Siana. Jasmin Windfeder
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Читать онлайн книгу Siana - Jasmin Windfeder страница 10
Die Ahnungslose zu spielen ist vielleicht nicht die beste Lösung, aber für mich gerade die naheliegendste.
»Zum Beispiel, warum du einfach abgehauen bist?«
›Vielleicht, weil du eine fremde Frau im Arm gehalten hast?‹, denke ich und würde es ihm gerne an den Kopf werfen. Stattdessen brumme ich:
»Hatte Kopfschmerzen und wollte ein Nickerchen machen, aus dem du mich soeben aufgeweckt hast.«
Er sieht mich prüfend an.
»Phelan meinte, dass du angepisst warst.«
»Meine Güte, darf ich nicht einfach müde sein und mich hinlegen wollen?«, blaffe ich ihn an, ohne es zu beabsichtigen.
»Müde? Eben waren es noch Kopfschmerzen.«
›Shit!‹ Genau das ist einer der Gründe, warum ich es hasse zu lügen – ich kann es nämlich nicht.
»Ähm ...«
»Was ist der wirkliche Grund?« Seine Stimme nimmt einen wärmeren Tonfall an, als sonst, und er sieht mir direkt in die Augen.
Statt eine Antwort zu geben, zucke ich nur mit den Schultern.
»War es etwa wegen Kathleen?«, gräbt er weiter.
»Der Kandidat hat hundert Punkte!«, knurre ich, obwohl es in meinen Ohren eher nach einem Krächzen klingt.
Er lacht, macht einige Schritte auf mich zu und nimmt auf einmal mein Gesicht in die Hände. Ich bin so perplex, dass ich es einfach geschehen lasse.
»Du bist eifersüchtig«, raunt er, dabei streift sein Atem mein Gesicht und hinterlässt ein angenehmes Prickeln.
Kaum sichtbar schüttle ich den Kopf.
»Doch, aber ich finde es süß.« Diesmal haucht er die Worte nur noch knapp vor meinen Lippen.
Das Prickeln, das sich eben nur in meinem Gesicht befand, breitet sich über dem ganzen Körper aus und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass ich seine Lippen spüren kann. Als könnte er Gedanken lesen, legt er in diesem Moment die Lippen sanft auf meine.
»Kathleen ist nur eine gute Freundin«, raunt er, nachdem er den Kuss viel zu früh hat ausklingen lassen.
Zwar kann ich es nicht wirklich glauben, dass sie nur eine Freundin sein soll, aber sein Kuss hat mir die Sinne so benebelt, dass es mir in diesem Moment schlichtweg egal ist. Ungefragt kommt er in die Wohnung.
»Ich kenne sie schon ihr Leben lang, denn wir sind zusammen aufgewachsen«, meint er, während er sich umsieht und danach im Wohnzimmer auf der Couch Platz nimmt.
Ich setze mich auf den freien Platz neben ihm.
»Ich liebe sie, das stimmt, aber eher wie eine Schwester und nicht wie eine Freundin.« Er sieht mir in die Augen, dabei streicht er mir zärtlich mit dem Daumen über die Wange. »Sie und Phelan bedeuten mir viel.«
Ich ergreife seine Hand, ziehe sie von der Wange, lasse sie aber nicht los.
»Wie ist es eigentlich, in einer anderen Familie aufzuwachsen?«, frage ich leise, fast schüchtern, aus Angst einen wunden Punkt zu erwischen.
Liebevoll streicht er mit dem Daumen über meinen Handrücken, was ein kribbelndes Gefühl hinterlässt.
»Ich kenne es nicht anders. Veronika und Jörg, also meine Adoptiveltern, waren von Anfang an ehrlich und erzählten mir, dass ich adoptiert bin. Trotzdem behandelten sie mich wie ihren eigenen Sohn. Ich wollte Richard nur kennenlernen, um zu wissen, wo meine Wurzeln liegen.«
Kay zieht mich etwas näher an sich und legt die Stirn an meine.
»Ich hatte Glück mit dieser Familie. Von einigen Freunden, die auch adoptiert wurden, hörte ich viel Schlimmes. Leider hat man außerdem mit den leiblichen Eltern ebenfalls nicht immer Glück.«
Ich nicke traurig und rutsche weg, um etwas Abstand zu gewinnen. Kay betrachtet mich bestürzt.
»Habe ich was Falsches gesagt?«
»Nein. Aber ich musste gerade an meine eigene Familie denken«, seufze ich leise und schlucke einen dicken Kloß herunter, der soeben entstanden ist.
»Was ist damit?«, will er mitfühlend wissen.
»Für Dad war ich immer die kleine Prinzessin, aber ...« Ich stocke. »Mit meiner Mutter hatte ich es nie wirklich gut. Bei ihr habe ich bis heute das Gefühl, nur geduldet, aber nicht geliebt zu werden.«
Ich senke den Blick zu Boden, doch er drückt mein Kinn sanft mit der anderen Hand nach oben, sodass ich ihm in die Augen schauen muss. Sie strahlen eine Wärme aus, die sofort mein Herz berührt.
»Vielleicht kann sie keine Liebe zeigen?«, fragt er vorsichtig.
»Doch, das kann sie. Bei Finn, meinem kleinen Bruder, schafft sie es. Bitte versteh mich nicht falsch. Ich liebe ihn und würde sofort alles stehen und liegen lassen, wenn etwas mit ihm wäre, aber zu sehen, dass er allein die mütterliche Liebe bekommt, die ich nie hatte, tut weh.«
Kay lässt meine Hand los und streichelt mein Gesicht. Verdutzt blicke ich ihn an, während mir erst jetzt bewusst wird, dass mir Tränen über die Wangen rollen.
»Hey. Alles gut. Komm her«, flüstert er, wobei er mich in seine Arme zieht.
Seine Berührung, das tröstende Streicheln auf dem Rücken, bewegt mich dazu, noch stärker zu weinen. Es scheint, als müsse der ganze Schmerz raus, der sich all die Jahre in mir aufgestaut hat.
Nach und nach beruhige ich mich erneut. Die Tränen versiegen, nur noch vereinzelte Schluchzer erschüttern meinen Körper.
»Es tut mir leid«, murmle ich an seiner Brust. Ein großer Fleck ist auf dem Shirt zu sehen.
»Muss dir nicht leidtun. Irgendwann muss der Schmerz halt raus.« Sanft drückt er mich von sich und betrachtet mich mit einem Lächeln.
Mit dem Handrücken wische ich mir über das Gesicht, dabei versuche ich ebenso zu lächeln.
»Du bist sogar verheult wunderschön.« Kay grinst, nimmt meine Hand in seine und küsst sie, ohne den Blick von mir abzuwenden.
Meine Wangen werden warm und der Wunsch, seine Lippen nochmals zu spüren, wird stärker. Kurz beiße ich mir auf die Unterlippe. Ohne abzuwarten, ob er abermals den ersten Schritt macht, schnelle ich nach vorn und küsse ihn.
Sanft erwidert er diese Zärtlichkeit.
Kapitel 4
Dienstag
Du siehst erholt aus«, ruft Richard von der Bande aus zu mir herüber. »Anscheinend hast du eine kleine Auszeit gebraucht.«
›Oh ja, eine Auszeit vom tristen