Stolz und Vorurteil. Jane Austen
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Читать онлайн книгу Stolz und Vorurteil - Jane Austen страница 10
»Ich auch nicht«, sagte Miss Bingley.
»Dann stellen Sie an eine gebildete Dame aber sehr hohe Ansprüche«, bemerkte Elizabeth.
»Ja, sehr hohe Ansprüche.«
»Natürlich«, rief seine treue Gehilfin, »niemand kann als wirklich gebildet gelten, der nicht den alltäglichen Durchschnitt weit überragt. Eine Frau muss eine umfassende Kenntnis von Musik, Gesang, Zeichnen, Tanzen und den modernen Sprachen haben, um die Bezeichnung zu verdienen; darüber hinaus muss sie das gewisse Etwas in ihrer Stimme und in ihrem Auftreten und Ausdruck haben, oder sie verdient die Bezeichnung nur zum Teil.«
»All das muss sie auszeichnen«, fügte Darcy hinzu, »aber etwas Wesentliches muss noch hinzukommen: Sie muss ihren Horizont durch ausgedehnte Lektüre erweitern.«
»Dann wundert es mich gar nicht, dass Sie nur sechs gebildete Frauen kennen; ich bin eher überrascht, dass Sie überhaupt welche kennen.«
»Halten Sie so wenig von Ihrem eigenen Geschlecht, dass Sie die Möglichkeit dazu ausschließen?«
»Mir ist jedenfalls eine solche Frau noch nie begegnet. Mir ist eine solche Verbindung von Auffassungsgabe und Geschmack und Strebsamkeit und Eleganz, wie Sie sie beschreiben, noch nie begegnet.«
Mrs. Hurst und Miss Bingley protestierten lautstark gegen die Ungerechtigkeit der von Elizabeth vorgebrachten Zweifel und behaupteten beide, sie kennten viele Frauen, auf die Darcys Beschreibung zutreffe, bis Mr. Hurst sie mit bitteren Klagen über ihre Unaufmerksamkeit beim Spiel zur Ordnung rief. Ihr Gespräch endete deshalb hier, und Elizabeth verließ kurz darauf das Zimmer.
»Eliza Bennet«, sagte Miss Bingley, als sich die Tür hinter ihr schloss, »ist eine von diesen jungen Damen, die sich dem anderen Geschlecht durch Untertreibung ihrer Fähigkeiten empfehlen wollen, und ich habe fast den Eindruck, dass viele Männer darauf hereinfallen. Aber ich finde, das ist ein sehr schäbiger Trick.«
»Unbedingt«, sagte Darcy, an den diese Bemerkung vor allem gerichtet war, »alle Tricks, die gewisse Damen zum Männerfang anzuwenden geruhen, sind schäbig. Alles, was nach Hinterlist aussieht, ist verächtlich.«
Miss Bingley war so wenig beglückt von seiner Antwort, dass sie nicht an einer Fortsetzung des Gesprächs interessiert war.
Elizabeth kam für einen Augenblick wieder herein, um ihnen zu sagen, dass es ihrer Schwester schlechter gehe und sie sie nicht allein lassen könne. Bingley drang darauf, Mr. Jones sofort holen zu lassen, aber die Schwestern waren überzeugt, ein Landapotheker könne hier nicht helfen, und empfahlen, durch Eilboten einen der berühmtesten Ärzte aus London herzubemühen. Aber Elizabeth lehnte das ab. Sie stimmte eher dem Bruder zu, und so wurde beschlossen, Mr. Jones gleich am nächsten Morgen rufen zu lassen, wenn es Miss Bennet bis dahin nicht wesentlich besser ginge. Bingley war sehr beunruhigt, und seine Schwestern behaupteten, sie fühlten sich ganz elend. Allerdings trösteten sie sich nach dem Abendessen mit Duetten über ihren Jammer hinweg, während Bingley nicht ruhte, bis seine Haushälterin genaue Anweisungen bekommen hatte, dem kranken Gast und seiner Schwester jede Bequemlichkeit zu schaffen.
Kapitel 9
Elizabeth verbrachte den größeren Teil der Nacht im Zimmer ihrer Schwester und konnte zu ihrer Freude sowohl Mr. Bingley, der sich schon früh durch ein Dienstmädchen nach Janes Befinden erkundigte, als auch zwei eleganten Damen, den Zofen seiner Schwestern, eine einigermaßen zufriedenstellende Antwort geben. Aber trotz dieser Besserung bat sie, eine Nachricht nach Longbourn zu schicken, ihre Mutter möge Jane besuchen und sich ein eigenes Urteil von ihrem Zustand bilden. Die Nachricht wurde augenblicklich abgeschickt und ihr Inhalt befolgt. Begleitet von ihren beiden jüngsten Töchtern, traf Mrs. Bennet kurz nach dem Frühstück ein.
Wäre Janes Zustand ihrer Meinung nach bedenklich gewesen, dann wäre ihr das sehr zu Herzen gegangen, aber da sie zu ihrer Zufriedenheit fand, dass ihre Krankheit zu Beunruhigung keinen Anlass gab, lag ihr an Janes zu schneller Besserung gar nichts, denn das hätte ihre Trennung von Netherfield bedeutet. Sie wollte deshalb auch von dem Vorschlag ihrer Tochter, nach Hause gebracht zu werden, nichts wissen; und auch der Apotheker, der zur gleichen Zeit eintraf, hielt es für keineswegs empfehlenswert. Nachdem die Mutter und ihre drei Töchter sich eine kurze Zeit an Janes Bett aufgehalten hatten, kam Miss Bingley herauf und bat sie ins Frühstückszimmer hinunter. Dort trafen sie Bingley, der Mrs. Bennet gegenüber seine Hoffnung ausdrückte, dass es ihrer ältesten Tochter nicht schlechter als erwartet gehe.
»Doch, Mr. Bingley, leider«, war ihre Antwort, »sie ist viel zu krank, um transportiert zu werden. Mr. Jones meint auch, an einen Transport sei gar nicht zu denken. Wir müssen Ihre Güte noch etwas länger in Anspruch nehmen.«
»Transport!«, rief Mr. Bingley, »kein Gedanke daran. Meine Schwester wird einen Transport auf keinen Fall zulassen.«
»Sie können sich darauf verlassen«, sagte Miss Bingley höflich, aber kühl. »Solange Miss Bennet bei uns bleibt, wird sie jede erdenkliche Pflege erfahren.«
Mrs. Bennet wusste sich vor Dankbarkeit nicht zu lassen.
»Ich weiß nicht«, fügte sie hinzu, »was aus Jane werden sollte, wenn sie nicht so gute Freunde hätte, denn sie ist schwerkrank und leidet sehr, obwohl mit der größten Geduld der Welt, aber so ist sie immer, denn sie ist die Sanftmut in Person. Ich sage immer zu meinen anderen Mädchen, Jane könnt ihr nicht das Wasser reichen. Sie haben ein allerliebstes Zimmer hier, Mr. Bingley, und so einen reizenden Blick auf die Auffahrt. Ich kenne keinen Sitz in der Umgebung, der sich mit Netherfield vergleichen kann. Sie werden doch nicht plötzlich wieder ausziehen, hoffe ich, obwohl Sie nur einen kurzfristigen Mietvertrag haben?«
»Wenn ich etwas tue, tue ich es plötzlich«, antwortete er; »sollte ich mich also entschließen, Netherfield aufzugeben, dann wäre ich sicher in fünf Minuten verschwunden. Aber im Moment betrachte ich mich als Dauermieter.«
»Genau das hatte ich von Ihnen erwartet«, sagte Elizabeth.
»Sie fangen an, mich zu verstehen, nicht wahr?«, rief er und wandte sich ihr zu.
»O ja, ich verstehe Sie ausgezeichnet.«
»Könnte ich das nur für ein Kompliment halten; aber ich fürchte, so leicht durchschaut zu werden, ist ein wahres Unglück.«
»Das ist nun mal nicht anders. Aber daraus geht doch nicht hervor, dass ein tiefer, komplizierter Charakter entweder mehr oder weniger schätzenswert als Ihrer ist.«
»Lizzy«, rief ihre Mutter, »vergiss nicht, wo du bist, und sei nicht so vorlaut, wie wir es dir zu Hause durchgehen lassen.«
»Ich wusste gar nicht«, knüpfte Bingley sofort wieder an, »dass Sie Charakterstudien treiben. Das ist doch sicher eine unterhaltsame Beschäftigung.«
»Ja, aber am unterhaltsamsten sind die komplizierten Charaktere. Den Vorteil wenigstens haben sie.«
»Nun gibt es auf dem Lande im Allgemeinen«, sagte Mr. Darcy, »nicht viele Studienobjekte dieser Art. In ländlichen Gegenden verkehrt man zu sehr in geschlossenen und gleichbleibenden Kreisen.«
»Aber die Leute selbst ändern sich ständig, so dass es immer etwas Neues an ihnen