Siana. Jasmin Windfeder
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Читать онлайн книгу Siana - Jasmin Windfeder страница 12
»Ich fange dann mal River ein.« Er marschiert in Richtung seiner Stute.
Verwirrt sehe ich ihm nach, bevor ich aus der Halle verschwinde. Aus reiner Neugierde, wer die Schuld an meinem Fall hat, gehe ich durch den Stall, raus auf den Hof. Vor der Halle steht Richards Auto. Verdutzt sehe ich mich um, aber keine Spur von ihm. Erst kommt er zu spät, dann steht sein Auto an einem falschen Platz und nun ist er nicht zu entdecken? Mein Chef kann es nicht ausstehen, wenn man nicht auf dem richtigen Parkplatz steht, aber macht es selbst? Irgendwas kann da nicht stimmen.
Ohne weiter nachzudenken, gehe ich zu seinem Haus und klingle. Einmal. Zweimal. Dreimal. Dann endlich höre ich ein Geräusch.
»Was?«, knurrt Richard, kaum hat er die Tür geöffnet.
Perplex starre ich ihn an.
»Ist etwas passiert?«, sind meine ersten Worte, nachdem ich mich gefasst habe.
»Nein! Was willst du?«, bringt er weniger knurrend, aber noch immer aufgebracht heraus.
»Ich wollte nach dir sehen, da du anscheinend das Training mit River vergessen hast«, antworte ich vorsichtig, in der Hoffnung, dass er nicht vollständig ausflippt.
So habe ich ihn noch nicht erlebt. Er ist schnell wütend, ja, aber er wirkt jetzt eher zerstreut.
»Habe ich vergessen!«, brummt er und stößt genervt den Atem aus, der nach Bier riecht.
Bier? Richard trinkt doch normalerweise keinen Alkohol, allein schon wegen seiner Schlaftabletten. Prüfend betrachte ich ihn, außer sein zerknirschtes Gesicht, kann ich jedoch nichts entdecken.
»Willst du noch etwas? Nein? Dann schönen Abend.«
Er knallt mir echt die Tür vor der Nase zu. Irritiert stehe ich erst einen Augenblick davor, ehe ich zurück in den Stall stapfe, um River zu versorgen. Was ist nur los mit Richard? Ihn hat es nicht einmal im Geringsten gestört, dass er das Training vergessen hat. Wenigstens hätte er sich entschuldigen können, immerhin bin ich wegen ihm von River gestürzt. Davon erfährt er allerdings hoffentlich nie etwas, sonst erwartet mich das nächste Donnerwetter. Er hat ausdrücklich gesagt, dass ich ohne ihn nicht in den Sattel steigen soll.
»Alles okay?«, will Phelan wissen, als ich die Box erreicht habe und er soeben mit dem Sattelzeug von River herauskommt.
»Ja.«
›Ob sein Termin nicht so gelaufen ist, wie er es hätte sollen?‹ Immerhin war er vor vier Stunden noch normal gewesen.
»Siana?«
»Mh?«
»Wirklich alles okay?« Phelan hängt den Sattel über die Boxentür, das Zaumzeug legt er darüber und kommt auf mich zu. Musternd sieht er mich an.
Ich nicke nur. Der Geruch von Bier lässt mich nicht los. Wenn man ihm zuvor etwas anbot, lehnte er jedes Mal dankend ab oder man wurde zurechtgewiesen. Warum dann heute?
»Siana?« Phelan legt plötzlich eine Hand auf meine Schulter. »Was ist los?«
»Nichts, alles gut.« Meine Worte bewirken aber nur, dass er mich mit hochgezogenen Brauen anblickt. »War in Gedanken.«
»Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.« Leicht drückt er meine Schulter, auf der weiterhin seine Hand liegt.
Unrecht hat er damit nicht einmal. Richard ist wie ausgewechselt.
»Vielleicht ist es der Schock vom Sturz«, rede ich mich heraus und nehme seine Hand bestimmt von der Schulter. »Wo ist eigentlich Kay?«
Meine Frage überrascht ihn, zumindest wirkt er so.
»Er ist heute mit Kathleen unterwegs.«
»Ah!«, kommt es aus meinem Mund, wobei ich die aufkommende Eifersucht unterdrücken muss.
›Sie ist nur eine langjährige Freundin!‹
»Sie muss zum Arzt und brauchte einen Fahrer, weil ihr Auto zur Zeit in der Werkstatt ist«, meint er gelassen, schnappt sich den Sattel und mustert mich erneut kritisch. »Kann ich dich allein lassen?«
Ich blinzle irritiert.
»Ähm, klar.«
Warum konnte er nicht mit seiner Schwester fahren? Das hätte doch wesentlich mehr Sinn gemacht.
***
Ich schalte den Fernseher aus, schmeiße die Fernbedienung auf die Couch und gehe ins Bad. Nachdem Phelan wegfuhr, habe ich nur noch meinen Rundgang durch den Stall gemacht und bin danach in die Wohnung. Dort schob ich eine Tiefkühlpizza in den Ofen und machte es mir vor dem Fernseher gemütlich.
»Ob Kay zurück ist?«, überlege ich laut, während ich die Zahnpasta auf die Zahnbürste drücke. Ich hätte ihn heute gern gesehen, aber Kathleen scheint gerade interessanter für ihn zu sein. Soeben wird mir bewusst, dass er heute nicht einmal auf dem Hof gearbeitet hat.
»Er nahm sicherlich frei für Kathleen«, murre ich, schüttle dabei den Kopf. »Seit wann bin ich bitte eifersüchtig?«
›Es gab bis jetzt auch keine Gründe, wegen jemandem eifersüchtig zu sein‹, spielt nun meine innere Stimme mit.
Und es stimmt. Außer Scott gab es niemanden in meinem Leben und wenn, verpuffte die Freundschaft, bevor irgendwas entstehen konnte.
Ich seufze.
Nach dem Zähneputzen schlurfe ich ins Schlafzimmer, ziehe mich um und schaue auf den Wecker. 22:30 Uhr. Normalerweise schlafe ich zu diesem Zeitpunkt schon seit über einer halben Stunde. Aber ich musste ja unbedingt den Dokumentationsfilm über die Brumbies und ihr Leben im Outback schauen. Ich lösche das Licht und schlüpfe unter die Decke. Herrlich! Was gibt es Schöneres, als nach einem anstrengenden Tag im Bett zu liegen?
Gerade will ich mich einkuscheln, als es klopft. Ich horche. Wieder klopft es. Ernsthaft?
›Wird Kay sein‹, meint die innere Stimme und mein Herz hüpft vor Freude in die Höhe.
Aber genau deswegen kann er warten, bis er grün wird! Sich den ganzen Tag nicht melden und dann angekrochen kommen, ich glaube, ich spinne!
Erneut klopft es.
›Und wenn es Richard ist, der Hilfe braucht?‹ Stöhnend schlage ich die Decke zurück, stehe auf und schlurfe zur Tür.
»Hi!«
»Dein Ernst?«, frage ich mit verengten Augen, da tatsächlich Kay vor mir steht.
»Sorry, hab vorhin noch Licht gesehen, da dachte ich mir ...«
»Was hast du gedacht? Dass man so spät noch auftauchen kann?«, bringe ich empörter heraus, als ich will.
»Ich weiß, Kathleen hatte den ganzen Tag voll mit Terminen und danach waren wir noch kurzfristig bei meinen Eltern zum Essen eingeladen«,