Apokalypse Für Einsteiger. Julian Birkner
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Читать онлайн книгу Apokalypse Für Einsteiger - Julian Birkner страница 16
»Drei?« Wieder spürte ich die Gänsehaut auf meinem Arm.
»Das erste wird ganz leicht. Ehe man begreift was passiert, wird es wieder vorbei sein. Das zweite wird stärker … Dinge werden kaputt gehen, aber jeder wird es wohl gut überstehen … Dann kommt das Dritte … Es wird gewaltig … Straßen werden verschwinden und …«
Die schrille Türglocke ließ Luca verstummen.
TOM!
So ein Mist! Sein Timing war schon immer grauenhaft gewesen. Bei unserem ersten Date kam er zwei Stunden zu früh und fiel dann vor Schreck rückwärts die Treppen hinunter, als ich ihm im Bademantel mit meiner Ingwer-Aloe-Vera-Maske die Tür öffnete. Beim ersten Treffen mit meinen Eltern kam er zwei Stunden zu spät, woraufhin mein Vater so sauer war, dass er Tom am liebsten auf den Buffettisch gepfeffert hätte. Und auch heute kam er denkbar ungünstig, wenn auch pünktlich.
Die Klingel schellte ein zweites Mal und Luca suchte ängstlich nach einem Ausweg.
»Du musst keine Angst haben, Luca! Das ist nur mein Ex Tom. Der tut keinem was. Also … Na ja gut, er kriegt einen dazu, sich in ihn zu verlieben und ihn heiraten zu wollen und sein ganzes Leben um ihn herum aufzubauen, so dass du nicht mehr ohne ihn leben kannst und praktisch völlig abhängig bist und jede Sekunde mit ihm verbringen willst. Nur um dir dann anschließend bestialisch das Herz in tausend Stücke zu zerreißen und dich mit den schlimmsten Schmerzen, die du je empfunden hast allein zu lassen … Aber sonst ist er eigentlich ganz harmlos.«
Luca starrte mich mit offenem Mund an und raunte: »Oh je …Du hast ja ne Vollscheibe.«
»Ich ähm … Was? Na danke! Ich habe keine »Vollscheibe«. Was auch immer das sein mag!«, zischte ich säuerlich.
Luca grinste. »Oh doch! Du hast ne totale Vollscheibe!«
Langsam verlor ich mein Mitleid mit diesem frechen Gör.
»Und so jemand soll die Welt retten? Ich frage mich, was die sich dabei gedacht haben …«, murmelte Luca ungläubig zu sich selber.
»Ja! Ganz meine Rede! Wer sich das überlegt hat, hat definitiv nicht mehr alle Pfannen auf der Reihe!«
Als es das dritte Mal energisch klingelte, öffnete ich die Tür einen Spalt und sah einen genervten, aber verdammt gutaussehenden Tom mit Blumen vor der Tür stehen. Er hob skeptisch eine Augenbraue und fragte bissig: » Hattest du vor mich noch heute reinzulassen oder komm ich grad irgendwie ungünstig?«
Überfordert mit der Situation blickte ich nervös zwischen Luca und Tom hin und her.
»Ja, es ist grad irgendwie schlecht!«, stammelte ich. »Ich hab da noch diese Sache, die ich zu Ende bringen muss.«
»Dir ist aber schon klar, dass wir für jetzt verabredet sind, oder?«
»Tom, wir waren vor 7 Jahren schon einmal verabredet vor dem Standesamt. Soweit ich mich erinnere, war ich an dem Tag da …«, antwortete ich zynisch.
Tom zog eine Grimasse und versuchte durch den Türspalt zu schielen.
»Du hast jemanden bei dir, oder? Musst du mit einem deiner zahlreichen Lover noch eine Nummer zu Ende bringen?«
»Ich … Was? Nein! Sag mal, was denkst du denn von mir?« Meine Stimme wurde schärfer.
»Na du hast doch selber erzählt, dass du so viele Dates hast …«, verteidigte sich Tom beleidigt.
War Tom gerade eifersüchtig? Mir gefiel die Richtung, in die sich das Ganze entwickelte.
»Ich habe keinen Besuch … Also nicht soo einen Besuch. Ich ähm … Ach scheiß drauf!«
Ich öffnete die Tür und mit einer Handbewegung stellte ich die Beiden einander vor.
»Tom – Luca! Luca – Tom!«
Toms Kinnlade schien auf den Boden zu knallen. Seine Augen weit aufgerissen stammelte er: »Ist der von dir? Wie alt ist der? 6? 7?«
Sein Gesicht schien gleichzeitig knallrot und leichenblass zu sein und verriet das der Herzinfarkt nicht mehr lange auf sich warten lassen würde.
»Emma, oh mein Gott! Warum hast du nichts gesagt? Ist das mein …? Oh Gott mir wird schlecht!«
Tom krallte sich so stark an meinem Türrahmen fest, dass ich Angst hatte, dass er Kratzspuren hinterlassen würde.
Wie gerne hätte ich jetzt geantwortet: »Ja Tom. Das ist dein Sohn, den du jahrelang vernachlässigt hast und der endlich seinen Vater kennenlernen will …«, aber ich wollte keinen toten Tom auf meiner Türschwelle haben, denn dieser Satz hätte ich höchstwahrscheinlich die Lichter ausgeblasen.
»Beruhige dich Tom! Das ist nicht mein Sohn. Das ist …« Ja was sollte ich sagen? Ein fremder Junge, der mich im Supermarkt angesprochen hat, der jetzt bei mir in der Küche saß und mir erzählt hat, dass die Welt untergehen wird?« Das klang weder glaubwürdig noch legal.
»Das ist nur ein Junge, auf den ich aufpasse!«
Tom sah skeptisch zu Luca. »Aha! Und wozu? Du hast doch selber kaum Freizeit bei deinem Job! Und ich kenne dich. Deine Freizeit ist dir heilig!«
»Ja er …« Mist, mir muss schnell etwas einfallen. Ich flüsterte zu Tom: »Er ist etwas zurückgeblieben und ich mach das ehrenamtlich!«
»Ich bin überhaupt nicht zurückgeblieben!«, protestierte Luca und warf mir einen bitterbösen Blick zu.
»Ja Herzchen, ist gut!«, sagte ich sanft und streichelte gespielt besorgt über seinen Kopf. Sein zorniger Gesichtsausdruck brachte mich aber dazu sofort damit aufzuhören, aus Angst er würde mir in die Hand beißen!
Toms Blick wurde mit einem Mal sehr sanft und gütig und er betrachtete mich in einer Weise in der mich vorher noch nie angesehen hatte: Ehrliche Bewunderung.
»Wow, Emma! Du hast dich echt verändert. Sei mir nicht böse, aber ich hätte es wirklich nicht gedacht, dass du mal ehrenamtlich für andere Menschen da bist. Ich hielt dich immer für sehr egozentrisch und, schlag mich bitte nicht, auch für sehr egoistisch. Das du so voller Nächstenliebe steckst ist wundervoll zu sehen und ich finde die Seite bemerkenswert … Ich habe dich wohl wirklich unterschätzt …«
Obwohl Toms Aussage als Kompliment gemeint war, traf es mich bis ins Mark. Tom hielt mich für egoistisch? Was dachte er noch alles über mich? War ich wirklich so sehr auf mich konzentriert und so selbstverliebt, dass es für Tom unvorstellbar war, dass ich Gutes tat? Lina hatte ja ähnliches erwähnt … Dachte mein ganzes Umfeld so von mir? Und wenn die Leute, die mich liebten schon so von mir dachten …
Luca sah mich immer noch verletzt an.
»Gibst du uns noch 5 Minuten?«, fragte ich Tom.
Er nickte, winkte Luca zu und verschwand im Wohnzimmer.
Ich kniete mich vor Luca, nahm sanft seine Hände und flüsterte: »Ich verspreche es!«
Lucas Gesicht