Sympathy For The Devil. Paul Trynka

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Sympathy For The Devil - Paul  Trynka

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die gelegentliche Verstimmung, wenn man in einer Sackgasse steckte – das alles sollte sich später wiederholen. 1960 lösten sich solche Stimmungen jedoch schnell wieder auf.

      Harry Brampton traf Brian zufällig in Sid Tongs Plattenladen, wo er Ende 1960 jobbte. Der Klarinettist überzeugte ihn, bei einer Reihe von Shows an Mittwochabenden in einem Pub in Bath mitzumachen. Sie traten vier oder fünf Monate als Quintett auf. Das Material war leicht – „der übliche Jazz-Kram, ‚Just A Closer Walk With Thee‘, ‚Royal Garden Blues‘, all diese Stücke“. Trotz der kurzen Vorbereitungszeit zeigte sich Brian unbeeindruckt. „Er war ein selbstbewusster Kerl“, erzählt Brampton. „Als Musiker gerät man in solchen Situationen häufig an irgendwelche steifen Typen, die nur auf Kohle aus sind, doch mit ihm war es immer angenehm.“ Regelmäßige Auftritte mit den Ramrods, die Shows in Bath und zusätzliche Sessions mit lokalen Bands oder Gruppen auf der Durchreise brachten dem zukünftigen Stone laut Brampton den Ruf eines „ernsthaften Musikers“ ein.

      In der Musik bündelte Brian all die Energie, die ihm auf der Suche nach einer konventionellen Beschäftigung fehlte. Zu Hause stand die Beziehung zu den Eltern Lewis und Louisa kurz vor dem Aus, doch hinsichtlich anderer Lebensaspekte lässt sich die Phase als eine glückliche Zeit beschreiben. Abgenabelt von den „Normalos“ seines Schullebens hatte er einen großen Freundeskreis, der sich regelmäßig im Kino oder beim Barbecue am Kemton Hill traf. Im September machte einer seiner Musikerkollegen die Bekanntschaft eines fünfzehnjährigen Mädchens namens Pat Andrews, der er von seinem Freund erzählte, welcher nach Aufenthalten in Deutschland und in London den Kontakt zur Cheltenham-Szene verloren hatte. Wenige Tage später tauchte Pat zu einem Blind Date in der Aztec Coffee Bar an der Hauptstraße auf. In einer Nische hinter Chianti-Flaschen und Tassen entdeckte sie einen atemberaubenden „Engel“ mit goldenem Haar. „Ich bekam kein Wort heraus. Mir hatte es sprichwörtlich die Sprache verschlagen. Da war dieses Licht, das von ich weiß nicht woher kam … Ich erinnere mich nicht mehr daran, was er sagte. Ich starrte nur auf das blonde, engelhafte Haar. Wir verabredeten uns zu einem weiteren Treffen und gingen dann oft spazieren.“

      In den ersten Wochen, die die beiden mit langen Spaziergängen in den Hügeln um Cheltenham verbrachten, mit Besuchen der Cafés und sogar Treffen an den Bahngleisen, wuchs Pats Faszination gegenüber dem jungen Mann, der mit einem immensen Charme und einer bezaubernden Vorstellungskraft gesegnet war. „Er erzählte alle möglichen Geschichten, konnte witzig sein, mich mit Kartenspielen begeistern und mit Zaubertricks. Und wenn ich so da saß und ihm beim Spielen zuhörte, eröffnete es mir eine andere Welt, brachte es mich auf eine andere Sinnesebene.“

      Zu Beginn entsprach Brians Verhalten dem engelhaften Image und Pat war eindeutig vernarrt in ihn. Allerdings fielen ihr auch unangenehme Charakterzüge auf. „Ich ging monatelang mit einem Jungen aus Deutschland aus, der dann nach Stuttgart zurückkehrte. Er schrieb mir viele Briefe. Eines Abends im Aztec fragte mich Brian: ‚Hast du Zigaretten dabei?‘ Ich hatte die Briefe natürlich vergessen und schaute in meine Handtasche. Brian riss sie raus, sah die Fotos [des Jungen], rastete aus und schnappte sich die ganze Tasche. Ich fühlte mich wie vor den Kopf gestoßen und schrie: ‚Die gehören mir, zerreiß sie nicht!‘ Wir gingen erst eine Woche miteinander, und ich dachte mir: ‚Verdammt noch mal, der ist aber wirklich eifersüchtig.‘“

      Es gab glückliche Tage, die die beiden mit sorglosen Spaziergängen und Herumalbern verbrachten. Doch es spielten sich auch Dramen mit dunklen Untertönen ab. An einem Mittwochnachmittag half Pat Brian bei der Garderobe, da sie später eine Jazznacht im Rotunda besuchen wollten. Pat hatte seine Eltern schon einige Male getroffen, empfand Lewis als höflich, jedoch reserviert, war aber überzeugt, dass Louisa auf sie herabsah. Sie stand im Vorderzimmer der Familie Jones und bügelte Brians Hemd. Plötzlich kam Louisa durch die Tür. „Sie verlor die Fassung“, erinnert sich Pat. „Ich glaube, sie regte sich darüber auf, dass ich sein Hemd bügelte, was Intimität bedeutete … Sie zeigte sich hochgradig verärgert. Dann lief alles sehr schnell ab. Brians Gitarre lag auf einem Sessel und sie wollte sie sich schnappen.“ Brian schoss hoch und stellte sich schützend vor das Instrument. Seine Mutter schrie ihn an. Dann verpasste er ihr einen Schlag ins Gesicht.

      Heute, im Gespräch in einem Café in Crystal Palace, will Pat den Zwischenfall klarstellen. „Es war kein heftiger Schlag, eher ein Klaps, um ihren hysterischen Anfall zu beenden, was auch funktionierte.“ Brians Ex-Freundin ist darauf bedacht, dass „niemand streng über ihn richten sollte“. Damals fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, dass in der Familie Jones so manches nicht glatt lief. In den folgenden Monaten vertraute sich Brian Pat an und verriet ihr, was unmittelbar nach dem Tod seiner Schwester geschah: „Brians Mum drohte ihm als Kind. Wenn er sich nicht anständig benähme, würde er weggeschickt – wie seine [verstorbene] Schwester“, berichtet Pat.

      Im Dezember 1960, wenige Monate nach dem Zwischenfall mit Brians Mutter, zeigten sich eindeutige Trennungslinien, da Lewis, Louisa und Barbara über Weihnachten verreisten und Brians Reisetaschen einfach in der Einfahrt stehen ließen. Lange bevor Andrew Oldham das Image der Stones als Ikonen der gegengesellschaftlichen Aggressivität kreierte, hatte Brian Jones schon endgültig die Grenzen der anständigen und karrierebewussten Mittelschicht hinter sich gelassen.

      Enge Freunde und Bekannte von Brian beobachteten oft, dass er nach der Zerstörung einer Beziehung mit Ignoranz reagierte oder wenig überzeugende Entschuldigungen vorbrachte. Das geschah aber nicht nach dem fundamentalen und prägenden Zerwürfnis mit den Eltern. Es gab keinen Weg zurück: Die Ablehnung durch die Eltern ließ ihn erstarren. Er erzählte so gut wie niemandem etwas über das Geschehene. Stattdessen leitete er all die Energie, die er zuvor in der Beziehung zu seinen verständnislosen Erzeugern vergeudet hatte, direkt in die Musik. Als Brian der puritanischen Gesellschaft den Rücken kehrte, unterstützten ihn zwei Wegbegleiter: Dick Hattrell, der Sohn eines erfolgreichen Rechtsanwalts aus Tewkesbury, und John Keen, der Schulfreund, dessen Eltern eine enge Freundschaft mit Lewis und Louisa geknüpft hatten.

      Dick gehörte zu den Stammgästen des Filbys und sah Brian bei Jazzshows in der Bishop’s Cleeve Village Hall und dem Waikiki am Queen’s Circus (auch unter den Namen Barbecue bekannt). Eines Abends sprach er ihn im Rotunda an. Brian veränderte sich schnell zu der Zeit: „Die Jazzszene nervte ihn ständig“, verrät Dick. „Er wusste, dass ich das Jazz Journal las, und so fragte er mich am ersten Abend: ‚Kannst du mir eine komplette Diskografie von Muddy Waters aufschreiben?‘ In der darauf folgenden Woche überreichte ich ihm eine Auflistung aller Aufnahmen, die Muddy Waters für diverse Label eingespielt hatte – also nicht nur Chess –, und er freute sich total. Das ging so weiter: ‚Kannst du mir einige Informationen über Elmore James ausgraben?‘ Ich meinte, dass es kein Problem sei, und so lief es dann weiter.“

      Dick steckte voller Enthusiasmus und war ein aufgekratzter Teenager, vergleichbar mit einem jungen, quirligen Welpen. Obwohl sechs Jahre älter als Brian, blieb er doch in der Beziehung immer der „Jüngere“, was teils daran lag, dass er kein Instrument spielte, teils an der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit und der Gutmütigkeit, mit der er Brians Launen ertrug. Dicks Vater zählte zu den gesellschaftlichen Säulen des Establishments von Tewksbury. Als Informationen über die Partyfreuden seines Sohnes und die Liebe zum Jazz in diese Kreise durchsickerten, überreichte ihm sein Dad – höflich, aber bestimmt – den „Marschbefehl“. Das geschah ungefähr zu der Zeit, als Brian in der vorläufigen Bleibe, einem Zimmer im Haus von Pat Andrews’ Bruder, den Bogen überspannt hatte. Brian fand daraufhin eine Wohnung im Selkirk House, einem beeindruckenden, mit Stuck verzierten Gebäude an der Prestbury Road 73, und überredete Dick, sich die geräumige Bleibe mit ihm zu teilen. Die beiden führten einen Lebensstil, der Brians musikalischen Helden nicht fremd gewesen wäre. „Wir hatten ein tolles Leben“, schwärmt Dick. „Wir kamen über die Runden, indem wir die Räume für Partys vermieteten, wie in den Zeiten des alten New Orleans. Wenn traditionelle Jazzbands in Cheltenham auftraten, luden wir sie zu ein paar Bier ein und ermunterten sie, sich so richtig gehen zu lassen. Wir kauften ’ne Menge Bier, animierten die Musiker dazu, in der Wohnung zu spielen, und kassierten dann an der Tür Eintrittsgeld, das allerdings für die Miete

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