Herzstücke in Oberbayern. Christine Metzger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Herzstücke in Oberbayern - Christine Metzger страница 5

Herzstücke in Oberbayern - Christine Metzger Herzstücke

Скачать книгу

es auf der Weltausstellung in Paris eine Goldmedaille und wurde damit zum Exportartikel. Damals aber war die große Zeit des Kohls als Hauptnahrungsmittel, Vitaminlieferant und vor allem als Gemüse, das sich in Form von Sauerkraut konservieren ließ, schon vorbei. 1810 wurde die Konservendose erfunden, und in die wanderte nun auch das Sauerkraut – mit entsprechendem Qualitätsverlust.

      Der Anbau der alten Kultursorte ist arbeitsintensiv und nicht sehr ertragreich. Und so gibt es nur noch wenige Bauern, die das Ismaninger Kraut anbieten. Einer von ihnen ist der junge Gärtnermeister und durch eine Facharbeit ausgewiesene Sauerkrautexperte Adolf Sieber vom Holzerhof. Als zweites Standbein haben sich Vater und Sohn dem Obstanbau zugewandt. Die Idee, aus dem Obst Marmeladen zu machen und Brände zu destillieren, ist naheliegend. Aber einen Krautschnaps brennen und Sauerkrautschokolade kreieren, das kann nur einer: ein echter Sauerkrautexperte.

      Holzers Hofladen · Mo–Fr 8.30–12.30, 14–18.30, Mi 8.30–12.30, Sa 8.30–13.30 Uhr Holzerhof · Münchner Str. 70 · 85737 Ismaning · Tel. 089/96 64 02 · www.holzerhof.eu

image

      06

       DIESSEN: TÖPFER MIT TRADITION

      Für Keramiker ist die Erde eine Scheibe. Und in deren Zentrum hat Dießen als einer der Top-Ten-Töpfermärkte in Europa seinen festen Platz. Diese Position verdankt der Ort dem Keramiker Ernst Lösche. Der wollte 1962 einen Baum pflanzen und stieß auf Keramikbruch. Ein Fund, der belegte, dass hier schon andere Töpfer vor Lösche tätig waren. Er forschte weiter und konnte belegen, was längst in Vergessenheit geraten war: Dießen war vom 11. bis zum 18. Jahrhundert ein bedeutendes Zentrum der Keramikmanufaktur. Das kleine Museum gibt einen historischen Überblick, besonders schön ist der Park, in dem Keramikobjekte zauberhafte Akzente setzen.

      Loesche Keramik · Am Kirchsteig 19 · 86911 Dießen · Tel. 08807/18 77 Töpfermarkt · Christi Himmelfahrt vier Tage · Museum: Markttage 10–18 Uhr, sonst n. Vereinb.

image

      07

       HERRSCHING: TOP SECRET

      Egoismus ist kein schöner Charakterzug. Aber manchmal ist er notwendig. Zum Beispiel, wenn Sie ein Hotel entdeckt haben, in dem es nur neun Zimmer gibt. Also stapeln Sie tief, wenn Freunde fragen, wo Sie in Herrsching absteigen: »Altes Bauernhaus, nein, liegt nicht am Wasser. Aber ruhig.«

      Kein Wort über das grandiose Design der Hotelzimmer, die kuscheligen Bademäntel und die Sauna. Und bloß nichts über das Restaurant, den Küchenchef und seine fantastischen Kreationen. Sonst buchen Ihnen die Freunde die Zimmer vor der Nase weg, und Sie gehen leer aus, wenn Sie wieder mal ein paar Tage ins Fünfseenland fahren und im Romantik Hotel Chalet am Kiental abschalten wollen.

      Romantik Hotel Chalet am Kiental · Andechsstr. 4 · 82211 Herrsching am Ammersee Tel. 08152/98 25 70 · www.gourmetchalet.de

image

      08

       BERG: BÜCHER STATT BROTE

       Was haben Lübeck an der Ostsee und Berg am Starnberger See gemein? Beide haben Söhne hervorgebracht, die ihre Geburtsorte literarisch porträtierten und lange als Nestbeschmutzer galten. Und: Sie haben sich mit den Söhnen versöhnt und sind heute stolz auf ihren Thomas Mann und ihren Oskar Maria Graf.

      In Berg trägt eine Straße seinen Namen, in Aufkirchen steht ein Denkmal, das den Schriftsteller zeigt. In der kurzen Lederhose und mit Janker natürlich. So ist er auch an der Fassade vom Oskar Maria Graf Stüberl dargestellt, im Inneren erinnern Fotos an den Bäckersohn, der 1894 hier geboren wurde. Die Familie seiner Mutter bewirtschaftete seit Jahrhunderten einen einsamen Hof in Aufkirchen, und Graf nützt den Roman Das Leben meiner Mutter, um die Geschichte des Starnberger Sees weit zurückzuverfolgen. Mit den Augen der Bauern beschreibt er die gravierenden Veränderungen, die im ausgehenden 19. Jahrhundert auch das Leben der kleinen Leute betrafen.

       image Informativ und interessant: der Berger Kulturspaziergang. Er führt auch zu dem Holzkreuz im See, das den Fundort der Leiche Ludwigs II. markiert.

      Grafs Lebensweg schien vorgezeichnet: Dorfschule und Bäckerlehre. Doch der Junge entdeckte früh seine Liebe zur Literatur, und ihm die auszuprügeln, wie es der Bruder Max versuchte, misslang. Der 17-Jährige floh nach München, nahm Kontakt zu anarchistischen Kreisen auf und beteiligte sich an der Revolution 1918. Graf war zeitlebens Pazifist und aufrechter Linker. So erregte es ihn zu Recht, dass seine Werke bei der Bücherverbrennung 1933 fehlten. »Verbrennt mich«, schrieb er in der Wiener Arbeiter Zeitung, und sein Freund Bertolt Brecht dichtete: »Tut mir das nicht an! Lasst mich nicht übrig! Habe ich nicht / Immer die Wahrheit berichtet in meinen Büchern? Und jetzt / Werd ich von euch wie ein Lügner behandelt! Ich befehle euch: / Verbrennt mich!« Graf erhielt Satisfaktion: Die Deutsche Studentenschaft organisierte für ihn eine Verbrennung seiner Bücher.

      Oskar Maria Graf Stüberl · Mo, Mi–So 10–23 Uhr · Grafstr. 9 · 82335 Berg am Starnberger See · Tel. 08151/516 88

image

      09

       KOCHEL: BIRNEN MIT SCHLAGRAHM

       Vorbei die Zeiten, als Sie im Museumscafé trockene Sandwiches und Kaffee bekamen, der nach stundenlangem Intimkontakt zwischen Glaskanne und Wärmeplatte jegliches Aroma verloren hatte. Heute bespielen Spitzengastronomen die Musentempel, und was sie kreieren, ist mehr als nur Knochenbeigabe zum Kunstgenuss.

      Warme Holztöne, viel Weiß – das Restaurant & Café Blauer Reiter präsentiert sich modern und schnörkellos. Terrasse, Blick auf Kochelsee und Berge, erlesene Weinkarte, innovative Küche – kein Wunder, dass hier nicht nur Museumsgäste speisen, sondern viele extra zum Essen kommen. Der Wirt muss dem Gast, der nur eine Kleinigkeit will, ebenso gerecht werden wie jenen, die ein Menü wünschen. Wenn Gruppen durchs Museum strömen, wird‘s hektisch, aber das Personal hat das gut im Griff.

       image In einem verwunschenen Bauerngarten sitzen und Kuchen essen, der schmeckt, als hätte ihn die Oma gemacht – solche Wonnen bietet das Café Giggerer, Kalmbachstr. 13.

      Nur der Gast, der nach dem Mahl in die Museumsräume tritt, mag Schwierigkeiten bekommen. So aufs Kulinarische gepolt, kann es passieren, dass man vor einem Bild von Franz Marc aus dem Jahr 1911 steht und denkt:

Скачать книгу