¡PARAGUAY, MI AMOR!. Wiebke Groth

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¡PARAGUAY, MI AMOR! - Wiebke Groth

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style="font-size:15px;">      Gestern habe ich meinen biologischen Papa kennengelernt. Dabei auch erfahren, dass ich neben den zwei Halbgeschwistern auch einen Stiefbruder habe, mit dem ich zum Glück nicht verwandt bin!

      Heute emotionaler Tag – die Sache nimmt mich schon noch mit. Bis bald in DE! Val“

      Anschließend lese ich meinen neuen Krimi von John Grisham.

      Hufgetrappel und lachende Männerstimmen schrecken mich eine Stunde später aus meiner Lektüre auf.

      Ehe ich noch mein Buch zur Seite legen kann, kommen Ramón und drei der „Gauchos“ in den Stall.

      „¡Dios mío, Valeska! Was machst du hier?“, fragt Ramón überrascht.

      Ich stehe schnell auf und zupfe mir etwas Heu aus meinen Klamotten.

      „Ich wollte das gemütliche Heuhotel ausprobieren“, versuche ich zu scherzen.

      Ramón übergeht diesen hilflosen Versuch meinerseits, meine Peinlichkeit zu überspielen und stellt in einer Mischung aus Spanisch und Englisch seine Begleiter vor.

      „Das sind Luis, Sebastiano und Matteo, hervorragende Männer, die viel von ihrer Arbeit verstehen.

      - Compañeros, esta es la hija alemana de José, Valeska.“

      Alle drei geben mir höflich die Hand. Luis ist wohl um die 40, hager, mit freundlichen runden braunen Augen. Sebastiano schätze ich auf Mitte 30, er trägt einen Dreitagebart und eine verschmitzte Miene zur Schau. Matteo ist mit seinen ca. 25 Jahren der Jüngste. Sein jungenhaftes Gesicht wird von neugierig schauenden grünen Augen und einer markanten Nase dominiert.

      Alle drei tragen die typischen Lederhosen der Viehhirten, mit denen man einen Tag auf dem Pferd ohne große Blessuren überstehen kann. Dazu haben sie T-Shirts und leichte Jacken an.

      Ramón hat sich dieser Arbeitskleidung angepasst, wirkt aber mit seiner olivfarbenen Haut fast blass gegen die wettergegerbten Gesichter der Männer.

      Die „compañeros“ mustern mich neugierig und Sebastiano sagt etwas zu Ramón, das großes Gelächter auslöst. Ramón hat die Neckerei, die sich eindeutig auf ihn und mich bezog, gutmütig aufgenommen und verabschiedet sie mit einem freundlichen

      „¡Adiós, hasta mañana!“.

      Dann wendet er sich mir zu, während sein Blick mich genauer erfasst: „¿Por qué has llorado?“, erschrocken beugt er sich zu mir herunter und streicht mir über die Wangen.

      Dann nimmt er mich in den Arm und sagt auf Deutsch: „Du sollst nicht weinen, Liebes.“

      Ich lasse mich von ihm trösten, es tut gut, denn trotz allem ist er die neutralste Person in dieser Geschichte.

      Ich drücke noch ein paar Tränchen heraus, als ich Ramón den Grund meines Kummers erzähle.

      „Du musst dir mehr Zeit geben, das ist alles zu viel für dich“, meint er freundlich.

      „Ich verstehe nur nicht, warum Jost mich nie kontaktiert hat, als ich etwas älter war. Warum hat keiner den Mut aufgebracht, mir etwas zu sagen; hätte Jost sich nicht auch früher schon zu mir bekennen können, anstatt nach Paraguay abzuhauen?“

      Ich schluchze noch mal wild auf.

      „Sch, sch, du siehst schlimm aus, wenn du weinst. Dein hübsches Gesicht verzieht sich zu einer Fratze und deine wundervollen blauen Augen sind total angeschwollen.“

      Ich lehne mich an seine Schulter, was mir unendlich guttut.

      „Lloro siempre mucho. I‘m sorry Ramón. I don‘t want to bother you.“

      „You see, I always wished my father would come back one day and it would come out that there was a terrible misunderstanding in the former days and that they made a mistake.

      Even when I was 14 I sometimes imagined he would appear one day at the Estancia and would say: „Hola Ramón, mi hijo. Soy aqui ahora y me encargo de tí desde ahora en adelante.“

      Ich habe nicht alles verstanden, was er auf Spanisch gesagt hat, aber Ramón übersetzt mir, dass er geglaubt habe, Enrique würde ihm eines Tages sagen, dass er jetzt hier sei und sich von nun an um ihn kümmern würde.

      „Du siehst, ich habe damals tatsächlich noch an Märchen geglaubt.“

      „Ramón, es tut mir leid! Ich bin so eine dumme Kuh! Du hast deinen Vater für immer verloren, als du ganz klein warst, und ich heule, weil ich meinen echten Vater gefunden habe!“

      Ich nehme seine Hand und drücke sie kurz.

      „Gracias, Valeska. Jost hat dir also meine Familiengeschichte schon erzählt.“

      „Nur ganz kurz. Entschuldige, es muss furchtbar für Euch gewesen sein“, sage ich schnell.

      Er blinzelt kurz, aber dann sagt er höflich:

      „Ja, schon, aber dann kam Jost in unser Leben und gab Mama so viel Lebenskraft und Freude zurück.

      Für mich ist er wie ein zweiter Vater, er war immer gut zu mir und ich liebe und achte ihn. Ich habe noch ein paar wenige, schöne Erinnerungen an meinen Vater und auf den Fotos, die wir von ihm und mir haben, schaut er mich an, als ob ich für ihn das größte Glück der Erde sei und das Wertvollste bin, was er je besaß. In jedem dieser Bilder liegt eine vollkommene, bedingungslose Liebe.“

      „Es tut mir leid, dass ich so dumm bin!“, flüstere ich.

      „Nein, du bist nicht dumm! Du bist nur durcheinander, und das ist völlig normal. Du fragst dich, warum Jost sich nie bemüht hat, mit dir Kontakt aufzunehmen? Nun, ich denke, er hatte damals keine Chance, als du geboren wurdest. Er wollte auch um nichts in der Welt die Ehe von Onkel Hugo und Tante Jola zerstören. Das wäre passiert, wenn er sich zur Vaterrolle bekannt und auf einem teilweisen Sorgerecht bestanden hätte.

      Außerdem hatte er damals Probleme, Verantwortung zu übernehmen. Seit er aber Mama kennengelernt hat, hat sich das geändert. Natürlich hat er Fehler gemacht und hätte dir irgendwann selbst die Wahrheit sagen müssen. Aber gib ihm bitte eine Chance – das hat er verdient!

      So, aber jetzt lächelst du bitte einmal!“, befiehlt er bestimmt und streicht noch mal zart über mein Gesicht. Ich gebe mir Mühe und schenke ihm mein bezauberndstes Lächeln.

      Das Lächeln, mit dem er mir antwortet, ist atemberaubend.

      Die Zeit dehnt sich und lässt die zehn Sekunden, in denen wir uns intensiv mustern, auf das Zehnfache anschwellen. Sein kurzgeschorenes Haar umrahmt vorteilhaft sein ovales Gesicht mit den tiefbraunen, runden Augen, den langen Wimpern und einer hübschen, römisch anmutenden Nase. Diese sitzt über herzförmig geformten, vollen Lippen, auf den Wangen deuten sich neue dunkle Bartstoppeln an.

      Seine nackten Oberarme und auch der Rest seines Körpers erscheinen sehnig und muskulös, aber nicht aufgepumpt, sondern geschmeidig und durch viel Bewegung an der frischen Luft erzielt.

      An seinem linken Arm bemerke ich eine fingerdicke und mehrere Zentimeter lange weiße Narbe.

      Er ist kein klassischer Beau,

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