Lieblingsplätze Erzgebirge. Jan Hübler
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Schlagartig hellte sich unsere Laune auf: Flach auf den Lenker geschmiegt und mit vollem Karacho den Berg hinab. Was wir nicht ahnten und wussten: Die Abfahrt war fünf Kilometer lang! Der Wind pfiff uns ungeheuerlich um die Ohren. Ich linste auf meinen Tachometer und glaubte meinen vertränten Augen nicht zu trauen: Die Nadel pendelte weit jenseits der 60 am Anschlag! Es ergab sich auch ganz natürlich, so nebenbei noch zwei Trabis zu überholen. Unten in Telnice zitterten wir am gesamten Körper vom Adrenalinschub.
Diese verrückte Abfahrt an der Steilflanke des südlichen Erzgebirges, damals mit 17 Jahren, werde ich mein Leben immer in Erinnerung behalten. Ohne es bewusst zu erfassen, haben wir mit dieser Radtour die so typische Erzgebirgscharakteristik als Bruch- oder Pultscholle hautnah erlebt: der lange flache Anstieg von Norden her und der phänomenale Steilabfall des Gebirges an seiner Südflanke.
1 Ihr Vorname deutet Gefahr an
Dresden: Wilde Weißeritz im Plauenschen Grund
Mehr als vier Jahre bin ich beinahe täglich über diese alte Steinbrücke zu meinem Büro im Eiswurmlager geradelt, und automatisch drehte sich mein Kopf stets zum Fluss hin, was er denn heute so für einen Anblick bietet. Denn das ist das Verrückte: Er war nie derselbe, zeigte sich jedes Mal anders. Ein Teil des Wassers wird am Wehr abgezweigt und muss im kleinen Turbinenhäuschen Schwerstarbeit verrichten.
Im Sommer schwächelt die Wilde Weißeritz zumeist, plätschert harmlos über Kieselsteine. Eisvögel schießen wie Pfeile flach über das kleine Wellengekräusel, ein Fischreiher stelzt bedächtig am Ufer. Die Turbine steht still, der Fluss ist zu schwach. Temperamentvoller wird die Weißeritz, wenn es im Osterzgebirge regnet. Je übermütiger sie dahinschäumt, umso mehr bekommen die Anwohner Sorgenfalten. Der Flusspegel steigt, die Wasserfarbe wird schlammig braun, das Rauschen und der Widerhall vom Felsen erreichen rasch eine eindrucksvolle Lautstärke. Irgendwann muss die Turbine abgeschaltet werden, ein weißer Wasservorhang tost die Schräge am Kleinkraftwerk hinunter und donnert ins ursprüngliche Bachbett hinein. Das ist noch nicht das Maximum. Die Wilde Weißeritz kann noch eins draufsetzen wie im August 2002, als ihren ungeheuerlichen Fluten weder die 500 Jahre alte Brücke noch das Turbinenhäuschen standhielt. Millionenschäden entstanden damals auch in Dresden, als in Löbtau der Fluss in einer Kurve sein Bett verließ und seine ursprüngliche Rinne quer durch den Dresdner Hauptbahnhof und die Semperoper zur Elbe suchte und wiederfand.
In aufwendigen Baggerarbeiten wurde seitdem das Bachbett um zwei Meter tiefer gelegt, was sich als außerordentlich sinnvoll erwies, als im Juni 2013 ähnlich gewaltige Wassermassen zu Tal schossen, ohne größeren Schaden anzurichten.
Vom Bienertgarten führt ein Spaziergang durch die Alte Felsenkellerbrauerei hinauf zum Hohen Stein mit mehreren Aussichtspunkten.
1
Plauenscher Grund
Hegereiterbrücke am Eiswurmlager
01189 Dresden
2 Prachtexemplar am Steilhang
Glashütte: 1.000-jährige Eibe bei Schlottwitz
Schlottwitz im Müglitztal genießt im Schatten von Glashütte ein eher unauffälliges Dasein. Eine schnurgerade Straße führt durch den Ort. Die lose Bebauung macht es schwer, überhaupt einen Dorfkern zu erkennen. Doch ungefähr dort ist linker Hand talaufwärts gesehen ein kleiner einladender Parkplatz mit den Schautafeln des Wandergebiets Lederberg. Bevor es die Wanderstiefel zu schnüren gilt, lohnt sich ein Blick auf die Infowände. Schmuck- und Halbedelsteine lenkten schon in früheren Jahrhunderten die Aufmerksamkeit des Menschen auf sich. Bereits 1750 berichtete ein Bergmann fasziniert von Achatgängen mit weißem und rötlichem Amethyst im Müglitztal.
Ein Netz von Wanderwegen umspinnt den Lederberg, die gute Ausschilderung erleichtert die Wahl und weist die Richtung zum Eibenwald. Trittsicher sollte man schon sein, der Aufstieg ist steil, es gibt kein Geländer. Knorrige Bäume, die sich abenteuerlich an Felsen krallen, säumen den Pfad. Hauptaugenmerk sollte den dunklen und geheimnisvoll wirkenden Nadelbäumen gelten, die immer häufiger oberhalb des Weges durchs Dickicht schimmern. Das zähe Holz des urtümlichen Baumes wussten bereits unsere frühen Vorfahren zu schätzen. So trug der mehr als 5.000 Jahre alte Ötzi bei seiner Entdeckung einen Bogen aus Eibe.
Schneller als einem lieb ist, hat man nach kaum einem Kilometer den ältesten Eibenbaum erreicht. Auf einmal steht man vor ihm, stolpert über seine gewaltigen Wurzeln und staunt über dieses Labyrinth aus Tentakeln, die sich über den Boden ziehen und ihn wie Riesenschlangen umklammern. Der mächtige Stamm steht schief und braucht mit seiner mächtigen Krone diese feste Verankerung. Was für eine Eibe!
Beim Zurückwandern sinniere ich darüber, mir manchmal auch solche Wurzeln auf der Erde zu wünschen. Allerdings ginge das zu Lasten der eigenen Mobilität. Entweder – oder …
Sie können den Aufstieg über den Edelmannsteig bis zum Aussichtspunkt Totenstein fortsetzen – schönes Panorama der Sächsischen Schweiz!
2
1.000-jährige Eibe
im Naturschutzgebiet Müglitzhang
Eibenwald am Lederberg
Startpunkt: Parkplatz Ortsmitte
01768 Glashütte OT Schlottwitz
www.heimatverein-schlottwitz.de
Glashütte: Deutsches Uhrenmuseum Glashütte
Ist sie sichtbar, spürbar, greifbar, fühlbar – die Zeit? Wir wissen, dass sie vergeht, mal mit uns, ab und an gegen uns und irgendwann ohne uns. Egal ob wir uns sträuben oder genießen, sie läuft ab und damit ist sie messbar. Freilich, ihre Dimension, ihre Einheit in Jahren, Monaten, Tagen, Minuten und Sekunden haben wir Menschen mehr oder minder willkürlich festgelegt.
Unter dem Motto »Faszination Zeit – Zeit erleben« öffnet seit 2008 das Uhrenmuseum in Glashütte seine Pforten. In der restaurierten ehemaligen Uhrmacherschule kann man auf über 1.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche 450 Exponate bestaunen. Der Rundgang startet im Jahr 1845, als der Uhrmacher Ferdinand Adolph Lange mit der sächsischen Regierung einen Vertrag abschloss, in dem er sich verpflichtete, 15 Lehrlinge über drei Jahre auszubilden. Jeder junge Mann bekam ein Vertiefungsgebiet zugewiesen, so entstanden danach Spezialwerkstätten, die eine effiziente Taschenuhrfabrikation ermöglichten. Unglaublich, was für ein filigranes Innenleben eine Taschenuhr offenbart!
Die La Grandiose von 1899 weist zum Beispiel mehr als 800 Einzelteile auf. Taschenuhren in hoher Qualität, Präzisionspendeluhren und Marine-Chronometer