Die Unerwünschten. Owen Jones

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Unerwünschten - Owen Jones страница 3

Die Unerwünschten - Owen Jones

Скачать книгу

schaden als nützen. Ich glaube, es wäre klüger zu warten, bis wir wissen, was deine Tante meint, das ist alles.“

      „Ja, gut, wahrscheinlich hat du recht. Du hast noch gar nicht gesagt, wo die Kinder sind.“

      „Ich weiß nicht genau, ich dachte, jetzt sollten sie eigentlich zurück sein … Sie sind zusammen weg, um am Wochenende eine Geburtstagsparty oder etwas Ähnliches zu organisieren.“

      Die Lees hatten zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, und sie schätzten sich glücklich deswegen, weil sie zehn Jahre lang versucht hatten Kinder zu bekommen, bevor der Junge gezeugt wurde. Die Kinder waren jetzt zwanzig und sechzehn, daher hatten Herr und Frau Lee es seit langem aufgegeben, auf weiteren Nachwuchs zu hoffen.

      Sie hatte auch vor langer Zeit aufgegeben, es zu versuchen.

      Es waren jedoch brave, respektvolle und gehorsame Kinder und sie machten ihre Eltern stolz, zumindest das, was die Eltern über sie wussten, machte sie stolz. Sie waren eben genauso wie alle braven Kinder: zu neunzig Prozent in Ordnung, aber sie konnten durchaus auch Dummheiten anstellen und manche Gedanken behielten sie für sich, weil sie wussten, ihre Eltern würden sie nicht billigen.

      Der Sohn Master Lee, auch Den oder Junger Lee genannt, war gerade zwanzig geworden und seit fast zwei Jahren mit der Schule fertig. Er und seine Schwester hatten eine glückliche Kindheit verbracht, aber langsam begann es ihm zu dämmern, dass sein Vater ein sehr hartes Leben für ihn geplant hatte, wobei er durchaus schon sein ganzes Leben gearbeitet hatte, jedenfalls vor und nach der Schule. Aber damals war trotzdem noch Zeit geblieben für Fußball, Tischtennis und die Mädchen auf den Tanzfesten der Schule.

      Mit all dem war jetzt Schluss genauso wie mit seiner Aussicht auf ein Sexleben. Das war zwar noch nie besonders glänzend gewesen war – ab und zu ein Kuss und noch seltener ein dezentes Herumgefummel, aber jetzt hatte sich seit fast zwei Jahren gar nichts mehr getan. Den würde schlagartig in die Stadt ziehen, wenn er auch nur einen Schimmer gehabt hätte, was er dort machen sollte, aber er hatte auch keinerlei Ehrgeiz, außer möglichst oft eine Nummer zu schieben.

      Seine Hormone spielten dermaßen verrückt, dass er schon ein paar Ziegen äußerst attraktiv fand, was ihn ungeheuer beunruhigte.

      Er musste nicht sehr tief in sich gehen um zu begreifen, dass er heiraten sollte, wenn er eine feste Beziehung mit einer Frau haben wollte.

      Eine Ehe, auch wenn sie mit der Zeugung von Kindern verbunden war, begann ausgesprochen verlockend auszusehen.

      Fräulein Lee, besser bekannt als Din, war ein sehr hübsches 16-jähriges Mädchen, die im Sommer von der Schule abgegangen war, zwei Jahre früher als ihr Bruder, was für die Region, in der sie lebte, ganz normal war. Nicht weil sie weniger intelligent war, sondern weil beide Eltern und auch die Mädchen selbst annahmen, es wäre umso besser, je früher sie anfingen, eine Familie zu gründen. Ein Mädchen unter zwanzig hatte es auch leichter, einen Ehemann zu finden als eines, dass ein paar Jahre älter war. Din akzeptierte diese althergebrachte ‚Weisheit‘ ohne sie zu hinterfragen, trotz der Bedenken ihrer Mutter.

      Sie hatte ebenfalls ihr ganzes Leben vor und nach der Schule gearbeitet, wahrscheinlich härter als ihr Bruder, obwohl der das niemals so sehen würde, denn Mädchen erledigten faktisch alle anfallenden Sklavenarbeiten egal welcher Art.

      Din hatte jedoch durchaus Fantasien. Sie träumte von romantischen Techtelmechteln, in denen ihr Liebhaber sie nach Bangkok entführen und dort Arzt werden würde, während sie den ganzen Tag mit ihren Freundinnen auf Shoppingtour ging. Ihre Hormone machten ihr auch Probleme, aber die einheimische Kultur gestattete nicht, dass sie das zugab, nicht einmal vor sich selbst. Ihr Vater, ihr Bruder und wahrscheinlich sogar ihre Mutter würden sie verprügeln, wenn sie sie dabei erwischten, dass sie einem Jungen, der nicht zur Familie gehörte auch nur zulächelte.

      Sie wusste es und akzeptierte das auch, ohne Fragen zu stellen.

      Ihr Plan war, auf der Stelle nach einem Ehemann zu suchen, eine Aufgabe, bei der ihr ihre Mutter Hilfe angeboten hatte, denn beide Damen Lee wussten, dass man sie am besten so schnell wie möglich erledigen sollte um damit jedes Risiko auszuschließen, Schande über die Familie zu bringen.

      Insgesamt gesehen war die Familie Lee ganz typisch für die Gegend und damit war sie auch sehr zufrieden. Sie führte ihr Leben innerhalb der Zwänge der heimischen Konventionen und fand das in Ordnung und richtig, auch wenn beide Kinder Träume von einer Flucht in die große Stadt hegten. Das Problem lag in einem Mangel an Ehrgeiz; es war in den Hügelbewohnern seit Jahrhunderten tief verwurzelt und hielt sie zurück. Für die Regierung erwies sich das als eine gute Sache, sonst wären schon alle jungen Leute aus den ländlichen Gebieten verschwunden und nach Bangkok und von dort aus in fremde Länder wie Taiwan und Oman abgewandert, wo die Gehälter höher waren. Die Befreiung von starrem Gruppenzwang war jedoch verlockend.

      Viele junge Mädchen hatten allerdings die Reise nach Bangkok angetreten. Ein paar von ihnen hatten auch eine ordentliche Arbeit gefunden, aber viele endeten in der Sexindustrie der größeren Städte. Von dort aus reisten einige auch weiter ins Ausland, sogar in Länder außerhalb Asiens. Es kursierten zahlreiche Horrorgeschichten, um junge Mädchen von diesem Weg abzuhalten; bei Din und ihrer Mutter hatte das funktioniert.

      Herrn Lee gefiel sein Leben und er liebte seine Familie, obwohl man das außerhalb der eigenen vier Wände nicht zugab. Er wollte sie nicht wegen irgendeiner Krankheit verlieren, die er vielleicht schon seit seiner Jugendzeit mit sich herumtrug.

      Alter Herr Lee (obwohl er wusste, dass ihn einige der nicht so respektvollen Dorf-Jugendlichen Alter Ziegenbock Lee nannten) war in seiner Jugend Idealist gewesen und hatte sich gleich nach Beendigung der Schulzeit zum Kampfeinsatz in Nordvietnam gemeldet. Sie lebten nahe an der Grenze zu Laos, also war Nordvietnam nicht weit weg. Er wusste, dass die Amerikaner diese Region und Laos bombardiert hatten und wollte seinen Beitrag leisten, dass damit Schluss war.

      Er hatte sich der kommunistischen Idee verschrieben und war, sobald man ihn brauchen konnte, zur Kampfausbildung nach Vietnam gegangen. Viele seiner Mitkämpfer hatten genauso wie er zum Teil Chinesen im Stammbaum, hatten aber die Einmischung ausländischer Mächte in die Zukunft ihrer Landsleute satt. Er konnte nicht verstehen, warum sich Amerikaner, die tausende Meilen weit weg lebten darum scherten, wer in diesem kleinen Teil der Welt an der Macht war. Er hatte sich nie darum gekümmert, welchen Präsidenten sie gewählt hatten.

      Wie das Schicksal aber so spielte, bekam er nie die Chance, auch nur einen zornigen Schuss abzufeuern, weil er gleich am ersten Tag nach Ausbildungsende beim Transport vom Trainingscamp zum Schlachtfeld vom Schrapnell einer amerikanischen Bombe getroffen wurde. Seine Verletzungen waren sehr schmerzhaft, aber nicht lebensbedrohlich. Sie reichten jedoch zur Ausmusterung, als er soweit wiederhergestellt war, aus dem Krankenhaus entlassen zu werden. Der größte Schrapnellsplitter hatte ihn am linken Oberschenkel getroffen, aber ein paar kleinere Splitter hatten sich in seinen Magen gebohrt, von denen er jetzt glaubte, sie könnten die Quelle seiner Beschwerden sein. Daher stammte auch das Gerücht, dass auf ihn geschossen worden wäre.

      Er war mit einem bösen Hinken heimgekommen sowie mit einer Abfindung, die hoch genug ausfiel, einen kleinen Bauernhof zu kaufen, aber aufgrund seines verwundeten Beins hatte er stattdessen einen Hof und eine Herde Ziegen gekauft, die er züchtete und verkaufte. Innerhalb eines Jahres nach seiner Heimkehr war sein Bein so gut es eben ging geheilt und er heiratete ein hübsches einheimisches Mädchen, das er sein ganzes Leben lang gekannt und gemocht hatte. Sie war auch bäuerlicher Herkunft, sie ließen sich häuslich nieder und führten ein zufriedenes, wenn auch ärmliches Leben.

      An jedem Wochentag außer sonntags hatte Herr Lee seitdem seine Herde zum Grasen ins Hochland getrieben. Im Sommer übernachtete er oft in einem der Biwaks,

Скачать книгу