Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters. Hardy Kettlitz

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Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters - Hardy Kettlitz SF Personality

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ruft an, doch das Telefon gibt kein Geräusch von sich. Herb beschließt, doch noch mitten in der Nacht zu Allin zu fahren. Als er dessen Haus erreicht, hört Herb das typische Lachen seines Freundes. Doch es ist niemand zu finden, nur eine Windböe zerzaust Herb das Haar.

      Es ist erstaunlich, worüber Bradbury Geistergeschichten ersonnen hat. Der Wind als böser Geist ist eine originelle Idee, und die Umsetzung der Geschichte ist hervorragend gelungen. Bradbury wählt die indirekte Erzählweise durch Telefondialoge, die sehr gut Allins Angst vermitteln. Mit dieser Geschichte löste er sich bereits von den traditionellen Themen und Erzählweisen der Horrorgeschichten, die sonst in WEIRD TALES gedruckt wurden.

      Die Geschichte wurde für die Serie THE RAY BRADBURY THEATER verfilmt, jedoch leider sehr langatmig und ohne die überzeugende Stimmung der Erzählung.

      (zusammen mit Henry Hasse, Frühjahr 1943 in CAPTAIN FUTURE, in keinem Sammelband; nicht auf Deutsch)

      Die Protagonisten in dieser Geschichte leben in einer Gemeinschaft auf dem technischen Niveau von Urmenschen. Ob sie sich auf der Erde oder einem anderen Planeten befinden, wird in der Geschichte nicht erwähnt. Gabriel – kurz Gab genannt – kehrt von der erfolgreichen Jagd mit erbeutetem Wild zurück und lässt sich gebührend bewundern, vor allem von der schönen Llya. Da findet ein Überfall von Invasoren statt, die regelmäßig die Gemeinschaft terrorisieren und aus Mordlust oder als Sport einige Menschen töten. Gab und Llya verstecken sich, und durch eine List gelingt es Gab, einen der Invasoren zu töten. Außerdem verfügt er über eine Waffe, die ihm einer der alten Männer vermacht hat. Doch Gab weiß nicht, wie er die Waffe anwenden soll – wenn man an dem einen Ende hineinbläst, erzeugt sie einen lauten Ton, doch mit einem Geräusch kann man niemanden töten. Gabs Rivale Muhn, der sonst eher feige war, bringt am Ende jedoch die Rettung: Er stößt in das Horn, und durch die Schallwellen gerät eine Lawine ins Rollen und erschlägt die restlichen Invasoren. Nun hat die Gruppe erst einmal Ruhe und kann sich der Waffen der Feinde bemächtigen. Und wer weiß, vielleicht finden sie sogar heraus, wie das Raumschiff der Bösewichte funktioniert …

      Es handelt sich um eine reine Abenteuergeschichte mit einigen Kämpfen und Heldentaten, wie sie dem Magazin entsprechen, in dem der Text erschienen ist. Im Pulp-Magazin CAPTAIN FUTURE sind nicht nur Geschichten erschienen, die direkt mit dem titelgebenden Captain zu tun haben, sondern auch unabhängige Erzählungen.

      (April 1943 in ASTONISHING STORIES, in keinem Sammelband, 1954 in Assignment in Tomorrow, Hrsg. Frederik Pohl; dt. »Die Ausflucht«)

      Dies ist vermutlich mit Abstand eine der schlechtesten Erzählungen, die Bradbury je geschrieben hat. Die Venusier planen eine Invasion der Erde, weil ihre eigenen Frauen kaum noch fortpflanzungsfähig sind. Die Menschen sind den Venusiern technisch vollkommen unterlegen, und so fasst man auf der Erde den Plan, den Außerirdischen ein Schnippchen zu schlagen, indem ein großer Teil der Weltbevölkerung eingefroren und versteckt wird. Über die Hälfte der Menschheit wird getötet, und die Gehirne der Verbleibenden werden in Hundekörper verpflanzt. Als die Venusier schließlich eintreffen, ist die Erde leer.

      Die Geschichte lässt den Leser fassungslos zurück, erschrocken über so viel himmelschreienden Blödsinn. Nichts an der Erzählung funktioniert, weder die Grundidee noch der zeitliche Ablauf. Wieso wollen und können sich Venusier mit menschlichen Frauen fortpflanzen? Wieso kommt man auf die Idee, dass sich die Menschheit fast selbst ausrottet, und wieso lassen sich das die Menschen gefallen? Wieso setzt sich niemand zur Wehr? Und wieso schrieb Bradbury so etwas überhaupt?

      Die Geschichte erfüllt jede Menge Klischeevorstellungen, die es gegenüber frühen Pulpmagazinen gibt. Es war eine kluge und richtige Entscheidung, dass der Text nie in einen Erzählungsband Bradburys aufgenommen wurde. Vielleicht wurde sie auch nur deshalb gedruckt, weil Bradbury mit dem Herausgeber von ASTONISHING STORIES, Frederik Pohl, befreundet war und Pohl bekanntlich Probleme hatte, sein Magazin mit Texten zu füllen.

      (Mai 1943 in WEIRD TALES, enthalten in Dark Carnival, The Small Assassin und The Stories of Ray Bradbury; dt. »Die gaffende Menge«)

      Diese Erzählung gehört inzwischen zu den wichtigen Bradbury-Klassikern, auch wenn sie auf Deutsch nur einmal in einer Anthologie erschienen ist.

      Mr. Spallner hatte einen Autounfall, und sofort sammelt sich eine Menschenmenge, um ihn anzustarren. Jemand hat einen Krankenwagen gerufen und Mr. Spallner, der nun benommen und verwirrt ist, wird in ein Krankenhaus gefahren. Ständig hat er die Gesichter der Menschenmenge vor Augen, die ihn angegafft hat. Zwei Tage später erwacht Mr. Spallner in seinem Krankenhausbett und ist noch immer etwas durcheinander. Er unterhält sich mit dem Arzt darüber, dass man in Ausnahmesituationen wie bei einem Autounfall die Zeit ganz anders wahrnimmt.

      Schließlich wird er nach zwei Wochen aus dem Krankenhaus entlassen. Die Menschenmenge am Unfallort geht ihm jedoch nicht aus dem Kopf, und so beginnt er selbst Unfälle zu beobachten und fotografiert die Menschenmenge. Dabei stellt er fest, dass immer wieder die gleichen Gesichter auftauchen und die Personen sogar jedes Mal die gleiche Kleidung tragen. Einige Zeit später hat Mr. Spallner einen weiteren Unfall. Und als er diesmal hilflos auf der Straße liegt und sich eine Menschenmenge um ihn sammelt, wird ihm klar, wer diese Leute sind. Sie entscheiden darüber, wer überlebt und wer stirbt, indem sie Erste Hilfe leisten oder nicht. Dabei können sie anderen gegenüber immer behaupten, sie hätten nicht gewusst, dass man einen verletzten Mann nicht bewegen darf. Und Mr. Spallner hat dieses Mal kein Glück. Er weiß, dass er bald selbst Mitglied dieser Menschenmenge sein wird.

      Eine sehr ungewöhnliche und originelle Geistergeschichte, in der das Wort »Geist« noch nicht einmal erwähnt wird.

      In der Verfilmung für die Serie THE RAY BRADBURY THEATER (Staffel 1, Folge 3) spielte Nick Mancuso die Hauptrolle, der den deutschen Zuschauern vor allem aus der Serie STINGRAY bekannt ist.

      (zusammen mit Leigh Brackett; Juli 1943 in WEIRD TALES, enthalten in Dark Carnival, The October Country und The Stories of Ray Bradbury; dt. »Die Sense«)

      Im Jahr 1938 ist eine hungrige Familie mit dem Auto unterwegs in eine ungewisse Zukunft. Als plötzlich die Straße endet, ist auch das Benzin ausgegangen. Der Vater Drew entdeckt ganz in der Nähe einen Bauernhof; im Haus liegt ein toter Mann, der ein Testament hinterlassen hat. Er vermacht all seinen Besitz dem, der ihn findet. Der Mann muss erst vor Kurzem gestorben sein, denn er hält einen noch nicht vertrockneten Weizenhalm in seinen Händen. An der Wand lehnt eine Sense, die die Inschrift trägt: Wer mich in Händen hält – hat Macht über die Welt. Drew und seine Familie sind froh, ein Dach über dem Kopf und genug zu essen zu haben. Und so übernimmt Drew die Aufgabe, den Weizen mit der Sense zu mähen. Doch der Weizen wächst seltsam, nicht flächig, sondern nur in Flecken. Und sobald er die Halme gemäht hat, beginnen sie zu verfaulen. Es dauert einige Zeit, bis Drew herausfindet, dass mit jedem Weizenhalm, den er abschneidet, ein Mensch irgendwo auf der Erde stirbt. Er will diese Aufgabe nicht weiter erfüllen, doch seine Frau Molly überzeugt ihn, dass er weitermachen muss. Eines Tages wird Drew klar, dass die Halme vor ihm die Leben seiner Familie sind, und er verschont sie. Kurz darauf brennt das Haus nieder, und er findet seine Frau und die beiden Kinder weder richtig am Leben noch tot. So bleibt ihm keine andere Wahl als die Halme trotzdem zu ernten. Doch

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