Verbrannte Erde. Marie Kastner

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Verbrannte Erde - Marie Kastner

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Urlaubspläne schmieden«, entschied der Kommissar kopfschüttelnd. Er widmete sich wieder seiner Kollegin, welche konzentriert den Polizeifunk mithörte. Die beiden steckten die Köpfe zusammen.

      Julia fühlte sich überflüssig. Sie trollte sich, nahm sich jedoch vor, dass in der Spanien-Angelegenheit das allerletzte Wort noch nicht gesprochen war. Sie hatte da ja wohl ebenfalls mitzureden.

      Vierzig Minuten später war Bernds frischgebackene Ehefrau mit ihren Einkäufen zurück. Sie verfütterte Leckerlis an Felix und befüllte das Katzenklo mit Streu, dann eilte sie zu den Anderen an den Schreibtisch. Sie hatte sich nicht dazu entschließen können, gleich zu Marits Wohnung zu fahren.

      »Gibt’s was Neues?«

      Bernd kratzte sich stirnrunzelnd am Hinterkopf.

      »Ja … und nein. Schau, die Crew des Aufklärungshubschraubers hat vor fünf Minuten das Brandgebiet auf dieser Karte rot eingezeichnet. Danach liegt unser Haus haargenau auf der roten Linie, es könnte theoretisch also mit abgebrannt sein. Genaueres konnten wir leider nicht herausfinden, weil diese Straße mit als erstes evakuiert wurde und seither niemand mehr vor Ort gewesen ist. Außerdem ist das Feuer bislang nicht unter Kontrolle, wird sich voraussichtlich noch ausbreiten. Glücklicherweise sind für heute Nacht Gewitter mit starken Regengüssen vorhergesagt und die könnten bei der Brandbekämpfung helfen. Hoffen wir also das Beste.«

      »Immer optimistisch bleiben, ja? Ihr beide fahrt jetzt bitte zur Wohnung, während ich hier weiter die Stellung halte. Ruht euch aus, bedient euch nach Belieben am Kühlschrank. Sobald ich was Neues erfahre, rufe ich euch auf meiner eigenen FestnetzNummer an. Ihr könnt also ruhig ans Telefon gehen.

      Und Bernd, du darfst mich gerne heute Nacht hier ablösen. Remmler hatte eh schon angeregt, dich aus dem Urlaub zurückzupfeifen«, meinte Marit gähnend.

      »Als ob ihr nicht gewusst hättet, dass ich mit neunundneunzig Prozent Wahrscheinlichkeit ohnehin im Revier aufkreuzen werde«, brummte der Kommissar augenrollend.

      »Genau das habe ich dem Alten prophezeit. Sogar mit denselben Worten«, grinste die junge Polizistin verschmitzt.

      Julia spürte einen weiteren schmerzhaften Stich der Eifersucht in ihrer Herzgegend. Die harmonische Übereinstimmung in der geistigen Wellenlänge dieser beiden fand sie schlicht und einfach zum Kotzen.

      In Marits Wohnung angekommen, nahm der Kater sogleich sein neues Revier in Augenschein. Julia klappte die Couch aus, verstaute die Koffer im Flur und brachte Waschzeug ins winzige Badezimmer.

      Bernd saß derweil auf einem Stuhl und stierte mit leerem Blick vor sich hin. Nach wenigen Minuten erhob er sich abrupt.

      »Ich weiß nicht, wie es dir damit geht, aber ich kann jetzt keinesfalls tatenlos rumsitzen und entspannen. Mach’s dir bequem mit Felix, ich fahre jedenfalls zurück ins Revierkommissariat.«

      Julia seufzte resigniert.

      »Dann iss wenigstens was, bevor du gehst.« Er drückte ihr einen eiligen Kuss auf.

      »Ich nehme mir an der Döner-Bude was mit, ich werde schon nicht verhungern.«

      Und schon war er aus der Tür. Sie wäre jede Wette eingegangen, dass sie heute Nacht alleine hier übernachten durfte.

      Die innere Unruhe ließ sie nicht stillsitzen. Schließlich griff sie nach der Fernbedienung und schaltete auf Marits Fernseher den gewohnten Nachrichtensender ein.

      Rote Breaking News Schlagzeilen zogen sich am unteren Bildrand entlang. Es lief gerade ein News Spezial zum Harz-Inferno, wie sich die Brandkatastrophe inzwischen wohl offiziell nannte. Atemlos starrte Julia auf den Bildschirm, sah, wie sich grell lodernde Flammenwalzen über das bergige Gelände schoben, wie Feuerwehrleute bis zur totalen Erschöpfung dagegen ankämpften, hektisch Feuerschneisen schlugen und Glutnester bekämpften. Starker Wind ließ die Flammen rasant von Baum zu Baum überspringen. Der Brand schien außer Kontrolle zu sein.

      An den ortsnahen Waldrändern schickten sich etliche Bauern an, mit wassergefüllten Güllewagen bei den Löschbemühungen zu helfen, um wenigstens ihre Kornfelder und Höfe zu retten. Die teils verwackelten Live-Videos stammten offensichtlich von Handykameras, sie wurden in Endlosschleifen gezeigt und fortlaufend neu kommentiert.

      Nach einer Viertelstunde hilflosen Gaffens drückte Julia den Ausschalter des Fernsehers. Sie konnte einfach nicht mehr.

      *

       Juli 2018, Wernigerode

      

      Stundenlang hatte Julia kein Auge zugetan, obwohl sie fix und fertig gewesen war. Eine nervenzerreißende Mischung aus Eifersucht, Sorge um das Wohnhaus und Ärger wegen des versauten Urlaubs zeichnete hierfür verantwortlich. Irgendwann war orkanartiger Wind aufgekommen und sie hatte in ihrem unruhigen Halbschlaf befürchtet, dass er die Feuersbrunst noch weiter anfachen und womöglich in Richtung von Wernigerode treiben könnte. Es blitzte und grollte zwar unablässig am Horizont, aber es schien sich nur um ein Wolkengewitter zu handeln. Regenfälle blieben vorläufig aus. Die Luft war mitten in der Nacht noch unerträglich schwülwarm.

      Bei Marit Schmidbauers Ein-Zimmer-Apartment handelte es sich um eine Dachwohnung. Dementsprechend fielen die Temperaturen aus. Das Wandthermometer neben dem Küchentisch zeigte schweißtreibende neunundzwanzig Grad an. Durchlüften war leider unmöglich, die Dachgauben gingen allesamt zur selben Seite hinaus und die Fenster ließen sich nicht kippen.

      Julia verdampfte, jedenfalls gefühlt, unter dem Baumwollbettlaken, das sie wie eine hauchdünne Decke benutzte. Dass Kater Felix schnurrend auf ihrem Unterleib lag, machte die Sache kein bisschen besser.

      So gegen sieben Uhr erwachte die Polizistengattin desorientiert, stellte verblüfft fest, dass sie irgendwann offenbar doch eingeschlafen sein musste. Regen prasselte gegen die Fensterscheiben. Felix saß auf der Fensterbank einer Dachgaube und versuchte eifrig, die außen an der Scheibe herunterlaufenden Tropfen mit seinen Vorderpfoten einzufangen.

      An regnerischen Tagen war dies auch zu Hause seine erklärte Lieblingsbeschäftigung, schon weil der pelzige Geselle äußerst wasserscheu war und nicht einmal unter Gewaltanwendung zu bewegen gewesen wäre, nach draußen zu gehen.

      Endlich ließ das müde, von der Hitze weichgekochte Gehirn etwas immens Wichtiges in Julias Bewusstsein durchsickern.

      Regen! Ich muss im Revier anrufen und fragen, ob der Brand gelöscht ist! Sie kramte in der Handtasche, stellte jedoch schnell fest, dass sie ihr Mobiltelefon vergessen hatte, vermutlich im Wagen. Im selben Moment sperrte jemand die Wohnungstür auf. Sie fuhr sich hektisch mit einer Hand durch die verschwitzten Haare und steuerte den Flur an. Erst im Vorübergehen gewahrte sie, dass Marit einen riesigen Standventilator besaß. Das Gerät hatte die ganze Zeit über in einer Ecke gestanden und auf seinen Einsatz gewartet. Sie musste es in ihrem Frust übersehen haben. Bernd betrat die Wohnung, er wirkte geradezu euphorisch.

      »Ich bringe gute Nachrichten, auch wenn es für Entwarnung noch viel zu früh wäre. Der Waldbrand ist mancherorts eingedämmt. An etlichen Stellen brennt es allerdings weiter. Die Feuerwehr meint aber, dass die ausgiebigen Regenfälle ein Wiederaufflammen der bereits gelöschten Stellen verhindern, weil Wasser die Hitze im Boden eindämmt und unterirdische Glutnester eliminiert. So weit, so gut.

      Trotzdem der Hammer, was für eine ausgedehnte Fläche den Flammen zum Opfer gefallen ist, und dies innerhalb

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