Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis. Walter G. Pfaus
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"Da irren Sie sich!", erwiderte Clive.
"Für Ihre Leute war mein Vater doch ein Gangster!"
"Jetzt hören Sie mir mal gut zu", sagte Clive ziemlich gereizt. "Ihr Vater war zweifellos ein Gangster. Aber wir werden seine Mörder genau so verfolgen wie jeden anderen Verbrecher."
Oleg machte nur eine wegwerfende Geste.
"Packen Sie aus", forderte Orry. "Sie wissen so gut wie wir, dass der Tod dieser Menschen mit den Geschäften Ihres Vaters in Zusammenhang steht."
Oleg Shkoliov blickte auf. "Tut mir leid, ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen!"
"Um weiterhin Ihren Vater als Saubermann dastehen zu lassen ist zu viel passiert, Mister Shkoliov", gab Clive zu bedenken. "Das sollten auch Sie begreifen! Wenn Sie wirklich daran interessiert sind, die Mörder dingfest zu machen, dann helfen Sie uns!"
Shkoliov atmete tief durch, dann wandte er sich wortlos zum Gehen.
"Ich hoffe, Sie haben keine Reise vor, Mister Shkoliov", sagte Clive.
Oleg blieb stehen, drehte sich halb herum.
"Wieso?"
"Weil wir vielleicht noch ein paar Fragen an Sie hätten!"
Er antwortete nicht, ging auf den Ausgang zu.
"Den Kerl müssen wir im Auge behalten", meinte ich. "Ich schlage vor, dass Milo und ich uns an seine Fersen heften."
"Nichts dagegen einzuwenden", fand Clive. "Aber vielleicht solltet ihr ihn nicht mit dem Sportwagen beschatten."
17
Oleg Shkoliov stieg in eine Limousine, in der sich drei weitere Männer befanden. Bodyguards, wie ich vermutete.
Milo und ich folgten dem Wagen.
Dazu tauschten wir den Sportwagen gegen den unauffälligen Chevy, mit dem Clive und Orry zum Tatort gefahren waren.
Milo setzte sich hinter das Steuer, ich nahm auf dem Beifahrersitz Platz.
Oleg fuhr mit seinen Männern zunächst kreuz und quer durch Brooklyn. Unterwegs nahmen wir telefonisch Kontakt mit dem Field Office auf, um einige Daten über Oleg abzufragen. Unseren Erkenntnissen nach hatte Alex Shkoliov seinen Sohn ganz behutsam zum Nachfolger aufbauen wollen. Nach dem Geschmack des Juniors wohl etwas zu behutsam. Olegs eigene Geschäfte waren nicht besonders glücklich gewesen. Vor zwei Jahren hatte er wegen Schutzgelderpressung vor Gericht gestanden. Aber die Anwälte seines Vaters hatten dafür gesorgt, dass er glimpflich davongekommen war.
"Meinst du, Oleg hat etwas mit diesem Massaker zu tun?", fragte Milo. "Ich meine, für ihn ist doch jetzt in Brooklyn die Bahn frei..."
Ich schüttelte den Kopf.
"Vielleicht hat Oleg seinen Vater insgeheim zur Hölle gewünscht..."
"...oder ins Altenheim, Jesse!"
"Ist das denn ein wesentlicher Unterschied?"
"In der Preisklasse, die Alex Shkoliov sich hätte leisten können, ganz gewiss!"
"Wie auch immer. Diejenigen, die dieses Attentat zu verantworten haben, wollten die gesamte Organisation der Ukrainer von Brooklyn nicht nur enthaupten, sondern auslöschen."
"Also doch Rache der Scarlatti-Familie!"
"Ja."
"Trotzdem... Jesse, dieser Oleg erschien mir wie jemand, der seine Gefühlsausbrüche nur vorspielt."
"Trauer zu heucheln ist noch kein Straftatbestand, Milo!"
"Mag ja sein. Aber ich sag dir, mit dem Kerl ist irgendetwas faul!"
Wir folgten Oleg Shkoliov in die Rowland Lane. Im Haus Nr. 345 bewohnte Oleg ein Loft. Die Erbauer des Hauses hatten versucht, den Cast Iron-Stil zu kopieren, wie man ihn vor allem in Greenwich Village fand. Wir parkten den Chevy in der Nähe und blieben im Wagen. Glücklicherweise war die Rowland Lane voll von kleinen Geschäften. Entsprechend zahlreich waren die Passanten, sodass wir nicht allzu sehr auffielen.
Eine Dreiviertelstunde blieb Oleg in seiner Wohnung.
Wir sprachen zwischendurch telefonisch mit Mister McKee.
"Ich werde versuchen, eine Telefonüberwachung von Mister Shkoliovs Anschlüssen zu erwirken", erklärte unser Chef. "Allerdings dürfte das kompliziert werden. Es liegt bislang einfach zu wenig gegen den jungen Shkoliov vor. Und was das Attentat auf seinen Vater und dessen Gefolge angeht, so stehen nun wirklich andere vor Oleg auf der Verdächtigenliste!"
Wir warteten geduldig.
Schließlich verließ Oleg wieder seine Wohnung.
Stets war er von seinen Männern flankiert.
Sein Jackett saß knapper als zuvor. Es sah aus, als hätte er ein paar Kilo zugenommen. Offenbar trug er jetzt eine Kevlar-Weste unter der Kleidung.
Gemeinsam mit seinen drei Bodyguards bestieg er seine Limousine.
Oleg nahm auf dem Beifahrersitz Platz.
Wir hängten uns an das Quartett dran.
Es ging Richtung Norden.
Etwa zehn Minuten später folgten wir Oleg und seinen Leuten über die Brooklyn Bridge.
Das Wasser des East River glitzerte in der Sonne. Am