Drei Historische Liebesromane: Das 1500 Seiten Roman-Paket Sommer 2021. Alfred Bekker
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„Und jetzt gebt Eurem Gaul etwas Druck in die Weichen, sonst wird man Euch in einem Jahr noch hier festhalten!“, raunte Branaguorno.
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Wenig später ritten die Drei eine der breiten Straßen entlang, die sich wie ein Netz durch die Stadt zogen.
„Es sind mehr Menschen in der Stadt, als vor Jahren bei meinem letzten Besuch“, sagte Fra Branaguorno. „Und es gibt weniger Ruinen, in denen Bettler hausen...“
„Das seht Ihr auf einen Blick?“, fragte Arnulf.
„Oh ja! Diese Stadt mag Euch wie ein riesiger Wald aus Häuser und Menschen erscheinen, wenn Ihr sie mit Magdeburg, Köln oder Venedig vergleicht. Aber schaut genau hin... Sie wurde einst für mehr Menschen gebaut, als hier zurzeit leben. Das seht Ihr schon an der Mauer!“
„Ja, das ist mir auch aufgefallen“, stellte Arnulf fest. In seiner Heimat besaßen wenige Städte eine Stadtmauer und dann passte sie dem Ort zumeist so schlecht wie eine zu eng geratenes Kettenhemd, das ein Ritter von seinen Vorfahren ererbt oder bei einem arg schmächtigen Gegner im Turnier gewonnen hatte. Die Mauern Konstantinopels hingegen waren großzügig bemessen. Zu großzügig.
Sie ritten durch die Außenbezirke, vorbei an der Pege-Kirche, wie Fra Branaguorno das Gotteshaus zu ihrer Linken nannte.
Ganz außen, in der Nähe der Mauern lebten vornehmlich arme Leute in engen Gassen. Bettler, die sich in leer stehenden Häusern angesiedelt hatten, ebenso wie Tagelöhner, die darauf hofften, dass sie den Händlern beim Be- und Entladen der Waren helfen konnten, wenn sie zu den Märkten oder den verschiedenen Häfen der Stadt fuhren. Außerdem lebten Söldner der Wachmannschaften hier mit ihren Familien – abgesehen natürlich von den Angehörigen der Waräger-Garde, die einen weitaus höheren Status besaßen und sich – trotz ihrer barbarischen Herkunft – mit einer so bescheidenen Bleibe auch nicht zufrieden gegeben hätten. Die Nordmänner schienen zu wissen, wie wertvoll ihre Kriegskünste für den Kaiser von Konstantinopel und die Sicherheit der Stadt waren. Dementsprechend selbstsicher traten sie auch auf.
Nach den Quartieren der Armen in unmittelbarer Nähe der Mauern folgte ein Gebiet mit weitläufigen Gärten, die zu luxuriösen Villen auf den Hügeln zu beiden Seiten des Flusses Lykos gehörten. Es war offensichtlich, dass sich hier her die besonders Reichen und Edlen zurückzogen. Bewaffnete Wächter schritten an den Palisadenzäunen dieser angesichts der sonstige Enge der Stadt schon obszön weitläufigen Anwesen entlang. Manche Burg in Sachsen oder Franken hatte nicht die Ausmaße dieser Landsitze, die dazu auch noch inmitten einer Stadt lagen. Und dennoch von grünen Hügeln umgeben waren.
Arnulf zügelte sein Pferd und ließ den Blick einige Augenblicke schweifen.
„So sind die geradezu phantastischen Geschichten, die man sich über die Stadt des östlichen Kaisers erzählt also wahr“, murmelte der Knappe.
„Ja – und man stelle sich vor, welcher Abstieg es für eine Frau wie die inzwischen selige unseres Kaisers war, von Konstantinopel nach Magdeburg zu gehen“, meinte Arnulf.
„Oh, übertreibt in dieser Hinsicht nicht“, wandte Fra Branaguorno ein.
„Übertreiben?“, wunderte sich Arnulf. „Wie kann man den Unterschied zu übertrieben schildern, da er doch einfach für jedes menschliche Auge schlichtweg überwältigend ist!“
„Mag sein. Aber für Theophanu war es gewiss die glücklichste aller möglichen Fügungen, nach Magdeburg zu gelangen – auch wenn das Wetter dort sicherlich weitaus unfreundlicher ist, als man dies von der Küste Thraciens sagen kann...“
„Wie meint Ihr das?“
„Nun, das wissen nur wenige, und ich bin mir nicht sicher, ob ich es in aller Offenheit äußern sollte...“
Auf Arnulfs Stirn bildete sich eine Falte. „Nun ziert Euch nicht, Fra Branaguorno! Erst erweckt Ihr mein Interesse und dann belasst Ihr es bei ein paar geheimnisvollen Andeutungen!“
Fra Branaguorno seufzte. „Gut, so will ich Euch sagen, was man sich am Hof zu Magdeburg hinter vorgehaltener Hand erzählte: Theophanu war nicht von so adeligem Geblüt, wie es oft herausgestellt wurde.“
„Fließt nicht das Blut eines östlichen Kaisers in ihr?“
„Sie war die entfernte Nachfahrin eines nicht sehr geschätzten Feldherrn namens Konstantin Skleros, an den sich niemand mehr erinnert...“
„Also keine Purpurgeborene!“
„Nein. Allerdings sind jegliche Hinweise darauf aus den Dokumenten getilgt worden. Es wäre schwierig geworden, sie gut zu verheiraten und da war der Hof im Sachsenland die beste von vielen schlechten Möglichkeiten.“
„Oh, das habe ich in der Tat nicht gewusst“, gestand Arnulf zu. „Und ehrlich gesagt, erschien sie mir immer als eine sehr würdevolle Regentin...“
„Man kann viele Dinge lernen“, lächelte Fra Branaguorno. „Und wie es scheint, gilt das in manchen Fällen sogar für die hohe Geburt!“
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Sie erreichten jenseits der Arkadius–Säule wieder dichter bebautes Stadtgebiet. Auf den Straßen drängten sich Händler aus aller Herren Länder. Weithin sichtbar war ein über den Fluss Lykos gebautes Forum. Der Fluss mündete hier in die Bucht des Eutherios-Hafen. Arabische Daus wurde hier entladen – Getreideschiffe aus Ägypten, das schon in römischer Zeit die Kornkammer Byzantions gewesen war. Dass die Kaiser von Konstantinopel immer wieder in verlustreiche kriegerische Auseinandersetzungen mit den Arabern verwickelt waren, hatte daran offenbar nichts geändert. Neben den griechischen Schiffen legten hier auch die Langschiffe normannischer Händler an, die hier auf dem Rückweg aus dem Orient oft wochenlang festsaßen, weil sie auf günstige Strömung und Wind warten mussten, um den Bosporus in Richtung Schwarzes Meer passieren zu können. An einem der vor Anker liegenden Schiffe entdeckte Arnulf das Banner des Dogen von Venedig – allerdings war es in aller Bescheidenheit unterhalb des kaiserlichen Banners von Konstantinopel am Mast aufgezogen worden – denn formal gesehen war Venedig ein Teil des Machtbereichs von Kaiser Basileios. Allerdings ging man in der Lagunenstadt längst eigene Wege.
Arnulf kannte sich in dieser Hinsicht aus, den er war des Öfteren im Auftrag von Kaiser Otto dort gewesen, um die Möglichkeiten einer Annäherung zu erkunden.
Aber die Venezianer wollten offenbar von keinem der beiden Kaiser beherrscht werden und lavierten diplomatisch zwischen beiden hin und her, um eine größtmögliche Unabhängigkeit zu erhalten.
„Ich sehe nirgends die berühmten Kriegsschiffe, die das griechische Feuer senden können!“, sagte Arnulf an Fra Branaguorno gerichtet. Von den Siegen, die diese Schiffe gegen Araber und Normannen errungen hatten, erzählte man sich sogar in Venedig und Reisende hatten jene Geschichten sogar bis ins ferne Land der Sachsen getragen. Feuer, das