Big Ideas. Das Klassische-Musik-Buch. Hall George
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Häusliche Musikszene des niederländischen Künstlers Johannes Voorhout. Sie zeigt Buxtehude mit aufgestütztem Ellbogen und den Cembalisten Johann Adam Reincken.
Buxtehudes Choralvorspiel zu Ein feste Burg ist unser Gott, komponiert 1690, ist ein perfektes Beispiel dieser Herangehensweise. Die rechte Hand spielt eine spontan klingende Solomelodie, die der Kontur des Chorals folgt. Die Melodie wird dadurch verdeutlicht, dass jede ihrer Noten entweder länger gehalten wird als die verzierenden, frei fließenden Noten dazwischen, oder als erste (und am stärksten betonte) einer Folge von vier Noten auftaucht.
Die Begleitung für die linke Hand und das Pedal besteht im Allgemeinen aus Zwei- oder Dreiklängen, manchmal unter Verwendung von imitativ verflochtenen Motiven der Choralmelodie, manchmal mittels Akkorden. Dieser spezielle Satzstil beeinflusste J. S. Bach, der in seinen Choralvorspielen einem ähnlichen Ansatz folgte.
Dieterich Buxtehude
Zeit und Ort von Dieterich Buxtehudes Geburt sind ungewiss. Während seiner frühen Kindheit lebte die Familie jedoch in Helsingborg (im heutigen Schweden), von wo sie später ins dänische Helsingør zog. Buxtehude lernte sein musikalisches Handwerk von seinem Vater, einem Organisten.
Nachdem er in der ehemaligen Kirche seines Vaters in Helsingborg und dann in der Marienkirche in Helsingør gearbeitet hatte, nahm Buxtehude 1668 die renommierte Position des Organisten der Marienkirche in Lübeck an. Eine Tradition gebot neuen Organisten, eine Tochter ihres Vorgängers zu heiraten, was Buxtehude in den Wochen nach seinem Antritt auch tat. Er blieb Organist in Lübeck bis zu seinem Tod 1707.
Weitere Hauptwerke
1680 Membra Jesu nostri
1680 Präludium in C-Dur
1694 Triosonaten op. 1
DER NEUE ORPHEUS UNSERER ZEIT
CONCERTI GROSSI OP. 6 (1714), ARCANGELO CORELLI
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Das Concerto grosso
FRÜHER
1610 Giovanni Cimas Sonate a tre für Violine, Zink und Continuo wird veröffentlicht, ein frühes Beispiel weltlicher italienischer Kammermusik für drei Instrumente.
1675 Erstaufführung von Alessandro Stradellas Sonata di viole Nr. 25, die einem Solisten ein Ensemble gegenüberstellt. Corelli hörte sie wahrscheinlich in Rom.
SPÄTER
1721 J. S. Bach stellt seine Sammlung Brandenburgische Konzerte zusammen, in denen er mit Elementen des Concerto grosso und des Solokonzerts experimentiert.
1741 Händels zwölf Concerti grossi op. 6 werden veröffentlicht, eine direkte Hommage an Corellis Concerti grossi.
Der italienische Begriff concerto bezeichnete ursprünglich jede Art von Musik für Sänger und Begleitinstrumente. Im frühen 17. Jahrhundert kam die Unterscheidung zwischen Concerti ecclesiastici (Kirchenmusik) und Concerti di camera (Kammermusik) auf. Bis zum späten 18. Jahrhundert entwickelte das Konzert die Virtuosität, für die es heute bekannt ist. Doch seine Wurzeln liegen in der bescheidenen Besetzung, bestehend aus einer kleinen Gruppe von Solisten und Streichensemble mit Continuo (Generalbass), für die der italienische Komponist Arcangelo Corelli zu Beginn des 18 Jahrhunderts komponierte. Corellis meisterhafte Concerti grossi op. 6, posthum als Sammlung von zwölf Stücken veröffentlicht, sind der Inbegriff dieser Musikform.
Corellis frühe Concerti grossi wurden im römischen Palazzo Pamphili uraufgeführt, einem schillernden Beispiel italienischer Barockarchitektur, das die Verspieltheit der Musik widerspiegelt.
»Es ist wundervoll, wie verrückt alle nach Corelli sind – nichts gefällt mehr als Corelli.«
Roger North Schriftsteller und Musiker (1653–1734)
Jedes von Corellis Konzerten besteht aus drei bis fünf Sätzen, gespielt von einem Concertino, das heißt drei Solisten (zwei Violinen und ein Cello), sowie von einem Ripieno, einem größeren Streichensemble mit Cembalobegleitung. Corelli vergrößerte die Concertino-Abteilung oft auf vier Musiker. Der Basso continuo (Cello und Cembalo) liefert einen durchgehenden musikalischen Rahmen, auf welchem sich die Melodien und Harmonien der Solisten und der Begleitgruppe, des Ripienos, aufbauen.
Dynamischer Ausdruck
Durch die kontrastierende Anordnung der Instrumente erforschte Corelli Möglichkeiten des dynamischen Ausdrucks und belebte den Austausch zwischen den Abteilungen durch dramatische Gegenüberstellung, vor allem wenn das Concertino-Ensemble bei den Ripieno-Abschnitten mit einstimmt. Der Charakter der Musik reicht von ruhigen Adagios mit herrlichen Vorhalten bis hin zu schnellen Allegros, gespickt mit rasantem Austausch zwischen großem und kleinem Ensemble. Die Harmonik in Corellis Concerti folgte einem allgemeineren Trend in der italienischen Barockmusik: weg von der vielstimmigen Polyphonie der Renaissance und hin zu Akkordfolgen und Kadenzen, um ein stabiles tonales Zentrum zu schaffen.
Corellis Schaffen erntete sofort Bewunderung von Gönnern und Musikerkollegen. Von den Concerti grossi op. 6 wurde die als Weihnachtskonzert bekannte und beliebte Nr. 8 in g-Moll mit dem Untertitel »fatto per la notte di Natale« von seinem Mäzen, Kardinal Pietro Ottoboni, um 1690 in Auftrag gegeben.
Harmonie und Balance
Obwohl Corelli zuvor seine 48 Triosonaten für die Concertino-Instrumentalgruppe geschrieben hatte, kann man die Concerti grossi nicht als bloße Steigerung dieser kleinen Kammermusikwerke abtun. Einige Aufführungen umfassten 80 Musiker, eine gewaltige Zahl, besonders zu Corellis Zeiten, als Orchester meistens nur 20 Mitglieder zählten.
Im Jahr 1789, mehr als 70 Jahre nach Corellis Tod, schrieb der englische Musiker, Komponist und Musikhistoriker Dr. Charles Burney über die Concerti grossi: »Die Wirkung des Ganzen … [ist] so majestätisch, feierlich und erhaben, dass sie jede Kritik ausschließen.« Auch heute noch finden ihre Melodien großen Anklang.
Arcangelo Corelli
1653