Verbrannte Erde. Marie Kastner
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»Herrlich, oder? So azurblau ist der Himmel selten. Geradezu mediterran, möchte ich mal behaupten. Ich bin schon richtig in Urlaubsstimmung. Wie gut, dass wir uns heute frei genommen haben, damit wir in Ruhe packen können. Ich würde vorschlagen, wir verschieben die restlichen Reisevorbereitungen auf die Abendstunden. Es bleibt dann immer noch Zeit genug, Badehose, Sonnencreme und Bikinis in den Koffer zu schmeißen. Notfalls könnten wir das auch morgen noch erledigen, der Flug geht ja erst abends. Ich möchte momentan einfach nur stinkfaul hier sitzenbleiben und die pure Vorfreude genießen.«
»Klar, das machen wir so. Diese Auszeit haben wir beide redlich verdient. Die vergangenen Monate haben uns einiges abverlangt. Glaubst du, der Kaffee könnte inzwischen durchgelaufen sein?«, gähnte Bernd und streckte lässig alle Viere von sich. Der gestresste Kommissar war es nicht gewohnt, auszuschlafen, und so fühlte er sich noch ein bisschen benommen. Immerhin war schon elf Uhr vorbei.
Julias Schmunzeln wurde noch eine Spur breiter. Ihr Liebster war ein Meister der Suggestion. Der fragte nicht einfach, ob sie jetzt bitte den Kaffee aus der Küche holen könnte, geschweige denn, dass er selber den Hintern hochgehoben hätte. Innerlich amüsiert kopfschüttelnd, raffte sie sich auf und schlenderte ins Haus. Genau wie Bernd legte sie wenig Wert auf ein Frühstück, schon weil sie normalerweise kaum Zeit dafür fanden, aber eine gute Tasse Kaffee war quasi lebensnotwendig.
Wenige Minuten später trat Julia mit einem Tablett aus der Haustür, hielt kurz inne, schnupperte irritiert.
»Sag mal, riechst du das auch? Es stinkt penetrant nach verbranntem Holz, ungefähr so wie bei einem Lagerfeuer. Drinnen habe ich schon nachgesehen, im Haus ist alles in Ordnung.«
»Du und deine Feuerphobie! Du kriegst doch schon bei jeder brennenden Kerze eine mittelschwere Panik, würdest dich am liebsten mit einem Feuerlöscher danebenstellen. Jetzt entspanne dich und lass lieber den Kaffee rüberwachsen, bevor er kalt ist. Da wird halt einer unserer Nachbarn Gartenabfälle verbrennen oder bei diesem tollen Wetter den Grill angeschürt haben, sowas kommt auf dem Land durchaus öfters vor«, zog er sie auf.
Aber seine Frau hielt immer noch die Nase in die Luft, schielte zum Dach des Schuppens und blieb wie angewurzelt stehen.
»Das weiß ich doch selber, Mensch! Aber dies hier riecht irgendwie … intensiver, ungewöhnlich stark, eher wie ein riesiges Sonnwendfeuer. Aber dafür wäre heute der falsche Tag.«
Mader erhob sich nun doch von seinem Gartenstuhl.
»Jetzt entspann dich bitte endlich mal, der unangenehme Gestank wird bestimmt gleich vollständig verflogen sein. Hauptsache, bei uns fackelt nichts ab. Du bist wirklich übernervös, vermutest hinter jeglichem Brandgeruch gleich eine Feuersbrunst.«
Julia ließ sich von ihm das Tablett aus den Händen nehmen, sah sich aber immer noch prüfend nach eventuell aufsteigenden Rauchwölkchen um.
»Du hast gut reden! Bei uns daheim hat der Weihnachtsbaum in Flammen gestanden, als ich gerade fünf Jahre alt war. Meine Eltern und ich mussten aus dem Haus rennen, ich hatte Todesangst. Die schrecklichen Bilder verfolgen mich manchmal heute noch im Traum, obwohl ich damals so klein gewesen bin. Die gesamte Wohnung meiner Familie wurde durch das Feuer zerstört, auch all meine Spielsachen. Das Erlebnis muss ein Trauma verursacht haben, was meine ohnehin ziemlich gestörte Beziehung zu diesem gefährlichen Element wohl uferlos verstärkte«, grummelte Julia betreten.
»Oh, entschuldige bitte, davon hattest du mir noch gar nichts erzählt. Dann ist mir klar, wieso du panisch auf Feuer reagierst. Wir trinken jetzt in Ruhe unser Käffchen. Und wenn sich der Brandgeruch bis dahin immer noch nicht verzogen haben sollte, sehe ich gründlich in der gesamten Umgebung des Hauses nach. Einverstanden?«, schlug Bernd versöhnlich vor.
»Okay, ist in Ordnung«, nickte sie. Aber mit der unbeschwerten Heiterkeit dieses Spätvormittags war es erst einmal vorbei.
Bernd versuchte nach Kräften, sie abzulenken, sprach von der geplanten Urlaubsreise an die Costa Blanca und davon, wie sich in den vergangenen Wochen doch Vieles zum Besseren gewendet habe, und zwar privat wie beruflich. Aber Julia blieb angespannt, fast schon wie jemand, der voller Angst auf das Eintreffen eines unabwendbaren Schicksalsschlages wartet.
»Luca findet es übrigens sehr schade, dass wir dieses Wochenende keine Zeit haben und er nicht herkommen kann. Seit seine zickige Schwester nicht mehr mit von der Partie ist und du mit ihm stundenlang diese Adventure-Games zockst, stehen wir bei ihm anscheinend hoch im Kurs.«
»Klar, jetzt ist er der Platzhirsch und hat Papa für sich alleine. Mich nimmt er dabei halt billigend in Kauf. Aber du hast schon Recht, er ist auch mir gegenüber aufgetaut. Mit dieser Kategorie von Spielen kann ich ihn wenigstens eine Weile von seinen blutrünstigen Ego-Shootern abhalten.
Was ist eigentlich mit deiner pubertierenden Tochter, bockt sie etwa immer noch? Es ist schon ein Weilchen her, dass wir sie zuletzt gesehen haben. Die hat scheinbar ihre eigenen Lügengeschichten noch nicht verdaut.«
Bernd winkte seufzend ab. Sie sprach da einen wunden Punkt an, den er momentan zu verdrängen suchte.
»Vroni rebelliert momentan gegen Gott und die Welt, interessiert sich nur noch für Jungs, Schminke und Klamotten. Ich bin nicht der Einzige, der dafür durchs Raster fällt. Mit ihrer Mutter kommt sie neuerdings auch schlechter klar.«
»Na, wenn das so ist … lassen wir einfach noch ein wenig Zeit vergehen, die kommt von selber wieder auf dich zu. Spätestens dann, wenn sie etwas will oder braucht«, prophezeite Julia.
»Du sagst es, insofern bin ich inzwischen viel entspannter als früher. Wer nicht will, der hat schon. Soll Sabine sich einstweilen alleine mit ihr herumärgern.«
»Genau, so sehe ich das auch. Übrigens, ich finde es total nett von deiner Kollegin, dass sie während unseres Urlaubs den Kater betreut. Ist bestimmt aufwändig für sie, jeden Tag nach der Arbeit extra hier herüber zu fahren.«
»Allerdings, und ich musste Marit nicht mal darum bitten. Sie hat sich von selbst angeboten. Dabei mag sie angeblich Hunde lieber, aber unseren stinkfaulen Bettvorleger kann sie anscheinend trotzdem ganz gut leiden«, grinste ihr Gatte.
»Das ist überhaupt kein Wunder. Hätte Felix damals am Küchenfenster kein derart auffälliges Theater veranstaltet, wäre sie dich vermutlich nicht rechtzeitig suchen gegangen und du wärst dem Brockopath zum Opfer gefallen. Dann müsste sie jetzt mit einem anderen Chef leben und der wäre bestimmt nicht ganz so nett und zuvorkommend wie du«, schlussfolgerte Julia augenzwinkernd.
Sie wusste, wie vernarrt die junge Beamtin in ihren Mann war, auch wenn er das selbst nicht wahrhaben wollte. Sie hatte es auf dem Polterabend zur Kenntnis nehmen müssen, war glatt ein bisschen eifersüchtig geworden. Aber nun gut, geheiratet hatte er schließlich sie und nicht Marit. Wenn er bis dato deren Reizen nicht erlegen war, würde sie sein Herz trotz der engen Zusammenarbeit auch künftig nicht erobern. Hoffentlich unterlag sie da keinem Irrtum. Aber Bernd konnte ein rechter Ignorant sein, was zwischenmenschliche Signale anging, und in diesem speziellen Fall war das gut so.
Julia schüttelte den Anflug von Eifersucht ab und reckte wieder ihre Charakternase in die Luft.
»Du … es tut mir