Dolmetschen in der Psychotherapie. Mascha Dabić

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Dolmetschen in der Psychotherapie - Mascha Dabić Translationswissenschaft

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institutional domains. (Pöchhacker 2004: 15)

      In einer schematischen Darstellung des konzeptuellen Spektrums des Dolmetschens bietet Pöchhacker eine Gegenüberstellung des Konferenzdolmetschens und des Kommunaldolmetschens, allerdings unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Arbeitstechnik des Dialogdolmetschens auch bei Konferenzen zur Anwendung kommen kann, es also Überschneidungen zwischen diesen beiden Kategorien gibt (2016: 17). Das Konferenzdolmetschen findet meist in einem internationalen Zusammenhang statt, während das Kommunaldolmetschen im intrasozietären Bereich angesiedelt ist. Das Konferenzdolmetschen findet typischerweise dort statt, wo sich Menschen in einem multilateralen Umfeld in ihren jeweiligen professionellen Rollen begegnen, mit vergleichbarem Status ausgestattet sind und größtenteils als RednerInnen („one-to-many“) kommunizieren. Das Kommunaldolmetschen dagegen findet dann statt, wenn in einem bilateralen Umfeld ein Fachmann bzw. eine Fachfrau mit einem Individuum kommuniziert („face-to-face“) und ein Machtungleichgewicht der Gesprächssituation immanent ist. In der differenzierten schematischen Darstellung findet der Umstand Berücksichtigung, dass auch im Konferenzdolmetschbereich dialogische Situationen stattfinden können, etwa wenn zwei Staatsoberhäupter ein dolmetschervermitteltes Gespräch führen. Zusammenfassend hebt Pöchhacker das wichtigste Alleinstellungsmerkmal für den Bereich des Community Interpreting mit folgenden Worten hervor: „In particular, the nature of community interpreting is best understood by bearing in mind that one of the parties involved is an individual human being, speaking and acting on his or her own behalf.“ (2016: 17). Die Betonung des Individuums ist im psychotherapeutischen Bereich von größter Relevanz.

      Bancroft fasst die Bezeichnungen für die Tätigkeit im Bereich des Community Interpreting zusammen (2015: 218):

       Public service interpreting

       Liaison interpreting

       Bilateral interpreting

       Dialogue interpreting

       Community-based interpreting

       Bidirectional interpreting

       Triangle interpreting

       Cultural interpreting

       Cultural (or intercultural) mediation

       Consecutive interpreting

       Contact interpreting

       Face-to-face interpreting

       Triad interpreting

       Discourse interpreting

       Social or intra-social interpreting

       Language mediation

      Es gibt also eine beträchtliche Anzahl an Bezeichnungen, um eine Tätigkeit zu beschreiben, die laut Bancroft auf einem simplen Konzept beruht: „Community interpreting is founded on a simple concept: giving a voice to those who seek access to basic services but do not speak the societal language“ (Bancroft 2015: 217). Die Vielzahl an Bezeichnungen ist Ausdruck der Vielfalt ebenso wie Ausdruck der fehlenden Regulierung bzw. Standardisierung dieser Tätigkeit.

      Hale betont die hohe Verantwortung von KommunaldolmetscherInnen für die Lebenssituationen der KlientInnen und stellt mit Bedauern fest, dass der niedrige soziale Status der Klientel gewissermaßen auf die KommunaldolmetscherInnen abfärbt, während im Gegenzug KonferenzdolmetscherInnen in den Genuss eines erhöhten Status kommen, da ihre KlientInnen in der Regel mit einem stärkeren finanziellen Hintergrund und höherer gesellschaftlicher Anerkennung ausgestattet sind (Hale 2007: 27).

      Zahlreiche Publikationen und Arbeiten, die sich mit dem Thema Community Interpreting befassen, sind für den Bereich der Psychotherapie relevant und liefern wertvolle Anregungen, etwa gesammelte Aufsätze zum Thema Sprache und Translation in der Rechtspraxis, in denen die AutorInnen sich mit unterschiedlichen Aspekten der verdolmetschten Kommunikation im Asylverfahren und bei Behörden auseinandersetzen, wie z. B. Rienzner & Slezak (2010). Eine kompakte Zusammenschau der Situation des Community Interpreting in Deutschland bietet Slapp 2004. Ein Überblick über die Forschung zum Kommunaldolmetschen in Österreich ist bei Grbić & Pöllabauer (2006) zu finden.

      4.1.1 Vergleich mit dem Konferenzdolmetschen: Faktor Professionalisierung

      Die Betrachtung des Community Interpreting erfolgt häufig unter dem Blickwinkel des hoch entwickelten Konferenzdolmetschbereichs, wodurch die Defizite im Bereich Community Interpreting stark zu Tage treten: fehlende Standards, fehlende Zertifizierungsverfahren, fehlende Karrieremöglichkeiten, niedrige Löhne.1 Die Grenzen zwischen dem professionellen Dolmetschen und dem nichtprofessionellen oder natürlichen Dolmetschen sind fließend (Pöchhacker 2016: 23).

      Bahadır ortet im Hinblick auf Professionalisierungsbestrebungen im Community Interpreting die Tendenz, das „Problematische“ dieses Kontexts „korrigieren“ zu wollen, und zwar in Anlehnung an das etablierte und anerkannte Berufsbild des Konferenzdolmetschers (2007: 218). Sie selbst zieht ebenfalls einen Vergleich zwischen dem Konferenzdolmetschen und dem Community Interpreting und spricht – polemisierend – von der „großen Schwester, die es geschafft hat“ (2007: 219), im Unterschied zum „enfant terrible“ Community Interpreting, das „weder drinnen noch draußen ist, die Tätigkeit des Simmelschen Fremden, eine Dazwischentätigkeit, weder so richtig Konferenzdolmetschen noch so richtig etwas Anderes“ (2007: 220). Die Professionalisierungsbestrebungen im Community Interpreting im Hinblick auf Standardisierungsverfahren, Formulierung von Normen und Bildung von Verbänden werden von Bahadır als ein sinnloses „Hinterher-Rennen“ charakterisiert. Einerseits ist es wohl tatsächlich vergeblich, im Asyl- und Migrationsbereich ähnliche Standards erreichen zu wollen wie im hochdotierten, hochfunktionalen und hochentwickelten Konferenzbereich (insofern hat Bahadır wohl nicht unrecht, wenn sie vom „sinnlosen Hinterher-Rennen“ spricht). Andererseits sind Professionalisierungsbestrebungen unbedingt zu begrüßen, da alle Beteiligten davon profitieren: die KlientInnen, die deutschsprachigen AbnehmerInnen der Dolmetschdienstleistung und die DolmetscherInnen selbst, denn ein höherer Grad an Professionalisierung führt zu mehr Selbstbewusstsein, einem breiteren Entscheidungsspielraum im Falle von berufsethischen Dilemmata und möglicherweise irgendwann auch zu höheren Honoraren und besseren Beschäftigungsverhältnissen. Was den letzten Punkt anbelangt, scheint sich derzeit im Sozialbereich jedoch keine solche Tendenz abzuzeichnen, wenn auch davon auszugehen ist, dass durch den Zustrom von Flüchtlingen der Asyl- und Migrationsbereich als solcher einen „Boom“ erleben wird bzw. derzeit bereits einen Boom erlebt; ob dies zu einer Erhöhung der Löhne in dem Bereich führen wird, bleibt abzuwarten bzw. zeichnet sich derzeit nicht ab.

      „Community Interpreting takes the interpreter into the most private spheres of human life“ stellt Hale fest – im Unterschied zu Konferenzen und Geschäftsverhandlungen, bei denen politische Entscheidungen oder neueste wissenschaftliche Entdeckungen diskutiert werden (2007: 25). In einer schematischen Darstellung fasst Hale die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zwischen dem Konferenzdolmetschen und dem Community Interpreting zusammen, wobei sie unter anderem Merkmale wie Sprachregister, Dolmetschmodus (simultan, konsekutiv, Flüsterdolmetschen, Vom-Blatt-Dolmetschen) berücksichtigt. Die Konsequenzen einer ungenauen Wiedergabe werden für das Konferenzdolmetschen als „mittelgradig“ eingestuft, bei Community Interpreting jedoch als „hochgradig“. Hale kritisiert die signifikant schlechtere Entlohnung im Community Interpreting, mit dem Hinweis darauf, dass bei Konferenzen die wichtigsten Entscheidungen ohnehin am Rande des Geschehens, ohne die DolmetscherInnen, gefällt würden, die DolmetscherInnen also eher Teil der Inszenierung seien als tatsächlich unabdingbar für die Verständigung; im Unterschied dazu wären

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