Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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würde.

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      Es gibt keinen Grund, warum das vegetative, tierische und menschliche Leben sich nicht in der Wahrheit entfalten sollte, statt in der Unwissenheit – sobald einmal das Wissen auf die Erdebene gelangt ist.

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      Es [das Supramental] kann unmittelbar auf alles einwirken, wenn es in das stoffliche Bewusstsein herabgebracht wird – wie die Dinge gegenwärtig geordnet sind, befindet es sich latent hinter ihnen und wirkt durch andere Medien.

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      [Unmittelbares supramentales Wirken in den Pflanzen:] Nein, das kann man nicht sagen. Die vitale Kraft ist es, die wirkt, doch in dieser Lebens-Kraft gibt es eine gewisse grundlegende Intuition, die hinter dem ganzen Wirken steht und diese könnte man als eine Art Spiegelung oder ausgesandte Macht im Hintergrund bezeichnen, der das Supramental latent innewohnt.

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      Wenn spirituell und supramental das gleiche wären, wie es deiner Meinung nach meine Leser glauben, dann müssten alle Weisen, Gläubigen, Yogis und Sadhaks zu allen Zeiten supramentale Geschöpfe gewesen sein, und alles, was ich über das Supramental schrieb, wäre überflüssig, nutzlos und müßig gewesen. Jeder, der spirituelle Erfahrungen hat, wäre dann ein supramentales Wesen; der Ashram wäre randvoll mit supramentalen Wesen und ebenso jeder andere Ashram in Indien. Spirituelle Erfahrungen können sich im inneren Bewusstsein festigen und dieses verändern, sogar umwandeln, wenn du so willst; man kann das Göttliche überall verwirklichen, das Selbst in allen und alle im Selbst, die universale Shakti, die alle Dinge tut; man fühlt, wie man im Kosmischen Selbst eintaucht, und man kann voller ekstatischer bhakti, voller Ananda sein. Und dennoch kann man sich in die äußeren Teile der Natur wenden und tut es auch meist, man denkt mit dem Verstand oder bestenfalls mit dem intuitiven Mental, man will mit einem mentalen Willen, man fühlt Freude und Sorge an der vitalen Oberfläche und erduldet physische Anfechtungen und Leiden, verursacht durch den Lebenskampf im Körper, dem Tod und Krankheit folgen. Die Veränderung besteht dann lediglich darin, dass das innere Selbst all dies mit vollkommenem Gleichmut beobachtet, ohne gestört oder verwirrt zu werden, und es als unvermeidlichen Teil der Natur ansieht, zumindest solange man sich nicht aus dieser Natur in das Selbst zurückzieht. Das ist nicht die Umwandlung, die ich beabsichtige. Durch die supramentale Veränderung wird eine ganz und gar andere Macht des Wissens auftreten, eine andere Art Willen, eine andere leuchtende Natur des Gefühls und der Ästhetik, eine andere Zusammensetzung des physischen Bewusstseins.

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      Die spirituelle Verwirklichung ist auf jeder Ebene durch den Kontakt mit dem Göttlichen (das überall ist) zu erlangen oder indem man das innere Selbst wahrnimmt, das von den äußeren Regungen rein und unberührt bleibt. Das Supramental ist etwas Transzendentes – ein dynamisches Wahrheits-Bewusstsein, das noch nicht auf Erden ist, etwas, das von oben herabgebracht werden muss.

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      Allein das Supramental ist All-Wissen. Alles darunter, vom Obermental zur Materie, ist Unwissenheit, eine Unwissenheit, die von Ebene zu Ebene einem vollen Wissen entgegenwächst. Unterhalb des Supramentals kann es Wissen geben, doch ist es nicht das All-Wissen.

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      Ich habe nicht gesagt, dass alles außer der supramentalen Wahrheit Falschheit sei. Ich sagte, es gäbe keine vollkommene Wahrheit unterhalb des Supramentals. Im Obermental wird die Wahrheit, die vollkommen harmonisch ist, in Teile getrennt, in viele Wahrheiten, die sich einander gegenüberstehen und von denen jede sich erfüllen will, um eine eigene Welt zu schaffen oder die Oberhand zu gewinnen; oder auch, um an Welten teilzunehmen, die aus einer Kombination von verschiedenen einzelnen Wahrheiten und Wahrheitskräften bestehen. Noch weiter unten wird die Zerstückelung immer deutlicher, und zwar derart, dass Irrtum, Falschheit, Unwissenheit und schließlich Unbewusstheit wie die der Materie tatsächlich möglich werden. Diese Welt hier entstand aus der Unbewusstheit und entwickelte das Mental, das ein Instrument der Unwissenheit ist und die Wahrheit über viel Begrenzung, Widerstreit, Verwirrung und Fehler zu erlangen sucht. Das Obermental wieder zu erreichen, insofern einem dies vollkommen möglich ist – es ist für das physische Wesen nicht einfach –, bedeutet, an der Grenzlinie zur supramentalen Wahrheit zu stehen und auf Eintritt zu hoffen.

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      Eine mentale Regel oder Definition gibt es nicht. Man muss zuerst im Göttlichen leben und die Wahrheit erreichen – dann werden dieses Streben und die Erkenntnis der Wahrheit das Leben ordnen.

      Es ist das inaktive Brahman, mit dem man verschmilzt, wenn man laya oder moksa sucht. Man kann im Persönlichen Göttlichen weilen, doch man taucht darin nicht ein. Das Höchste Göttliche enthält in sich das Weltdasein, und dieses wehst in seinem Bewusstsein; indem man also in den Höchsten eingeht, erhebt man sich über die Versklavung an die Natur, doch man lässt nicht das gesamte Welt-Bewusstsein zurück.

      Der allgemeine Göttliche Wille ist auf eine fortschreitende Manifestation im Universum gerichtet. Doch ist es ein allgemeiner Wille, der auch der Welt-Abkehr einzelner Seelen zustimmt, die nicht bereit sind, in der Welt durchzuhalten.

      Nicht die Unsterblichkeit des Körpers, wohl aber das Bewusstsein der Unsterblichkeit im Körper kann mit dem Herabkommen des Obermentals in die Materie oder sogar in das physische Mental erlangt werden; oder auch, wenn ein modifiziertes supramentales Licht das physische Mental-Bewusstsein berührt. Dies sind erste Öffnungen, doch ist es nicht die supramentale Erfüllung in der Materie.

      Wenn es vorherbestimmt ist, vermag nichts die Herabkunft des Supramentals zu verhindern; doch alle Dinge hier werden durch ein Spiel von Kräften ausgearbeitet, und eine ungünstige Atmosphäre oder ungünstige Bedingungen können den Vorgang verzögern, wenn auch nicht verhindern. Selbst etwas Vorherbestimmtes stellt sich dem Bewusstsein auf Erden (Obermental, Mental, Vital, Physisches) nicht als Gewissheit dar, solange das Spiel der Kräfte nicht bis zu einem gewissen Punkt ausgearbeitet wurde und die Herabkunft nicht nur unvermeidlich ist, sondern auch unvermeidlich erscheint.

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      Die supramentale Wandlung ist das höchste Stadium der siddhi und es ist nicht wahrscheinlich, dass sie bald erreicht wird; doch es gibt viele Ebenen zwischen dem normalen Mental und dem Supramental, und leicht kann man ein Aufsteigen in eine von ihnen oder ein Herabkommen ihres Bewusstseins oder Einflusses für eine supramentale Wandlung halten.

      Es ist ganz und gar unmöglich, sich zur wirklichen Ananda-Ebene zu erheben (außer in tiefer Trance), bevor man das supramentale Bewusstsein erreicht und verwirklicht hat, bevor man es besitzt; doch ist es durchaus möglich und normal, eine Form von Ananda-Bewusstsein auf jeder Ebene zu empfinden. Dieses Bewusstsein, wo immer man es fühlt, stammt von der eigentlichen Ananda-Ebene, doch ist seine Macht stark verringert und abgewandelt, um sich der geringeren Empfangsbereitschaft der niederen Ebenen anzugleichen.

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      Ich vermute, es ist die Entwicklung der Wahrheits-Macht und der Ananda-Macht im obermentalen Bewusstsein, die vorbereitet wird. Der transzendente Ananda selbst könnte erst nach einer völligen Supramentalisierung des Wesens herabkommen, was eine ungeheure Veränderung im Erdbewusstsein bedeuten würde. Jetzt können die göttliche Wahrheit im Obermental und der göttliche Ananda im Obermental ihre Manifestation vorbereiten, und das ist es, was in diesen Erfahrungen angedeutet wird.

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      Es ist das Supramental, das wir herabzubringen, zu manifestieren, zu verwirklichen haben. Etwas höheres ist in diesem Stadium der Evolution unmöglich, es sei denn als eine Spiegelung im Bewusstsein oder eine Macht, die ausgesandt und in ihrem Herabkommen modifiziert wird.

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