Herzstücke in Oberbayern. Christine Metzger

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Herzstücke in Oberbayern - Christine Metzger Herzstücke

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       SCHÖNAU AM KÖNIGSSEE: BRAND VOM BERG

       Enzian ist blau. So wird er im Schlager besungen, »Ja, ja, so blau, blau, blau blüht … Wenn beim Alpenglühen wir uns wiedersehen«, und so wird er auf den Flaschen abgebildet, in denen der Schnaps auf den Markt kommt. Leuchtend blau – eine Farbe mit Sympathiewert, da greift man gerne zu.

      Allerdings handelt es sich hier um Etikettenschwindel. Die klare Flüssigkeit ist ein Destillat vom Gelben Enzian, doch dessen Blüten sind längst nicht so schön, und es hat sie auch noch keiner besungen. Dafür besitzt Gentiana lutea aber sehr viel kräftigere Wurzeln als ihr blaublütiger Verwandter, und darauf kommt es an: Für einen Liter Reinalkohol braucht man zwölf Kilo Wurzeln. Je höher die Pflanze wächst, desto dicker sind die, und so waren die »Wurzlgraber« früher in Höhen von 1000 bis 1500 Metern unterwegs. Bis zu 80 Kilo konnte ein guter Arbeiter pro Tag stechen, die ins Tal zu transportieren, wäre unökonomisch gewesen. Also verarbeitete man das Produkt dort, wo es wuchs, und errichtete Brennhütten, in denen die Graber und die Brenner den Sommer verbrachten. Mehr als reines Quellwasser und Holz braucht man nicht zum Brennen, und das ist in den Bergen reichlich vorhanden.

      Heute produziert die Firma Grassl, die im 17. Jahrhundert gegründete älteste Enzianbrennerei Deutschlands, mit modernen Methoden, aber in den Brennhütten wird noch immer Handarbeit geleistet. Die malerischste liegt am Priesberg auf 1352 Metern Höhe. Hier kann man dem Brenner bei der Arbeit zuschauen und erfährt, wie der Enzian entsteht: Die Wurzeln werden gehackt und mit Wasser und Hefe zur Maische angesetzt. Wenn sich nach ein paar Wochen der Alkohol gebildet hat, kann das Brennen beginnen. Und selbstverständlich kann man den Enzian probieren, in einer Holzwanne stehen immer ein paar Flaschen im kühlen Wasser. Nur zur Warnung: Der erste Schluck ist grausig. Das zweite Glas schmeckt dann. Und nach dem dritten will man mehr. So viel mehr, dass schon manch einer »Ja, ja, so blau, blau, blau« ins Tal hinunterwankte.

      Enzian-Brennhütte am Priesberg · ab Parkplatz Hinterbrand (Scharitzkehlstr., Schönau/Königssee) ca. 1 Std. Wanderung · der Brenner arbeitet Mo–Fr von Juni–Okt.

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      Hoch hinaus muss, wer ordentliche Mengen an Enzianwurzeln stechen mag.

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       »DIE KLEIDSAME VOLKSTRACHT«

       »Lederhose und Laptop.« Die von Bundespräsident Roman Herzog 1988 geprägte Metapher erfreut sich noch heute großer Beliebtheit bei bayerischen Politikern, verbindet sie doch Innovation mit dem, was es angeblich seit Jahrhunderten gibt und was ein gestandenes Mannsbild schon immer trug: die Lederhose.

      Diese Mannsbilder hören es nicht gern, aber die bayerische Tracht ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, an der die Wittelsbacher maßgeblich beteiligt waren. Die suchten eine einende Symbolsprache für ihr Reich, das sich 1806 durch neu hinzugewonnene Gebiete beachtlich vergrößert hatte. Von der Erhaltung der Trachten versprach sich Max II. eine »Festigung des Nationalgefühls« und bat 1853 um Zeichnungen von herkömmlichen Trachten. Allein, es gab nichts zu zeichnen, die ländliche Bevölkerung kleidete sich nicht anders als die städtische, was in München Mode war, wurde bald auch auf dem Land getragen. Bei feierlichen Anlässen erschienen die Männer in schwarzen Anzügen, die Arbeitshosen waren aus Leinen.

      Lederne Beinkleider waren das Markenzeichen der Jäger, zum bayerischen Symbol wurden sie erst 1883 durch den in Bayrischzell gegründeten »Trachtenerhaltungsverein«, der – ganz im Sinn der Obrigkeit – die Liebe zur Heimat und zum Königreich fördern wollte und seine Mitglieder verpflichtete, immer die »kleidsame Volkstracht«, die kurze Lederhose, zu tragen. Andere folgten dem Beispiel, und für die Lederhosenmacher erschloss sich ein neuer Kundenkreis, den auch die 1888 gegründete Firma Stangassinger bediente.

      Franz Stangassinger gehört zu den wenigen in Bayern, die das Säcklerhandwerk noch beherrschen. Die Hirschhaut wird »sämisch gegerbt, mit einem Fischfett«, sagt er. »Und die Farbe ist aus einem Blauholz. Das ist eine natürliche Farbe, die ist aus einer Baumrinde.« Zuschneiden, Nähen, Besticken mit Eichen- und Weinlaubblattmotiven – alles Handarbeit, wie er sie von seinem Vater gelernt hat. Nur das Leder kommt heute aus Neuseeland, aber ein bisschen Innovation darf ja sein im Land von Lederhose und Laptop.

      Lederhosen Stangassinger · Mo–Fr 8.30–12, 13–18, Sa 8.30–12 Uhr · Marktplatz 10 83471 Berchtesgaden · Tel. 08652/26 85 · www.lederhosenmacher.com

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       MARIABRUNN: HEILENDES WASSER, SÜFFIGES BIER

       »Ich will Dich in das kleine Dorf führen, wo die Geschichten spielen. Du bist schon dort gewesen oder doch daran vorbeigefahren, aber Du hast nicht Acht darauf gehabt. Denn wer die Gegend nur flüchtig sieht, mag sie wohl für reizlos halten«, schrieb Ludwig Thoma in seinem Erstlingswerk Agricola.

      Thoma lebte von 1894 bis 1897 in Dachau und verliebte sich in dieses sanft geschwungene Land und die Dörfer, »wo die Geschichten spielen«. Auch Mariabrunn hat viel zu erzählen, und die Schlosswirtschaft mit ihrem schattigen Biergarten ist der rechte Ort, um hineinzulauschen in die Vergangenheit. Der Duft von frischen Brezn, das Klirren der Bierkrüge, das süffige Mariabrunn Dunkel … Durst hatte auch der Waldarbeiter Georg Schlairböck. Den stillte er im Jahr 1662 an einer Quelle – und siehe da, das Bruchleiden, das ihn jahrelang gequält hatte, verschwand. Natürlich hatte Maria das heilende Wasser sprudeln lassen (wir sind in Bayern), und so entstand der Wallfahrtsort Mariabrunn. Das war die erste Geschichte.

      Die zweite beginnt mit Amalie Hohenester, Spross einer berüchtigten Familie. Räuberei und Wilderei lagen in den Genen, die Mutter war »Engelmacherin«. Die Tochter brachte keine Schande über die Familie, auch sie wurde mehrmals verhaftet. Von der Mutter erlernte Amalie die Kräuterheilkunde, doch als sie ihre eigene Praxis eröffnete, kam es wieder zur Anklage: Kurpfuscherei und Quacksalberei. Dahinter standen die Neider – die »Doktorbäuerin« war gut und verdiente gut. 1862 erwarb sie das Kurbad Mariabrunn und beugte weiteren Klagen vor, indem sie pro forma einen Arzt einstellte. Bald hatte sie auch Protektion: Zu ihren Patienten gehörten hochgestellte Persönlichkeiten aus ganz Europa, auch Kaiserin Sisi war da. Mit 50 Jahren war Amalie steinreich, aber auch schon tot. Ein trauriges Ende. Weitere Geschichten? Lassen Sie sich inspirieren. Von dem imposanten Taubenhaus im Gutshof oder der Kapelle, die sich im Besitz der Wirtsleute befindet. Hier wird gern geheiratet, und so eine Ehegeschichte kann ja auch ein Happy End haben.

      Schlosswirtschaft Mariabrunn · Mi–Fr 17–24, Sa, So 11–24 Uhr, Biergarten im Sommer ab 11 Uhr 85244 Mariabrunn · Tel. 08139/86 61 · www.schlosswirtschaft-mariabrunn.de

       DA WILL

       ICH HIN

      

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