Inklusion und Qualifikation. Группа авторов

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Inklusion und Qualifikation - Группа авторов

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(Rangliste: Platz 9) (vgl. ebd.). Die Auseinandersetzung mit Inklusion hat insbesondere zu einer konzeptionellen Bearbeitung geführt (vgl. Cloos & Becker-Stoll 2015) und damit auch Anschluss geschaffen an die erziehungswissenschaftliche Theoriebildung. Gemessen daran hinkt die empirische Beforschung des Ausbildungsbereichs und der Umsetzung von Inklusion in der Praxis hinterher (vgl. ebd.).

      1.3 Empirische Einblicke

      Anknüpfend an die Aussage, dass Vorstellungen, Erzählungen, Werte und Haltungen, die die Fachkräfte teilen, ein wesentliches Fundament darstellen, um Bildungsteilhabe und Partizipation umzusetzen (vgl. Prengel 2016), werden hier Einblicke in zwei Gruppendiskussionen gegeben. Diese wurde im Rahmen der WiFF-Teilhabestudie ergänzend zu einer Beobachtungsstudie durchgeführt (vgl. Beutin, Flämig & König 2018). Die Interviews fanden in zwei deutschen Großstädten statt. Das Korpus umfasst knapp 35.000 Wörter und überstreckt sich bei beiden Interviews auf über 90 Minuten. An den Diskussionen waren vier bis sieben pädagogische Fachkräfte aus mehreren Einrichtungen beteiligt, die sich als inklusionsorientierte Einrichtungen verstehen.

      Die Methode der Gruppeninterviews wurde gewählt, um kollektive Meinungen zu erfassen (vgl. Hussy, Schreier & Echterhoff 2013). In den hier analysierten Interviews wurde der Fokus auf Inklusion gelegt und damit Raum zu Diskussion und Erfahrungsaustausch gegeben. Auf diesen relativ offenen Einstieg folgte in beiden Diskussionen relativ rasch eine Annäherung an den Begriff, wie die folgenden Zitate aus der Studie zeigen:

      »Inklusion, also ich hab mich selten explizit so mit dem Begriff der Inklusion auseinandergesetzt, das ist für mich ein Begriff, bei dem es ganz viel, wie bei so vielen pädagogischen Begriffen, oder menschlichen Begriffen, wo es irgendwie um Haltung geht, und ähm, ja, und die Haltung heißt für mich so etwas wie, ich bin offen dafür, dass es ein Miteinander mit Menschen gibt […].« (Stadt A)

      »Ich würde da auf jeden Fall von Inklusion sprechen, weil meiner Meinung nach, also das ist kein Zustand, sondern ein Prozess und eine Offenheit und ein Denken, und das ist völlig da, also bei jedem, der da arbeitet, meine ich, ist dieses Denken da, zu sehen, was braucht das einzelne Kind und wie können wir als Gruppe zusammen irgendwie aneinanderwachsen, und deswegen ist das, ja, für mich ein tolles, inklusives Arbeiten.« (Stadt B)

      Im Anschluss wurden die Interviews relativ frei geführt und durch die Interviewleitung nur leicht moderiert. Ausgewertet wurden die Interviews nach dem Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse (vgl. Schreier 2012). Das Kategoriensystem wurde iterativ am Datenmaterial, induktiv-deduktiv und unter Beachtung der Intercoder-Reliabiltiät entwickelt (für die Unterstützung der Auswertung danke ich Nadine Wessolly, die sich sorgsam in Kleinschritten über Monate hinweg mit den Interviewsequenzen auseinandergesetzt hat). Herausgearbeitet wurden Dissonanzen und der Umgang mit Heterogenität, die sich im Verlauf des Gesprächs durch die direkte Nennung von Beispielen deutlich vom übrigen Gesprächsverlauf abgehoben haben.

      Dabei werden Dissonanzen erfahrbar, die sich im Zuge des gesellschaftlichen Wandels ergeben. Betont werden die erlebten Unterschiede zwischen den Kindern heute und der Erinnerung aus der Vergangenheit:

      »Wir haben die Schachgruppe, ja, da haben die immer Schach gespielt, da kommen immer zwei Männer zu mir in die Kita, die Schach spielen, das interessiert jetzt gar keinen mehr, weil die überhaupt gar nicht, ja, nicht das nötige Know-how mitbringen, die Kinder, um überhaupt zu diesem Spiel Zugang zu finden, das heißt, da geht es um ganz andere Prozesse, ich glaub das nimmt zu […].« (Stadt A)

      In der Sequenz wird auch deutlich, dass die Unterschiede nicht nur als Wandel erlebt werden – »das nimmt zu« –, sondern sie weist auch darauf hin, dass eine besondere Differenzerfahrung wahrgenommen wird. Des Weiteren ist erkennbar, dass die Fachkräfte die Ordnungssysteme, an die die Kindertageseinrichtungen formal gebunden sind, kritisch hinterfragen. Obwohl hervorgehoben wird, dass »vom Menschlichen her« Barrieren abgebaut werden können, wird auf die dem entgegenstehende Systempraxis verwiesen. Das Stellen von Anträgen auf Integrationsplätze genüge den Ansprüchen auf Inklusion nicht. Dass Inklusion so nicht ›wirklich‹ gelebt werden kann, wird also auch auf die Rahmenbedingungen zurückgeführt.

      »[…] und solange die Politik so ist, dass wir Anträge brauchen für Integrationsplätze, ähm, kann dieser Inklusionsgedanke nur teilweise gelebt werden, also so vom Menschlichen her, ähm, können wir die Barrieren soweit es geht abbauen, ich glaub, da gibt es auch gute Wege dafür, aber es müssen wirklich auch die Rahmenbedingungen anders werden, um Inklusion wirklich zu leben.« (Stadt B)

      Darüber hinaus diskutieren die Fachkräfte die unterschiedlichen Erwartungen, mit denen sie konfrontiert werden. Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass im Gesprächsverlauf zunehmend Entscheidungen der Eltern, die von denen der Fachkräfte abweichen, diese beschäftigen. Das Dilemma, das hier für die Fachkräfte auftaucht, wird erkannt »Es ist Elternwille, und das ist auch gut so« – die Situation, wird aber dennoch als unbefriedigend erlebt:

      »Also wir haben auch //, ich meine, es ist Elternwille, und das ist auch gut so, man kann ja nur, ähm, Tipps geben, wo sehen wir das Kind, wo würden seine Stärken zum Vorschein kommen, wo könnte es sich erleben, so wie es ist, aber wenn die Eltern das nicht annehmen, dann können wir nichts tun, und das, so ist es zu 30 Prozent der Fälle, die dann nach einem halben Jahr kommen, oder so, man trifft sie irgendwo, ›ah, ja, das war nicht die richtige Entscheidung, hätten wir es doch so gemacht, wie Sie gesagt haben‹.« (Stadt A)

      Verstärkt wird diese Betretenheit der Fachkräfte durch den Fokus auf ihre eigene Praxis im Umgang mit Heterogenität. Zum einen werden Routinen und Praktiken in den Einrichtungen genannt und Handlungsweisen hervorgehoben, die nicht als zielführend erlebt werden:

      »Wir machen trotzdem Morgenkreis mit allen Drei-, bis Sechsjährigen. Wenn wir das um halb neun machen, also einmal am Tag alle zusammentrommeln, dann wollen wir in dem Morgenkreis besprechen, wie wir uns so aufteilen, was es so für Möglichkeiten gibt, sich zu beteiligen, oder da können die Kinder einfach sagen, was sie sich vorgenommen haben für heute, mit wem sie spielen wollen, und so. Das ist ja partizipativer, wenn jeder sagen kann, was er will, und so weiter, aber das ist eigentlich Zwangspartizipation, weil wir sagen, jeder Dreijährige, ab drei, muss an diesem Morgenkreis teilnehmen, […], aber wir sagen, ›eigentlich müsst ihr‹, das ist so ähnlich wie ›haha, wir haben eine demokratische Gesellschaft, und dann müsst ihr auch wählen gehen, sonst könnt ihr nicht mitbestimmen‹«. (Stadt A)

      Dabei werden die eigenen Praxen des Kindergartenalltags zum Hemmnis und führen darüber hinaus zu der Infragestellung von Inklusion, d. h. einer Bildung für alle in einer demokratischen Gesellschaft im Allgemeinen. Zum anderen zeigen sich aber auch Ansätze adaptiven Handelns in Bezug auf die jeweilige Situation. Diese bekunden ein individuelles Ausloten und Handlungsfähigkeit auch in belastenden Situationen.

      »Also wir haben aber auch Kinder, wo man sagt, ›okay, jetzt mit vier Kindern, das reicht‹, und das Kind braucht //, und es kommt auch drauf an, wie es dem Kind geht, das kommt in den Kindergarten, ist tierisch angespannt, dann braucht es so eine Massage-Runde, eine Streichel //, wie so was zum Entspannen, zum Runterkommen, und das, muss man halt immer schauen, wie viele Kinder dazukommen können, oder nicht, oder wer das grade noch braucht, es sind ja nicht nur die Integrationskinder, die ganz viel brauchen, das sind halt meistens noch die anderen zehn Kinder, die noch in der Gruppe sind, ohne I-Status, die brauchen das auch […].« (Stadt B)

      Die Auseinandersetzungen in den Gruppendiskussionen kreisen um den Umgang mit Heterogenität und streifen damit den Kern der Theoriediskussion (image Abb. I.1). Dabei werden Dissonanzen und Ambivalenzen sichtbar, die die Fachkräfte ausgiebig zur Sprache bringen. Hervorgehoben

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