Das seelische Wesen. Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Das seelische Wesen - Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter страница 9
SRI AUROBINDO (21:144)
*
Die wahre Seele, verborgen in uns – subliminal haben wir gesagt, doch ist das Wort irreführend, denn diese Gegenwart befindet sich nicht unter der Schwelle des Wachmentals, sondern brennt vielmehr im Tempel des innersten Herzens hinter dem dichten Schirm eines unwissenden Mentals, Lebens und Körpers, nicht subliminal, sondern hinter dem Schleier – diese verhüllte, seelische Wesenheit ist die Flamme der Gottheit, die immer in uns brennt, nicht zu löschen, nicht einmal durch jene dichte Unbewusstheit eines spirituellen Selbstes im Inneren, das durch unsere äußere Natur verdunkelt ist. Sie ist eine Flamme, geboren aus dem Göttlichen, strahlender Bewohner der Welt der Unwissenheit, und sie wächst in ihr, bis sie fähig wird, sie [die Unwissenheit] dem Wissen zuzuwenden. Sie ist der verborgene Zeuge, die verborgene Kontrolle, der heimliche Führer, der Dämon des Sokrates, das innere Licht oder die innere Stimme des Mystikers. Sie ist das, was fortdauert, unvergänglich in uns, von Geburt zu Geburt, unberührt durch Tod, Verfall oder Verfälschung, ein unzerstörbarer Funke des Göttlichen. Sie ist nicht das ungeborene Selbst oder der Atman, denn das Selbst, während es über das Dasein des Individuums wacht, ist sich immer seiner Universalität und Transzendenz bewusst, während sie in die Formen der Natur ausgesandt ist, die individuelle Seele, caitya purusa, die Mental, Leben und Körper stützt, und hinter dem mentalen, vitalen und feinstofflichen Wesen in uns steht und beobachtet und von deren Entwicklung und Erfahrung profitiert. Diese anderen personalen Mächte im Menschen, diese Wesen seines Wesens, sind in ihrem wahren Dasein auch verhüllt, aber sie bringen zeitweilige Persönlichkeiten hervor, die unsere äußere Individualität ausmachen, und deren oberflächliches Tun und oberflächliche Erscheinungsform wir unser Selbst nennen: diese innerste Wesenheit also nimmt in uns als die seelische Person Gestalt an, stellt eine seelische Personalität heraus, die sich von Leben zu Leben verändert und wächst und entwickelt; denn sie ist der Reisende zwischen Geburt und Tod, und zwischen Tod und Geburt, und unsere natürlichen Teile sind lediglich seine vielfachen und veränderlichen Gewänder. Das seelische Wesen kann zunächst nur eine verborgene, teilweise und indirekte Tätigkeit durch Mental, Leben und Körper ausüben, da diese Teile der [menschlichen] Natur als ihre Instrumente des Selbstausdrucks entwickelt werden müssen, und lange ist sie durch deren Evolution begrenzt. Gesandt, um den Menschen in der Unwissenheit zum Licht des Göttlichen Bewusstseins zu führen, formt sie aus der Essenz all der Erfahrung in der Unwissenheit einen Kern des Seelenwachstums in der Natur; das Übrige wandelt sie in Stoff für künftiges Wachstum der Instrumente [Mental, Vital, Körper], die sie gebrauchen muss, bis sie bereit sind, eine leuchtende Instrumentation des Göttlichen zu sein. Es ist diese geheime, seelische Wesenheit, die das wahre, ursprüngliche Bewusstsein in uns ist, tiefer als das konstruierte und konventionelle Bewusstsein des Moralisten, denn sie ist es, die immer auf Wahrheit und Recht und Schönheit hinweist, auf Liebe und Harmonie und alles, was eine göttliche Möglichkeit in uns verkörpert, und sie harrt aus, bis diese Dinge das wesentliche Erfordernis unserer Natur werden. Es ist die seelische Personalität in uns, die als der Heilige, der Weise, der Seher blüht; wenn sie ihre volle Stärke erreicht hat, wendet sie das Wesen zur Erkenntnis des Selbstes und des Göttlichen, zur höchsten Wahrheit, dem höchsten Guten, der höchsten Schönheit, Liebe und Seligkeit, den göttlichen Höhen und Weiten, und öffnet uns der Berührung spiritueller Zuneigung und Universalität und spirituellen Einsseins. Wo andrerseits die seelische Personalität schwach ist, roh oder schlecht entwickelt, fehlen die subtileren Regungen in uns, oder sind arm an Charakter und Kraft, selbst wenn das Mental stark und brillant und gebieterisch ist, die Lebenskraft dominierend und erfolgreich, das körperliche Dasein reich und glücklich und ein offensichtlicher Herr und Sieger. Es ist dann die äußere Begierdenseele, die pseudo-seelische Wesenheit, die herrscht, und wir verwechseln ihre falschen Deutungen der seelischen Eingebung und Aspiration, ihre Ideen und Ideale, ihre Begierden und Sehnsüchte mit dem wahren Seelenstoff und Reichtum spiritueller Erfahrung.1 Wenn die geheime, seelische Person in den Vordergrund treten und die Begierdenseele ersetzen kann, und offen und gänzlich, nicht nur teilweise und von hinter dem Schleier, die äußere Natur von Mental, Leben und Körper zu lenken vermag, können diese in Seelenbildnisse des Wahren und Rechten und Schönen geformt werden, und am Ende kann die ganze Natur in das wahre Ziel des Lebens gewandelt werden, den höchsten Sieg, den Aufstieg in das spirituelle Dasein.
SRI AUROBINDO (18:225)
*
Liebe Mutter, Sri Aurobindo sagt, die Stimme des gewöhnlichen Bewusstseins ist nicht die Stimme der Seele. Was ist sie dann?
Die Stimme des gewöhnlichen Bewusstseins ist eine ethische Stimme, eine moralische Stimme, die zwischen Gut und Böse unterscheidet, die uns ermutigt Gutes zu tun und untersagt Böses zu tun. Diese Stimme ist im gewöhnlichen Leben durchaus nützlich, solange bis man sich seines seelischen Wesens bewusst wurde und zustimmt, gänzlich von ihm geführt zu werden – in anderen Worten, bis man sich über das gewöhnliche Menschentum erhebt, sich von allem Egoismus befreit, und ein bewusstes Instrument des göttlichen Willens wird. Die Seele selbst, die ein Teil des Göttlichen ist, steht über allen moralischen und ethischen Begriffen; sie badet im Göttlichen Licht und verkörpert es, sie kann das ganze Wesen aber erst dann lenken, wenn das Ego aufgelöst wurde.
DIE MUTTER (16:249)
*
In einem bestimmten Stadium des Yoga, wenn das Mental hinreichend beruhigt ist und sich nicht länger bei jedem Schritt auf das Genügen seiner mentalen Gewissheiten stützt, wenn das Vital stetig und gebändigt wurde, und nicht mehr auf seinem eigenen voreiligen Willen besteht, seinem Anspruch und Begehren, wenn das Physische hinreichend gewandelt wurde, um nicht die innere Flamme gänzlich unter der Masse seiner Äußerlichkeit, Dunkelheit oder Trägheit zu ersticken, vermag ein innerstes Wesen, in der Tiefe verborgen, und nur in einer seltenen Einflussnahme gefühlt, hervorzutreten und das übrige zu erleuchten und die Führung der Sadhana zu übernehmen. Sein Wesen besteht in einer eingleisigen Ausrichtung auf das Göttliche oder den Höchsten, eingleisig und dennoch plastisch in Tat und Bewegung; es schafft keine Starrheit der Richtung wie der eingleisige Intellekt oder einen Fanatismus der vorherrschenden Idee, oder einen Impuls wie die eingleisige vitale Kraft; es deutet vielmehr in jedem Augenblick und mit feiner Sicherheit auf den Weg zur Wahrheit, unterscheidet automatisch den rechten Schritt vom falschen, und befreit die Göttliche oder Gottwärtige Bewegung von dem anhaftenden Gemisch des Ungöttlichen. Seine Tätigkeit ist wie ein Suchlicht, das alles aufzeigt, was in der [menschlichen] Natur geändert werden muss; es hat in sich einen leidenschaftlichen Willen, der auf Vollkommenheit besteht, auf einer alchimistischen