Sympathy For The Devil. Paul Trynka
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Einzig und allein Brian hatte die Vision, dass der raue elektrische Blues der Jugend von Großbritannien gefallen könnte, und nicht nur einem kleinen Kreis von Bohemiens. Er zeigte sich von der Tatsache unbeeindruckt, dass andere das nicht so sahen, und weitete seine Suche nach Seelenverwandten aus. Die Szene in Oxford, zu der er mit einem kleinen Kreis von Unterstützern der „Kampagne für nukleare Abrüstung“ (CND) wie Harry Washbourne und Barry Miles reiste, erschien viel versprechend, besonders als er zufälligerweise dem enthusiastischen Blues-Fan Paul Pond begegnete, der erst kürzlich in die Stadt gezogen war und „meines Wissens die einzige Bluesband in Großbritannien gegründet“ hatte.
Wie auch Brian entdeckte Paul Pond – schon bald als Paul Jones bekannt – den Blues über den Jazz. Er war Feuer und Flamme für den Chicago-Blues-Sound und Mundharmonikaspieler wie Sonny Boy Williamson 1 und 2, James Cotton und Junior Wells. Ähnlich wie Brian musste er bei der Gründung einer Bluesband ein großes Netz auswerfen: „Ich hatte zwei Abtrünnige einer traditionellen Gruppe am Bass und an den Drums, einen vom Mainstream-Kram kommenden Frühen-Modern-Jazz-Gitarristen … und einen Saxer, der durch und durch dem Modern Jazz zugetan war.“
Paul Jones wurde nach John Keen der nächste musikalische Mitstreiter Brians. Das exakte Datum des ersten Treffens in Oxford lässt sich nicht mehr bestimmen, doch mit großer Sicherheit begegneten sich die zwei im Oktober 1961, und zwar aufgrund der Verbindung zwischen Cheltenham und der Oxforder Kunsthochschule oder der CND. Paul zeigte sich augenblicklich von Brian überzeugt: „Er war beredt, holte weit aus und hatte feststehenden Ansichten – über den Blues und alles Mögliche. Ich mochte ihn sehr, für mich schien er der richtige Typ zu sein. Doch über allem stand eine unumstößliche Tatsache – er spielte wirklich gut. Trotz seiner Fähigkeiten musste er andere nicht ständig darauf aufmerksam machen.“
Paul konnte als Erster Brians musikalische Unternehumungen nachvollziehen. Der zukünftige Stone hatte schon längst das Erlernen der elektrischen Slide-Gitarre hinter sich gelassen und sich die Blues-Mundharmonika „draufgeschafft“. Paul hingegen gab sich alle Mühe, den Stil von Little Walter und Sonny Boy in sich aufzunehmen, woraufhin Brian ihm einen Kniff verriet: Das Geheimnis lag darin, „Cross-Harp“ zu spielen, also eine Mundharmonika zu benutzen, die eine Quinte über der eigentlichen Tonart lag. Viele Musiker hüteten solche Tricks wie ihren Augapfel, doch Brian gab sein Wissen weiter. „Es war, als hätte er die Türen zu einem unbekannten Königreich geöffnet. Die Tatsache, dass er das ausgetüftelt hatte, beeindruckte mich. Ich konnte sofort loslegen. Allein dafür werde ich ihn für alle Zeiten wertschätzen. Dann spielten wir zusammen und eröffneten ein neues Kapitel. Brian trampte an Freitagabenden nach Oxford. „Nicht jede Woche, aber mehr als einmal. Er oder ich hörten von einer Party, tauchten da auf – Brian mit seiner Gitarre – und jammten oder auch nicht, abhängig davon, ob die Stimmung offen und locker war. Im selben Herbst begegnete Paul auch Eric Clapton und seiner Truppe The Roosters. Clapton sagt von sich selbst, er habe in dieser Phase „auf der Bremse“ gestanden. Paul Jones Aussage nach entwickelte sich Brian damals hingegen mit höchstem Tempo weiter. „Er zeigte sich so zielstrebig und entschlossen. Zu der Zeit kannte ich niemanden, der so gut spielte. Niemanden – auch keinen Alexis, um das zu unterstreichen.“
Brians zielgerichteter Antrieb verblüffte sowohl Paul als auch John Keen. Sein Glaube, dass nun die Zeit zur Gründung einer Bluesband gekommen sei, nahm beinahe schon religiöse Züge an. Alexis Korner hatte seinen ersten Schachzug gemacht und war mit einer frühen Besetzung der Blues Incorporated, seiner elektrischen, im Chicago-Blues-Stil spielenden Formation, am 19. Januar in Croydon aufgetreten. Das Ereignis entpuppte sich als angenehm kontrovers. Die Band begleitete Acker Bilk, und ein Fan des traditionellen Jazz brüllte aus dem Publikum: „Wir sind gekommen, um ein Jazzkonzert zu sehen!“, wonach ein regelrechtes Handgemenge entstand. Wie sich herausstellte, machte dieser Zwischenfall Korner schwer zu schaffen. Brian begeisterte sich indes für den Tumult, über den die Jazz News pflichtschuldig berichtete. Während eines ihrer vielen Gespräche verriet Alexis Brian den Plan, für seine Band und überhaupt für elektrischen Blues einen Club in Ealing zu eröffnen. Das spornte den jungen Musiker noch mehr an: „Bis jetzt haben wir nur so rumgemacht“, vertraute er sich seinem neuen Freund Pond an. „Wir müssen das alles ernst nehmen. Zuallererst werde ich Cheltenham verlassen und nach London ziehen. Dann gründe ich eine Band und werde reich und berühmt. Willst du bei mir singen?“
Aber er sagte Nein. „Meine damalige Vorstellung, der Grund dafür, dass ich ablehnte, stimmten exakt mit der Haltung von Alexis Korner überein. Das ist Nischenmusik. Ich werde sie immer lieben, immer spielen, aber niemals davon leben können.“
Trotzdem nahm das Duo ein Band auf, das sie Alexis Korner mit der Intention schickten, einen Platz als Vorgruppe bei der Eröffnung seines Clubs im März 1962 zu ergattern. Während sie auf eine Antwort warteten, verfolgte Brian andere Pläne, arbeitete mit Graham Ride Ideen aus, spielte mit John gelegentliche Gigs in Jazzkreisen, schrieb Briefe an die Londoner Musikpresse und erzählte seinen Freunden, dass er nach der Eröffnung von Korners Club in die Metropole ziehen wolle.
Brian Jones’ Umzug nach London sollte weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Seine Vision des Blues als Mainstream-Musik der Jugend und die zutiefst empfundene Überzeugung sollten letztendlich die Kulturlandschaft der Welt verändern. So weit, so lobenswert. Doch wie sein neuer Held Robert Johnson musste Brian konstant flüchten, denn so einige wutentbrannte Einwohner hatten seine Fährte aufgenommen. Er machte sich nicht nur nach London auf – er floh aus Cheltenham!
In der Heimatstadt mehrten sich die Folgen seiner ausschweifenden Sexualität ebenso wie seine Nachkommenschaft. Die Unterstützung, die Brian Pat während ihrer Schwangerschaft zukommen ließ, war nur sporadischer Natur: „Wir redeten nicht darüber. Er wusste damals von meiner Unschuld … möglicherweise war er ein Feigling.“ Wie andere Frauen, die ihren Platz einnehmen sollten, fühlte sie sich von ihm hingerissen. Sie liebte ihn und liebt ihn auf eine bestimmte Art auch heute noch, obwohl sie Begriffe wie „hinterlistig“, „tückisch“ und „Opportunist“ zur Beschreibung seines Charakters wählt. Brian verhielt sich Pat gegenüber meist treu, doch im Herbst 1961 hatte er sich eine weitere Freundin an Land gezogen, der Graham Ride den Namen Gee gibt.
Während der nächsten zehn Jahre kamen zahlreiche sich hartnäckig haltende Gerüchte über Brian auf. (Jahre später kam heraus, dass er ungefähr 1959 noch eine Affäre hatte, und zwar mit einer verheirateten Frau aus Surrey, die auch ein Kind zur Welt brachte. Das Mädchen mit dem Namen Belinda wuchs in dem Fall bei der Familie auf.) Meist waren die Gerüchte sogar noch untertrieben, wie zum Beispiel die Geschichte über das eine schwangere Mädchen von der Pate’s Grammar; in Wirklichkeit waren es zwei schwangere Schülerinnen. Das Gleiche trifft auch auf Gerüchte über eine Androhung juristischer Schritte von aufgebrachten Bürgern Cheltenhams zu – ihm blühten tatsächlich zwei rechtliche Auseinandersetzungen.
Dave Jones, der kurz mit Brian Musik gemacht hatte, verdiente sich seine Brötchen als Rechtsreferendar bei der angesehenen Kanzlei Rowberry and Warren Green, die an der Promenade residierte. Dort erfuhr er von dem Fiasko, das sein ehemaliger Mitschüler und Freund angerichtet hatte und das viele Eltern der Stadt in tiefe Sorgen versetzte. „Rowberry zählte zu den bekanntesten Anwälten in Gloucester. Er wurde von den Eltern eines Mädchens mit dem Verfassen eines Briefes beauftragt, das meiner Erinnerung nach noch minderjährig war.“ Das Schriftstück von Rowberry and Warren Green wurde letztendlich im Auftrag mehrerer besorgter Bürger versandt. Es enthielt keine Strafandrohung, denn eine Chance auf juristische Sanktionen war so gut wie ausgeschlossen. „Das Schreiben hatte eher einen warnenden Charakter und warf die Frage auf: ‚Was sind ihre Absichten?‘“, erinnert sich Jones. „Ich glaube, drei verschiedene Väter beteiligten sich daran. Wie sich später herausstellte, gab es eine weitere Kanzlei, Watterson Moore and