Betreuung und Pflege geistig behinderter und chronisch psychisch kranker Menschen im Alter. Группа авторов

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von psychiatrischen Erkrankungen führen ebenfalls zu Darmträgheit, daher sollten sie nur mit strenger Indikation verabreicht werden.

      Häufig ist die Flüssigkeitsbilanz nicht ausgeglichen, es werden wenig Obst und Gemüse, d. h. wenig ballaststoffreiche Nahrungsmittel gegessen. Verstopfung verursacht häufig Unwohlsein, Bauchschmerzen oder Schmerzen beim Absetzen des verhärteten Stuhls. Bei erschwerter Kommunikation können diese unangenehmen Beschwerden in Unruhe oder Aggressivität zum Ausdruck kommen oder in einer Verweigerungshaltung beim Besuch der Toilette. Durch eine verbesserte Flüssigkeitszufuhr, ballaststoffreiche Kost, Bewegung und ggf. Laxantien oder Klistiere kann der Stuhlgang reguliert werden.

      Gastroösophagealer Reflux tritt bei über 50 % geistig schwerbehinderter Menschen mit einem IQ < 35 auf (de Veer et al. 2008). Durch den Reflux gelangt säurehaltiger Mageninhalt in die Speiseröhre und kann von dort bis in die Mundhöhle gelangen. Die Zähne werden durch die Säure angegriffen und werden kariös, die Säure führt zu Entzündungen der Schleimhaut, die sich als Halsschmerzen oder als Brennen hinter dem Brustbein äußern können. Menschen mit schwerer geistiger Behinderung, mit Zerebralparese oder Skoliose sind vermehrt betroffen. Die Patienten erbrechen sich, bei fortgeschrittener Entzündung der Schleimhaut kann es zu Bluterbrechen kommen. Ein länger andauernder Blutverlust kann zu Eisenmangel und Anämien führen. Als weitere Symptome treten Appetitlosigkeit, Rumination und Regurgitation sowie Schlafstörungen auf, die zu einer allgemeinen Unruhe führen, wenn die Patienten ihre Symptomatik nicht verbal adäquat ausdrücken können und daher keine Therapie erfolgt.

      1.4.9 Krebserkrankungen

      Das Risiko, an Krebs zu erkranken, nimmt mit zunehmendem Alter in der Gesamtbevölkerung zu. Bösartige Tumoren treten in bestimmten Bereichen des Verdauungstrakts bei Menschen mit geistiger Behinderung dreimal häufiger auf als in der Gesamtbevölkerung. Das erhöhte Risiko eines Speiseröhrenkrebses ist möglicherweise auf den häufig auftretenden Ösophagusreflux (Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre) zurückzuführen, der bei etwa der Hälfte der Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung vorliegt. Hinzu kommt das sog. Barrett-Syndrom (chronisch-entzündliche Veränderung des distalen Ösophagus als Komplikation des Refluxes), das bei jedem vierten schwer behinderten Menschen vorliegt und die Ausbildung eines Adenokarzinoms zur Folge haben kann.

      Chronische Entzündungen der Gallenblase oder Gallensteine, die gehäuft auftreten bei Menschen mit schwerer geistiger Behinderung, bilden ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Karzinoms der Gallenwege. Das Risiko, an einem Schilddrüsenkrebs zu erkranken, ist bei der Personengruppe, die Störungen des Schilddrüsenstoffwechsels aufweist, um ein Zweifaches erhöht, und Menschen mit schwerer geistiger Behinderung zeigen eine um das 3,5-fache höhere Gefährdung, an einem Karzinom des Nervensystems zu erkranken (Patja et al. 2001).

      Eine erhöhte Mortalität durch Tumorerkrankungen, wie beispielsweise Kolonkarzinome, kann möglicherweise auch auf eine verzögerte Diagnosestellung bei nur selten ausgeführten Vorsorgeuntersuchungen zurückgeführt werden (Sappok T. 2019). Tumore werden bei bestimmten genetischen Syndromen vermehrt diagnostiziert, beispielsweise tritt die akute lymphoblastische Leukämie bei Menschen mit Down-Syndrom 20-mal häufiger auf als in der Gesamtbevölkerung.

      1.4.10 Relatives Sterberisiko bei ausgewählten Krankheitsbildern

      Abb. 5 stellt das relative Sterberisiko für ausgewählte Krankheitsbilder bei geistig behinderten Menschen über 60 Jahren im Vergleich zur Gesamtbevölkerung dar. Deutlich erhöht ist das Risiko für Erkrankungen der Atemorgane und des Verdauungsapparats. Das Infektionsrisiko ist etwa doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung; häufig führt eine eingeschränkte Kommunikation dazu, dass Schmerzen und Beschwerden nicht mitgeteilt werden können und damit wird das Problem nicht erkannt. Das Risiko von Krebserkrankungen und Erkrankungen des Herzkreislaufsystems ist geringer als in der Gesamtbevölkerung.

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      Abb. 5: Relatives Sterberisiko für ausgewählte Krankheitsbilder bei geistiger Behinderung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (nach Patja et al. 2001)

      Schmerzen sind eine subjektive Erfahrung, denn jeder Mensch nimmt seinen Schmerzzustand anders wahr, verarbeitet ihn auf andere Weise und geht anders damit um, daher können Schmerzen nicht objektiviert oder gemessen werden. Menschen mit geistiger Behinderung leiden in gleicher Weise unter akuten oder chronischen Schmerzzuständen wie Menschen ohne Behinderung. Da sie häufig nicht in der Lage sind, ihre Schmerzen adäquat mitzuteilen, werden Schmerzzustände nicht erkannt und daher nicht behandelt. Mit zunehmendem Schweregrad der geistigen Behinderung sind die sprachlichen Fähigkeiten auch zur Mitteilung von Schmerzen eingeschränkt, daher sind Betreuer darauf angewiesen, aufgrund von Veränderungen im Verhalten Hinweise auf ein mögliches Schmerzerleben zu erkennen.

      Herr et al. (2011) schlagen fünf Schritte vor, um Schmerzen bei geistig behinderten Menschen festzustellen.

      1. An erster Stelle steht die Bemühung, eine Aussage des Betroffenen zu erhalten mit Bezug auf Ausmaß und Lokalisation bestehender Schmerzen. Wenn dies nicht möglich ist, erfolgt

      2. Feststellung von Krankheitszuständen oder Eingriffen, die Schmerzen verursachen können,

      3. Dokumentation von Veränderungen des Verhaltens, die einen Hinweis auf ein Schmerzerleben geben könnten,

      4. Besprechung der beobachteten Verhaltensänderungen mit Personen aus dem Umfeld des Betroffenen, die ihn kennen und Erfahrung haben mit Verhaltensänderungen, die möglicherweise Schmerzen zum Ausdruck bringen.

      5. Wenn keine Ursache für Schmerzen ermittelt werden kann, ist ein Versuch »ad juvantibus« ein Schmerzmittel zu verabreichen gerechtfertigt. Wenn die Verhaltensänderung verschwindet, spricht dies dafür, dass Schmerzen vorlagen und durch die Schmerzmittel gelindert werden konnten. Trotzdem soll die Ursache des Schmerzes geklärt werden, um eine kausale Behandlung der dem Schmerzzustand zugrundeliegenden Störung einleiten zu können.

      Lotan et al. (2012) haben ein Instrument zur Ermittlung von akuten Schmerzen bei Menschen mit geistiger Behinderung und Störungen der Kommunikation entwickelt, die »Non-Communicating Adults Pain Checklist (NCAPC)«. Die Autoren haben Verhaltensänderungen beobachtet, und sie unterscheiden (a) vegetative Reaktionen, dazu gehören die Veränderung der Gesichtsfarbe und eine unregelmäßige Atmung, von (b) Reaktionen höherer Hirnzentren, die verschiedene Schmerzaspekte verarbeiten und sich in charakteristischen Lauten, in emotionalen Äußerungen ausdrücken. Sie sind erkennbar an der Körpersprache, an der Mimik oder an Selbstschutzreaktionen, die den schmerzenden Körperteil gegenüber Berührung abschirmen.

      In der folgenden Tabelle (image Tab. 2) werden die ermittelten Äußerungen des Schmerzempfindens erläutert.

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      KategorienÄußerungen des Schmerzempfindens

      Eine Zuordnung von Verhaltensweisen zu möglichen Schmerzzuständen in bestimmten Körperregionen haben Sappok et al. (2019) ermittelt. Sie führen bespielweise anfallsartiges Wälzen und Schlagen auf dem Boden auf mögliche Koliken zurück. Schlagen ins Gesicht und Spucken kann ein

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