Inklusion und Qualifikation. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Inklusion und Qualifikation - Группа авторов страница 7

Inklusion und Qualifikation - Группа авторов

Скачать книгу

werden. Insbesondere die Entscheidungen und Einstellungen von Eltern, die die Fachkräfte nicht teilen, führen dabei zu Irritationen. Es wird bereits erkennbar, was aus der Innenperspektive in der Diskussion vertieft wird. Wie ist der Umgang mit Heterogenität in der Praxis zu gestalten? Hervorgehoben werden Praktiken und Routinen aus dem Alltag mit den Kindern. Der Erhalt von Handlungsfähigkeit, d. h. auch Offenheit für das Gegenüber, gilt als Kern für eine gute pädagogische Praxis und für die Umsetzung von Teilhabe und Partizipation, wie es auch die Fachkräfte zu Beginn des Interviews herausstellen. Die Analyse verdeutlicht, dass es nicht nur die eigene Haltung und Motivation ist, die die Handlungsfähigkeit der Fachkräfte ermöglicht, sondern unterschiedliche Faktoren auf die Fachkräfte einwirken, die in ihrer Gemengelage konstruktive Handlungsmuster verhindern. In der pädagogischen Praxis ist das fatal – denn responsives und sensitives Eingehen auf die Kommunikationsangebote der Kinder ist dann nicht mehr möglich. Dabei fehlt es an notwendigem Orientierungswissen, um die Situationen entsprechend einzuordnen. In der Theoriediskussion sind diese Herausforderungen insbesondere auch durch das Konstrukt der egalitären Differenz bearbeitet worden, dieses Wissen könnte die Fachkräfte in der Form stützen, dass sie die Differenzerfahrung und die damit einhergehenden Ambiguitäten hinterfragen und auch für sich auflösen könnten.

Images

      1.4 Fazit

      Qualifizierung für Inklusion ist in den Kindertageseinrichtungen erst ansatzweise umgesetzt. In den Fachschulen für Sozialpädagogik – den zentralen Ausbildungsstätten für Erzieherinnen und Erziehern – wird Inklusion als Querschnittsaufgabe angesehen. Inklusion bringt aber nicht nur Handlungsanforderungen auf unterschiedlichen Ebenen mit sich, sondern baut auf ein pädagogisches Grundverständnis auf.

      Bereits Dewey weist darauf hin, dass in einer demokratischen Gesellschaft die Offenheit für den sozialen Wandel ein zentrales Anliegen sein muss (vgl. Oelkers 2009). Die Interviews zeigen, wie der soziale Wandel auch in den Einrichtungen ankommt. Die pädagogischen Fachkräfte nehmen im Kindergartenalltag plurale und veränderte Lebensformen der Familien wahr. Darüber hinaus wird sichtbar, dass die Strukturen dem Bedeutungswandel, den die Kindertageseinrichtungen durchschreiten, nicht mehr gerecht werden. Diese entwickeln sich in Richtung inklusive Einrichtungen für alle Kinder, was das Recht auf Bildung auch für junge Kinder als zentraler Baustein einer demokratischen Gesellschaft stärkt. Diese Dissonanzen im Umgang mit Heterogenität und pluralen Lebensformen erweisen sich in den Gruppendiskussionen letztlich als Kristallisationspunkt. Anhand von Beispielen beschreiben die Fachkräfte ihre Erfahrungen mit Heterogenität. Deutlich wird, dass die Fähigkeit, Widersprüche und Ambiguitäten anzuerkennen, auch die situationsadäquate Flexibilität des eigenen Handelns erhöht. In einem solchen Fall erleben sich die Fachkräfte als selbstwirksam, sie erfahren Responsivität mit den Kindern, derer sie als Pädagoginnen und Pädagogen bedürfen, um Bildung und Erziehung überhaupt erst zu ermöglichen. Es wird aber auch deutlich, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Die Fachkräfte hinterfragen ihre eigenen Routinen und Praktiken bei weitem nicht so kritisch, wie die Strukturen auf der Ebenen der Administration. Hier gilt es, von Mustern Abstand zu nehmen, die sich als Hemmnisse einer sensitiven und responsiven Praxis erweisen. Eine fehlende Distanz führt hier zu blinden Flecken in der Wahrnehmung des Alltags (vgl. Thon 2017; Egloff 2011; Helsper 2001). Eine auf (Selbst-)Reflexion gegründete Pädagogik – d. h. eine theoriedurchdrungene Praxis – gilt es in den Kindertageseinrichtungen noch zu entwickeln. Diese würde sich durch vertieftes Orientierungswissen auszeichnen, aber auch durch entsprechende Strukturen, die Reflexion im Sinne von Fach- und Teamberatung, Supervision, Coaching etc. in der pädagogischen Praxis ermöglichen (vgl. Cloos 2021). Dazu gehört auch, Qualität im multiprofessionellen Team neu zu denken. Die Diskussionen verweisen deutlich auf die Wichtigkeit, Veränderungsprozesse qualifiziert zu begleiten, um mit auftretenden Widersprüchen gegenüber der gewohnten Praxis sinnvoll umgehen zu können, sie ggf. als Teil einer akzeptierten, ja erwünschten Vielfalt zu verstehen. Zukunftsorientierte Ausbildungskonzepte müssen sich daran orientieren und den Aufbau von Ambiguitätstoleranz (vgl. Sprung 2011) ermöglichen.

      Literatur

      Anders, Y. (2019): Qualität in der Kindertagesbetreuung. In: O. Köller, M. Hasselhorn, F. W. Hesse, K. Maaz, J. Schrader, H. Solga, C. K. Spieß & K. Zimmer (Hrsg.), Das Bildungswesen in Deutschland. Bestand und Potenziale (441–470). Bad Heilbrunn: utb.

      Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2020): Bildung in Deutschland 2020. Bielefeld: wbv.

      Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2018): Bildung in Deutschland 2018. Bielefeld: wbv.

      Autorengruppe Fachkräftebarometer (2019): Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019. Weiterbildungs-initiative Frühpädagogische Fachkräfte. München: DJI/WiFF.

      Baader, M. S., Eßer, F. & Schröer, W. (Hrsg.) (2014): Kindheiten in der Moderne. Eine Geschichte der Sorge. Frankfurt: Campus.

      Baader, M. S. (2004): Der romantische Kindheitsmythos und seine Kontinuität in der Pädagogik und Kindheitsforschung. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, H. 7, 416–430.

      Beutin, A.; Flämig, K. & König, A. (2018): Hilfearrangements in integrativen Kindertageseinrichtungen. Ethnografische Annäherungen an Teilhabe von Kindern im integrativen Alltag. In: B. Bloch, P. Cloos, M. Schulz & W. Smidt (Hrsg.), Kinder und Kindheiten. Frühpädagogische Perspektiven (165–176). Weinheim: Beltz Juventa.

      Cloos, P. (2021): Professionalisierung im System der Kindertagesbetreuung. Chancen, Ambivalenzen und Widersprüche. In: A. König (Hrsg.), Wissenschat für die Praxis. Erträge und Reflexionen zum Handlungsfeld Frühe Bildung (136–155). Weinheim: Beltz Juventa.

      Cloos, P. & Becker-Stoll, F. (2015): Inklusion und Frühpädagogik. In: I. Nentwig-Gesemann, K. Fröhlich-Gildhoff, F. Becker-Stoll & P. Cloos (Hrsg.), Forschung in der Frühpädagogik VIII. Schwerpunkt Inklusion (11–22). Freiburg i. Br.: Verlag FEL.

      Dichans, W. (1990): Der Kindergarten als Lebensraum für behinderte und nicht behinderte Kinder. Stuttgart: Kohlhammer.

      DJI/WiFF – Deutsches Jugendinstitut/Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (Hrsg.) (2017): Bildungsteilhabe und Partizipation. Grundlagen für die kompetenzorientierte Weiterbildung. WiFF Wegweiser Weiterbildung, Bd. 12. München: DJI/WiFF.

      DJI/WiFF – Deutsches Jugendinstitut/Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (Hrsg.) (2016): Inklusive Sprachliche Bildung. Grundlagen für die kompetenzorientierte Weiterbildung, Bd. 11. München: DJI/WiFF.

      DJI/WiFF – Deutsches Jugendinstitut/Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (Hrsg.) (2014): Inklusion – Kinder und Familien in Armutslagen. Grundlagen für die kompetenzorientierte Weiterbildung, Bd. 9. München: DJI/WiFF.

      DJI/WiFF – Deutsches Jugendinstitut/Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (Hrsg.) (2013): Inklusion – Kulturelle Heterogenität in Kindertageseinrichtungen. Grundlagen für die kompetenzorientierte Weiterbildung. WiFF Wegweiser Weiterbildung, Bd. 5. München: DJI/WiFF.

      DJI/WiFF – Deutsches Jugendinstitut/Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (Hrsg.) (2013): Inklusion – Kinder mit Behinderung. Grundlagen für die kompetenzorientierte Weiterbildung. WiFF Wegweiser Weiterbildung, Bd. 6. München: DJI/WiFF.

      Egloff, B. (2011): Praxisreflexion. In: J. Kade, W. Helsper, Ch. Lüders, B. Egloff, F.-O. Radtke & W. Thole (Hrsg.), Pädagogisches Wissen. Erziehungswissenschaft in Grundbegriffen (211–219). Stuttgart: Kohlhammer.

Скачать книгу