischen Qualitäten, die ein Staatsführer haben sollte, doch der Schwerpunkt liegt ganz klar im praktischen Bereich. Ohne Umschweife schildert Chanakya, wie man Macht gewinnen und erhalten kann. Zum ersten Mal in Indien wird eine Organisationsstruktur beschrieben, in der Minister und Berater bei der Führung des Staates eine Schlüsselrolle spielen.
Die Verpflichtung gegenüber dem Wohlergehen des Staates steht im Zentrum von Chanakyas politischem Denken. Dafür, so glaubte er, trägt der Herrscher die Verantwortung. Es sind verschiedene Faktoren, die ihm die Macht verleihen, um die von ihm erwarteten Pflichten wahrzunehmen: Dazu zählen seine persönlichen Qualitäten, die Fähigkeiten seiner Berater, sein Territorium mit den Städten, sein Reichtum, seine Armee und seine Verbündeten.
Als Staatsführer übernimmt der Herrscher die zentrale Rolle. Chanakya betont, wie wichtig es ist, einen Herrscher mit den passenden Qualitäten zu finden, jedoch reichen dessen persönliche Führungsqualitäten allein nicht aus. Der Staatsführer muss für seine Aufgabe ausgebildet werden, beispielsweise in den Bereichen militärische Taktik und Strategie, Recht, Verwaltung und Diplomatie. Außerdem sollen ihm Selbstdisziplin und ethische Grundsätze vermittelt werden, damit er die nötige moralische Autorität entwickeln kann, um sich die