Kalteiche. Ulrich Hefner

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Kalteiche - Ulrich Hefner

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halb acht einen roten Kleinwagen auf der Straße gesehen hat, der mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Carolinensiel gebraust ist. Er war gerade draußen, um die Zeitung aus dem Briefkasten zu holen.«

      »Halb acht«, murmelte Trevisan. »Das könnte hinkommen. Kann er etwas zu dem Wagen sagen?«

      Brun zuckte mit der Schulter. »Es war noch dunkel. Er kann nichts über das Kennzeichen und zur Marke sagen und über die Insassen schon zweimal nichts.«

      »Weiß die Fahndung Bescheid?«

      Brun schüttelte den Kopf.

      »Dann gebt es bitte durch, vielleicht ist der Wagen ja noch irgendwo aufgefallen. Sonst noch was?«

      »Leider nicht, niemand hat etwas gesehen«, entgegnete Lisa Bohm. »Der Hof liegt ja auch ziemlich abgelegen hier vor dem Deich.«

      Trevisan nickte. »Wir treffen uns in einer Stunde auf der Dienststelle, seid bitte pünktlich.«

      *

      Sie hatten Spuren gefunden. Hinter der Scheune, wo der erschlagene Hund lag, führte eine Stiefelspur über das Grundstück zu einer nahe gelegenen Wiese. Der Boden war feucht gewesen, denn in den Nächten waberte der Nebel über das Land. Die Spuren waren gut sichtbar und führten in Richtung Osten. Harro, der Polizeihund, hatte die Witterung aufgenommen und zerrte an der Leine, so dass sein Herrchen kaum noch folgen konnte. Harro war ein Mantrailer und gehörte der Hundestaffel der Direktion Oldenburg an. Er hatte bei Wettbewerben schon den einen oder anderen Preis eingeheimst und wenn er einmal die Witterung aufgenommen hatte, dann ließ er nicht so schnell wieder davon ab. So zog er seinen Hundführer förmlich über die Wiese und den angrenzenden brachliegenden Acker, bis er schließlich auf einen geschotterten Feldweg traf, wo Harro kurz verweilte.

      »Such!«, forderte ihn der Hundeführer auf.

      Aufgeregt, die Nase tief am Boden, lief Harro hin und her. Mehrmals wechselte er die Richtung, bis er sich schließlich nach Süden wandte und den Weg entlanglief. Drei Polizisten folgten dem Hund und seinem Herrchen.

      »Wohin führt uns der Köter?«, fragte einer der Beamten völlig außer Atem und missgestimmt.

      Der Kollege zuckte mit der Schulter. Spuren waren längst keine mehr zu sehen, der geschotterte Boden machte es unmöglich. Der Hund zog wie wild und die Beamten hasteten hinterher. Beinahe wäre der missgelaunte Kollege in eine Pfütze getreten, gerade rechtzeitig wich er noch aus, ehe er verharrte.

      »Hey, schaut euch das mal an, was ist das?« Er wies auf eine knapp einen Meter lange, direkt durch die Pfütze führende Spur. Der Kollege, der bereits einige Schritte weitergegangen war, kehrte um und betrachtete den schmalen Streifen, der durch das Wasser führte.

      »Das ist die Spur von einem Fahrrad.« Er tastete vorsichtig über den Boden. Hier lag nur wenig Schotter und die blanke und weiche Erde war zu sehen. »Verdammt, der ist mit dem Rad abgehauen!«

      Der missgelaunte Kollege griff zum Funkgerät und meldete seine Entdeckung an die Einsatzleitung. Er wurde gebeten, an der Stelle zu warten und die Spurensicherer einzuweisen.

      Der Kollege schaute dem Hundeführer und dem weiteren Kollegen hinterher. Sie waren beinahe schon einen ganzen Kilometer entfernt. »Ich weiß nicht, was der Hund riecht, aber wenn der Kerl sich tatsächlich ein Rad geschnappt hat, dann kann doch gar keine Spur mehr vorhanden sein, oder glaubst du, der Köter kann einen Menschen auch riechen, wenn der mit dem Rad fährt?«

      Eine Antwort unterblieb. Während die beiden Polizisten an der Pfütze zurückblieben, ließ Harro keine Zweifel daran, dass er noch nicht am Ende seines Witterungsvermögens angekommen war. Er zog und zog und hetzte voran, dass seine beiden menschlichen Begleiter immer mehr außer Atem kamen. Beinahe einen weiteren Kilometer ging es noch über den Schotterweg, bis sie an eine Wegegabelung kamen. Der Weg zur Rechten führte nach Altgarmsiel, während ein Weg links vorbei am künstlich angelegten Wangersee nach Hohenkirchen führte. Hier schien Harro mit seinem Latein am Ende. Nach ein paar Runden, die Nase tief am Boden, legte er sich einfach hin und hechelte.

      »Was hat er?«, fragte der uniformierte Kollege den Hunde­führer.

      »Das ist das Zeichen, dass er die Spur verloren hat.«

      »Was glaubst du, rechts oder links?«

      Der Hundeführer betrachtete die Umgebung. »Wir schauen mal am See nach.«

      Gemeinsam folgten sie dem Weg und gingen am Seeufer entlang, bis der Mantrailer wie aus heiterem Himmel wieder anzog. Der Hundeführer riss ihn zurück und raunte ihm einen Befehl zu.

      »Was hat er denn?«, fragte der uniformierte Kollege.

      »Er hat wohl wieder die Spur aufgenommen.« Harro zerrte an der Leine und lief am Ufer auf und ab. »Ist dort was?«, fragte der Hundeführer.

      Der Uniformierte trat näher und stand beinahe schon im klaren, kalten Wasser, als er auf eine Ecke im Schilf wies. »Da, da liegt was!«

      Eine Viertelstunde später traf ein Wagen der Spurensicherung ein. Ein Beamter streifte eine Anglerhose und Gummistiefel über, bevor er langsam in den See stapfte. Als er die Stelle erreichte, an der die Kollegen etwas im Schilf entdeckt hatten, reichte ihm das Wasser bis zum Bauch. Er zog einen schwarzen Plastiksack aus dem Wasser. Sein Begleiter nahm den Fund am Ufer in Empfang.

      Auf dem Trockenen öffneten sie den verschnürten Sack. »Das ist ein Volltreffer«, sagte der Spurensicherungsbeamte, als er ein Beil herauszog. Es folgte ein Küchenmesser mit einer beinahe dreißig Zentimeter langen, beidseitig geschliffenen Klinge. Ein Plastikcape und ein paar grüne Gummistiefel Größe 44 waren neben drei schweren Steinen ebenfalls vorhanden. Das Wasser, das auf den geschotterten Boden tropfte, war rot gefärbt.

      »Ich informiere Krog.« Der Spurensicherungsbeamte ging zum VW-Bus.

      5

      Trevisan hatte erst eine Weile suchen müssen, bevor er die Toilette am Ende des langen Flures fand. Mit dem neuen Dienstgebäude musste er sich erst einmal vertraut machen. Als er damals seiner Tochter zuliebe wegging, war alles um ihn herum vertraut gewesen. Aber das alte Dienstgebäude, die Kollegen, sogar das kleine Restaurant gegenüber, in dem er meist sein Mittagessen eingenommen hatte, gehörten der Vergangenheit an. Zwar meinten die Stadtpolitiker, das neue Polizeigebäude sei ins Zentrum gerückt, doch damals in der Ebertstraße war man eben noch ein ganzes Stück zentraler gelegen gewesen und hatte in der Pause einen Abstecher in die Fußgängerzone machen können, was nun nicht mehr ganz so einfach war.

      Trevisan wusch sich gerade die Hände, als sein Mobiltelefon klingelte. Er trocknete sich ab und nahm das Gespräch an.

      »Hallo, Paps. Ich wollte mal hören, ob du gut angekommen bist.«

      Trevisan lächelte. »Klar, mitten in der Arbeit und das am ersten Tag.«

      »Ich habe eine Stunde Pause«, sagte Paula. »Wir wollten raus, die Zählung steht an, aber der Seeigel streikt, wahrscheinlich der Motor. Vielleicht könnten wir uns ja bei Sammys auf einen Kaffee treffen, ich hätte Zeit.«

      Trevisan warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war kurz nach zwei. »Paula, tut mir wirklich leid, wir stecken mitten in Mordermittlungen.«

      »Das ist dein erster Arbeitstag, ich dachte, du wolltest kürzer treten.«

      »Arbeitstag,

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