Betreuung und Pflege geistig behinderter und chronisch psychisch kranker Menschen im Alter. Группа авторов

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Heilungsprozessen sowie bei Krebserkrankungen (Calcinotto, 2019). Das Genom hat einen entscheidenden und zielgerichteten Einfluss auf die biologische Entwicklung etwa bis zum 30. Lebensjahr, es enthält jedoch nach heutigem Kenntnisstand keine spezifischen Instruktionen für das Altern, daher nimmt der Einfluss von Umweltfaktoren auf die Entwicklung im Alter möglicherweise zu.

      2. Die Effektivität zellulärer Reparaturmechanismen, die fortlaufend den entstandenen zellulären Schädigungen entgegenwirken, nimmt mit dem Alter ab.

      3. Eine den Organismus belastende Umwelt wie beispielsweise schlechte hygienische Verhältnisse, eine defizitäre gesundheitlich-medizinische Versorgung, Mangelernährung oder psychische Belastungen beschleunigen den Verlauf von Alternsprozessen.

      4. Das Verhalten des Individuums kann den Alternsprozess beeinflussen. Rauchen, Fehlernährung und Bewegungsmangel können Alternsprozesse beschleunigen, ein gesunder Lebensstil kann ihren Ablauf verlangsamen.

      Alternsprozesse verlaufen grundsätzlich bei geistig behinderten Menschen in gleicher Weise wie bei anderen Menschen. Das Ausmaß vorbestehender Schädigungen jedoch, die die Ursache der geistigen Behinderung bilden oder die im Lebenslauf entstanden sind, bestimmen auch das Ausmaß und vor allen Dingen den Verlauf von Alternsprozessen (Ding-Greiner/Kruse 2004).

      Bei Menschen mit geistiger Behinderung wird unterschieden zwischen Symptomen und Erkrankungen, die auf die Ursachen der geistigen Behinderung zurückzuführen sind – angeborene Schäden und Missbildungen – und den für das Alter typischen entzündlichen und degenerativen Erkrankungen, die genauso wie in der Gesamtbevölkerung auftreten. Alternsprozesse können angeborene Störungen überlagern.

      Multimorbidität tritt in der Gesamtbevölkerung im höheren Lebensalter auf. Barnett et al. (2012) definieren Multimorbidität als das gleichzeitige Vorliegen von zwei oder mehr Erkrankungen. In ihrer Arbeit analysieren sie Daten von Patienten aus der Gesamtbevölkerung aller Altersgruppen. Die Autoren differenzieren zwischen Multimorbidität körperlicher Erkrankungen einerseits und andererseits einer Kombination von mehr als zwei Erkrankungen sowohl im körperlichen als auch im psychischen Bereich. In der Gesamtstichprobe tritt Multimorbidität in 23,2 % auf, 8,3 % der Stichprobe zeigen eine Kombination von körperlichen und psychischen Erkrankungen. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil der multimorbiden Bevölkerung. Abb. 4 stellt die Ergebnisse dar.

      Die Autoren haben sozioökonomische Aspekte in ihre Analysen einbezogen. Die Ergebnisse zeigen, dass Multimorbidität bei niedrigem sozioökonomischem Status 10 bis 15 Jahre früher auftritt. Die Prävalenz von kombinierter körperlicher und psychischer Multimorbidität liegt bei der Personengruppe mit niedrigem sozioökonomischem Status im Durchschnitt bei 11 %, bei hohem sozioökonomischen Satus dagegen bei nur 5,9 %. Das Risiko, an einer

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      Abb. 4: Multimorbidität körperlicher Erkrankungen und Multimorbidität körperlicher und psychischer Erkrankungen in der Gesamtbevölkerung nach Alter (Barnett et al. 2012)

      psychischen Störung zu erkranken, steigt mit der Anzahl körperlicher Erkrankungen und ist bei eingeschränkten Lebensumständen deutlich erhöht.

      Multimorbidität tritt bei geistig behinderten Menschen häufiger auf als in der Gesamtbevölkerung. Kinnear et al. (2018) untersuchten 1023 geistig behinderte Menschen im Alter von 16 bis 83 Jahren, das Durchschnittsalter lag bei 43,9 Jahren. 45,1 % der Studienteilnehmer waren weiblich und 54,9 % männlich, 18,2 % zeigten ein Down-Syndrom.

      Zwei oder mehr Diagnosen wurden bei 98,7 % der Stichprobe erhoben. Diese hohe Prävalenz bedeutet, dass Multimorbidität bei Menschen mit geistiger Behinderung über den gesamten Lebenslauf zu beobachten ist. Im Gegensatz zur Gesamtbevölkerung findet sich keine wesentliche Zunahme im höheren Lebensalter. Die Anzahl der Diagnosen nimmt mit dem Schweregrad der geistigen Behinderung zu. In der Altersgruppe der 16- bis 24-jährigen Männer mit unterschiedlichem Schweregrad wurden 8 bis 12 Diagnosen gestellt, bei Frauen derselben Altersgruppe waren es 8 bis 13. In der Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren wurden bei Männern 9 bis 12 Diagnosen dokumentiert, bei Frauen waren es 12 bis 14.

      Die häufigsten Diagnosen bei Menschen mit geistiger Behinderung mit oder ohne Down Syndrom wurden von Kinnear et al. (2018) erhoben, die Ergebnisse zeigt Tabelle 1.

      Die Diagnosen treten bei Menschen mit geistiger Behinderung mit und ohne Down-Syndrom nicht mit gleicher Häufigkeit auf, da die Ursachen der geistigen Behinderung bei beiden Gruppen jeweils grundsätzlich andere sind. Während das Down-Syndrom auf eine Fehlverteilung der Chromosomen zurückzuführen ist, die zu einer Trisomie des Chromosoms 21 führt, gibt es viele unterschiedliche Ursachen für die Entstehung einer geistigen Behinderung ohne Down-Syndrom, wie beispielweise chromosomale Anomalien (in 20 %), intrauterine Intoxikationen (Alkohol, Drogen), Malnutrition, intrauterine Infektionen, perinatale Infektionen, Geburtskomplikationen (intrazerebrale Blutungen) oder Stoffwechselstörungen (Hypothyreose, Phenylketonurie).

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      DiagnoseMenschen mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom (N = 837)Menschen mit Down-Syndrom (N = 186)

      Neurologische Symptome wie Epilepsie, Ataxie, Gangstörung oder Zerebralparese treten deutlich häufiger bei Menschen mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom auf, während Erkrankungen der Haut wie Verdickung der Haut, Trockenheit der Haut, Störung der Nägel als Hautanhangsgebilde, Pilzinfektionen, Dermatitiden und Ekzeme häufiger bei Menschen mit Down-Syndrom auftreten. Einschränkungen der Sehfähigkeit sind in beiden Personengruppen in fast der Hälfte der Fälle vorhanden, Einschränkungen der Hörfähigkeit sind bei Menschen mit Down-Syndrom mit fast 40 % deutlich häufiger als bei Menschen mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom, die nur etwa zu einem Viertel betroffen sind.

      Das Erkrankungsrisiko einiger Organsysteme ist im Vergleich zur Gesamtbevölkerung bei Menschen mit geistiger Behinderung erhöht, dazu gehören die Sinnesorgane, die Schilddrüse, die Haut, das Herz-Kreislaufsystem und die Atemwege, sowie die Verdauungsorgane.

      1.4.1 Einschränkungen des Sehvermögens

      Einschränkungen des Sehvermögens finden sich bei Menschen mit geistiger Behinderung häufiger im höheren Lebensalter und bei höherem Schweregrad der Behinderung (Evenhuis 1995a), insbesondere bei Menschen mit Down-Syndrom. Bei 65–74-jährigen Menschen ohne Behinderung liegt die Prävalenz bei 6,5 %, bei Menschen dieser Altersgruppe mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom bei 17,4 %, bei Menschen dieser Altersgruppe mit Down-Syndrom bei 70 % (Kapell et al. 1998). Menschen mit einer (sehr) schweren geistigen Behinderung sind zu 23–37 % blind, 15–30 % zeigen eine Sehbeeinträchtigung (Warburg 2001).

      Einschränkungen der Sehfähigkeit bei jüngeren geistig behinderten Menschen werden durch eine angeborene Linsentrübung, pathologische Veränderungen der Hornhaut oder durch Erblindung, die auf eine Schädigung der Hirnrinde zurückzuführen ist, verursacht. In der Gruppe der älteren geistig behinderten Menschen fanden sich überwiegend senile Katarakte (Linsentrübung) oder Glaukome (grüner Star); dies sind Veränderungen, die mit höherem Alter auch in der Gesamtbevölkerung gehäuft auftreten.

      Die Versorgung von geistig behinderten Menschen mit einer Einschränkung der Sehfähigkeit ist häufig unzureichend, da es schwierig ist, eine Sehminderung einzuschätzen. Selbst eine Erblindung kann bei schwerer geistiger Behinderung mit erschwerter

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