Stolz und Vorurteil. Jane Austen
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Читать онлайн книгу Stolz und Vorurteil - Jane Austen страница 13
Mrs. Hurst sang mit ihrer Schwester, und währenddessen konnte Elizabeth, die in einigen auf dem Klavier liegenden Notenheften blätterte, nicht umhin zu bemerken, wie häufig Mr. Darcy seinen Blick auf sie gerichtet hatte. Sie wusste zwar nicht recht, wie sie dazu kam, von einem so bedeutenden Mann beachtet zu werden, aber dass er sie ansehen sollte, weil er sie nicht mochte, kam ihr noch unwahrscheinlicher vor. Schließlich fand sie keine andere Erklärung für seine Aufmerksamkeit, als dass sie nach seinen moralischen Vorstellungen irgendwelche tadelnswerten und unschönen Eigenschaften besaß und er sie deshalb studierte. Aber diese Vermutung tat ihr nicht weh. Sie fand ihn zu wenig sympathisch, als dass sie auf seine Zustimmung Wert legte. Nach einigen italienischen Liedern zauberte Miss Bingley mit einem lebhaften schottischen Tanz eine andere Stimmung herbei; und gleich darauf kam Mr. Darcy zu Elizabeth und sagte zu ihr:
»Haben Sie nicht Lust, Miss Bennet, die Gelegenheit zu einem Schottischen wahrzunehmen?«
Sie lächelte, antwortete aber nicht. Verblüfft über ihr Schweigen, wiederholte er seine Frage.
»Ach so«, sagte sie. »Ich hatte Sie schon beim ersten Mal gehört, aber ich war mir noch nicht schlüssig, was ich antworten sollte. Ich weiß, Sie wollten ein ›Ja‹ hören, damit Sie das Vergnügen haben, sich über meinen Geschmack lustig zu machen. Aber ich mache mir immer einen Spaß daraus, Leute aus dem Konzept zu bringen, indem ich ihre im Voraus feststehende Geringschätzung ins Wanken bringe. Deshalb habe ich nun beschlossen, Ihnen zu antworten, dass ich überhaupt keine Lust habe, einen Schottischen zu tanzen – und nun verachten Sie mich, wenn Sie den Mut haben.«
»Nein, den Mut habe ich nicht.«
Elizabeth hatte erwartet, er würde beleidigt sein, und seine Artigkeit verblüffte sie. Aber ihre Mischung aus Charme und Ironie hinderte sie daran, überhaupt jemanden zu beleidigen. Und Darcy war noch nie von einer Frau so gefesselt gewesen. Er war ernsthaft überzeugt, sie hätte eine Gefahr für ihn bedeutet, wenn ihre Familie sozial nicht so weit unter ihm gestanden hätte.
Was Miss Bingley sah oder argwöhnte, genügte, ihre Eifersucht zu wecken, und ihre große Sorge um die Genesung ihrer lieben Freundin Jane erhielt durch den Wunsch, Elizabeth loszuwerden, einige Unterstützung.
Sie versuchte oft, Darcy gegen den Gast einzunehmen, indem sie von seiner anscheinend bevorstehenden Hochzeit sprach und sein Glück bei der Verbindung plante.
»Hoffentlich geben Sie«, sagte sie, als sie am nächsten Tag gemeinsam im Garten auf- und abgingen, »Ihrer Schwiegermutter, wenn das erstrebenswerte Ereignis endlich stattfindet, ein paar Hinweise, wann sie den Mund halten soll. Wenn Sie es schaffen, sorgen Sie bitte dafür, dass die jüngeren Mädchen nicht immer hinter den Offizieren herlaufen. Und wenn Sie es übers Herz bringen, ein so delikates Thema zu berühren, versuchen Sie doch bitte, das an Arroganz und Impertinenz grenzende gewisse Etwas der Dame Ihres Herzens im Zaum zu halten.«
»Haben Sie sonst noch irgendwelche Vorschläge für mein häusliches Glück?«
»O ja, hängen Sie die Porträts ihres Onkels und ihrer Tante Philips unbedingt in die Galerie in Pemberley, und zwar direkt neben Ihren Großonkel, den Richter. Sie haben nämlich denselben Beruf, wenn auch unter verschiedenen Vorzeichen. Und Elizabeths Bild – ja, das sollten Sie lieber nicht malen lassen, denn welcher Maler könnte ihren schönen Augen Gerechtigkeit widerfahren lassen.«
»Sie haben recht, ihren Ausdruck wiederzugeben wäre sicher nicht einfach, aber ihre Farbe und Form und die bemerkenswert langen Wimpern könnte man schon treffen.«
In diesem Augenblick trafen sie auf Mrs. Hurst und Elizabeth selbst, die einen anderen Weg entlangkamen.
»Ich wusste gar nicht, dass ihr auch spazieren gehen wolltet«, sagte Miss Bingley in der Befürchtung, sie könnten mitgehört haben.
»Das war gemein von euch«, sagte Mrs. Hurst, »wegzulaufen, ohne uns zu sagen, dass ihr in den Garten geht.«
Dann hakte sie Mr. Darcy an der anderen Seite ein und überließ Elizabeth sich selbst. Der Weg war nur breit genug für drei. Mr. Darcy spürte ihre Rücksichtslosigkeit und sagte schnell:
»Der Weg ist nicht breit genug für uns alle. Wir wollen lieber die Allee entlanggehen.«
Aber Elizabeth hatte nicht die mindeste Absicht, bei ihnen zu bleiben, und antwortete lachend:
»Nein, nein, bleiben Sie ruhig da. Sie sind so hübsch und vorteilhaft gruppiert. Ein Vierter würde das Pittoreske9 des Bildes nur zerstören. Auf Wiedersehen.«
Dann lief sie fröhlich weg und freute sich beim Herumstreifen darüber, dass sie hoffentlich in ein oder zwei Tagen wieder zu Hause sein würde. Jane hatte sich so weit erholt, dass sie am Abend ihr Zimmer schon für ein paar Stunden verlassen konnte.
Kapitel 11
Als die Damen sich nach dem Essen zurückzogen, lief Elizabeth zu ihrer Schwester hinauf. Sie vergewisserte sich, dass sie warm genug angezogen war, und begleitete sie in das Wohnzimmer, wo sie von ihren beiden Freundinnen mit vielen Freudensbekundungen empfangen wurde, und Elizabeth hatte die beiden nie so verträglich gesehen wie während der Stunde vor dem Erscheinen der Herren. Sie beherrschten die Kunst der Konversation in hohem Maße, konnten Unterhaltungen genau wiedergeben, eine Anekdote humorvoll erzählen und verstanden es, ihre neue Freundin aufzuheitern. Aber als die Herren eintraten, war Jane nicht mehr der Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Miss Bingleys Augen richteten sich sofort auf Darcy; noch bevor er richtig im Zimmer war, musste sie ihm unbedingt etwas erzählen. Er gratulierte Miss Bennet höflich zu ihrer Genesung, Mr. Hurst machte eine knappe Verbeugung und murmelte »sehr erfreut«, aber nur Mr. Bingleys Begrüßung wirkte herzlich und überschwänglich. Er war ganz Aufmerksamkeit und Freude. Die erste halbe Stunde war er damit beschäftigt, das Feuer im Kamin zu richten, damit ihr der Temperaturwechsel nicht schadete, und auf seinen Wunsch setzte sie sich auf die andere Seite des Kamins, weiter weg von der Tür. Dann setzte er sich zu ihr und redete fast nur mit ihr. Elizabeth, in der anderen Ecke des Zimmers, sah es mit dem größten Entzücken.
Nach dem Tee erinnerte Mr. Hurst seine Schwägerin an das Kartenspiel – aber umsonst. Sie hatte irgendwie herausbekommen, dass Mr. Darcy zum Kartenspielen keine Lust hatte; und schließlich wies sie sogar seine unverhüllten Bitten mit der Versicherung ab, niemand sei zum Spielen aufgelegt, und das Schweigen im Raum gab ihr offenbar recht. Mr. Hurst blieb deshalb nichts anderes übrig, als sich auf einem Sofa auszustrecken und einzuschlafen. Darcy nahm ein Buch zur Hand, Miss Bingley machte es ihm nach, und Mrs. Hurst, vorwiegend damit beschäftigt, mit ihren Armreifen und Ringen zu spielen, beteiligte sich hin und wieder am Gespräch ihres Bruders mit Miss Bennet.
Miss Bingleys Aufmerksamkeit konzentrierte sich ebenso sehr auf Mr. Darcys Fortschritte beim Lesen wie auf ihre eigene Lektüre, und ständig fragte sie ihn irgendetwas oder sah auf seine Seitenzahl. Er ließ sich aber nicht auf ein Gespräch ein, sondern beantwortete nur ihre Fragen und las weiter. Schließlich war sie von der Anstrengung, ihr eigenes Buch unterhaltsam zu finden, völlig erschöpft, denn sie hatte es nur genommen, weil es der zweite Band zu seinem war. Sie gähnte herzzerreißend und sagte:
»Eine Abendunterhaltung wie diese ist das reinste Vergnügen! Bei keiner Beschäftigung amüsiert man sich besser als beim Lesen. Alles andere wird viel schneller langweilig. Wenn ich eines Tages ein Haus besitze, dann werde ich mich unglücklich fühlen, solange ich keine ausgezeichnete Bibliothek habe.«
Niemand antwortete. Sie gähnte noch einmal, warf das Buch beiseite und ließ auf der Suche nach Ablenkung die Augen im Zimmer herumwandern. Als