Syltmond. Sibylle Narberhaus
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Читать онлайн книгу Syltmond - Sibylle Narberhaus страница 3
»Ja, wie vereinbart. Möchtest du noch ein Stück?«, fragte ich.
»Oh nein, vielen Dank. Ich muss ein bisschen auf meine Linie achten.« Sie verzog gequält den Mund.
»Kommen Tim und Ben auch? Ich habe sie lange nicht mehr gesehen.«
»Nein, dieses Jahr werden wir auf die beiden Jungs verzichten müssen. Das heißt, Ben ist mit seinen Freunden in List zur Biike verabredet, und Tim ist bei der Jugendfeuerwehr im Einsatz, allerdings in Morsum. Ihn werden wir vermutlich zu Gesicht bekommen, bevor er mit seinen Kumpels feiern geht. Sie werden allmählich flügge, ob ich es will oder nicht.« Ein Anflug von Wehmut mischte sich in ihre Stimme.
»Das ist der Lauf der Zeit, meine Liebe! Da siehst du, wie es unseren Eltern mit uns ergangen sein muss. Bei meiner Mutter habe ich bis heute das Gefühl, dass sie nicht loslassen kann. Ehrlich gesagt, vermisse ich sie manchmal. Auf der anderen Seite gibt es Situationen, in denen ich über unseren räumlichen Abstand froh bin, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Ich kann dich gut verstehen, schließlich kenne ich deine Mutter lange genug. Aber glaube mir, sie meint es bloß gut.«
»Genau das ist das Problem. Ich bin heilfroh, dass sie nicht immer alles hautnah mitbekommt, sonst würde sie oft vor Sorge um uns keine Nacht in den Schlaf finden.«
Britta begann zu lachen. »Da gebe ich dir recht. Diesbezüglich fällt mir die Episode mit dem Segelkurs im vergangenen Jahr ein, von der sie erst im Nachhinein erfahren hat.«
»Stimmt, anschließend hat sie sich wochenlang Vorwürfe gemacht, dass sie mir den Kurs überhaupt geschenkt hat, als ob sie etwas dafür gekonnt hätte.«
»Du hast dich jedenfalls meisterlich geschlagen, meine Liebe. Rückblickend betrachtet, ist deine Mutter sicherlich mächtig stolz auf dich.«
Plötzlich hob Pepper den Kopf, spitzte die Ohren und stürmte auf der Stelle zur Tür. Gleich darauf ertönte die Klingel. Mit einem Brief in der Hand kehrte ich zurück ins Wohnzimmer.
»Das war der Postbote.«
Britta beäugte mich neugierig, während ich den Umschlag öffnete.
»Bestimmt ist das die Einladung zur Preisverleihungsfeier? Mach auf!«, drängelte sie und rutschte vor bis an die Sofakante.
»Sei nicht so ungeduldig!« Ich faltete das Papier auseinander und überflog das Schreiben in meiner Hand.
»Nun sag schon!« Brittas Hals wurde immer länger, während sie versuchte, einen Blick auf das Schriftstück zu erhaschen.
»Tatsächlich. Sie gratulieren mir zur Nominierung und laden mich herzlich zur Preisverleihung ein. Wie du gesagt hast. Die Veranstaltung findet in der ›Sylt Quelle‹ in Rantum statt.«
»Hast du angenommen, ich mache Witze?«
»Nein, natürlich nicht. Was sagt man dazu?« Ungläubig ließ ich das Stück Papier sinken. Nun hielt ich die kleine Sensation schwarz auf weiß in meinen Händen.
»Darauf sollten wir unbedingt anstoßen«, schlug Britta mit leuchtenden Augen vor. »Hast du Prosecco?«
»Damit lass uns lieber warten. Vorerst bin ich lediglich nominiert«, warf ich ein.
»Was heißt denn lediglich? Typisch, Anna!« Sie zog einen Schmollmund. »Eine Nominierung ist bereits eine großartige Auszeichnung, finde ich. Überhaupt unter die letzten fünf zu kommen, ist doch toll«, leistete Britta unermüdlich Überzeugungsarbeit.
»Okay, ein Gläschen wird auf keinen Fall schaden«, ließ ich mich letztendlich breitschlagen, sehr zur Freude von Britta, die sich mit hochzufriedener Miene die Hände rieb.
»Kommen deine Eltern dieses Jahr nicht zur Biike? Hat es ihnen letztes Jahr nicht gefallen?«, rief sie mir auf dem Weg in die Küche hinterher.
»Doch. Bei unserem letzten Telefonat war meine Mutter diesbezüglich äußerst zurückhaltend. Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen oder so ähnlich, hat sie sich ausgedrückt. Sie wirkte irgendwie merkwürdig«, erinnerte ich mich, als ich mit einer Flasche gekühltem Prosecco und zwei Gläsern vor dem Sofa stand.
»Oh, oh! Wer weiß, was sich da im Hause Bergmann zusammenbraut«, unkte Britta und sah mich mit nach oben gezogenen Augenbrauen amüsiert an.
»Mach mir bitte keine Angst! Wahrscheinlich hat meine Mutter sich vorher über die neuen Nachbarn geärgert. Die scheinen sie furchtbar aufzuregen.« Ich rollte mit den Augen und reichte Britta ein Glas mit perlendem Inhalt.
»Neue Nachbarn?«
»Ach«, winkte ich ab. »Das erzähle ich dir ein anderes Mal. Besonders spannend ist das nicht, wenn du mich fragst.«
»Momentan gibt es ohnehin Wichtigeres.« Sie zwinkerte mir aufmunternd zu und hielt mir ihr Glas entgegen. »Prost, meine Liebe! Auf deine Nominierung! Ich bin richtig aufgeregt.«
»Leidest du unter Hitzewallungen oder warum reißt du bei dieser Eiseskälte das Fenster sperrangelweit auf?«, beschwerte sich Uwe beim Betreten des Büros und steuerte zielstrebig auf das geöffnete Fenster zu, um es augenblicklich zu schließen. »Da holt man sich den Tod«, murmelte er währenddessen griesgrämig.
»Ein bisschen Sauerstoff hat bislang niemandem geschadet?«, entgegnete Nick, dem der eigenartig hölzerne Gang seines Kollegen nicht verborgen blieb. »Alles okay? Du bist spät dran heute. Ich habe mir Sorgen gemacht, ob du eventuell krank bist.«
Uwe winkte kopfschüttelnd ab, während er ungewöhnlich behutsam auf seinem Bürostuhl Platz nahm, auf den er sich normalerweise derart heftig plumpsen ließ, dass man befürchten musste, das Möbelstück würde jeden Augenblick unter seinem Gewicht zusammenbrechen. Ehe Nick nachhaken konnte, verriet das Rascheln von Papier, dass Uwe im Begriff war, eine Bäckereitüte zu öffnen. Wie jeden Tag hatte er sich einen Snack beim nahegelegenen Bäcker gekauft, den er im Laufe des Vormittags zu sich nahm. Ein strenger Geruch nach Wurst und Käse erfüllte in Sekundenschnelle den eben noch frisch gelüfteten Raum.
»Oh Gott, was hast du dir denn da gekauft?« Nick verzog angewidert das Gesicht und hielt sich demonstrativ die Nase zu.
»Salamibrötchen mit Käse überbacken. Das Spezialangebot des Tages«, fügte Uwe mit zufriedener Miene hinzu, ohne seine Errungenschaft aus den Augen zu lassen.
»Das glaube ich sofort, wahrscheinlich ist das Verfalldatum seit Wochen überschritten. Das ist ja nicht auszuhalten!« Nick presste sich die Hand vor Mund und Nase und eilte in Richtung Fenster, um abermals Frischluft hineinzulassen.
»Übertreib nicht«, brummte Uwe und biss in das Brötchen. Kaum hatte er den ersten Bissen im Mund, ließ er es zurück in der Papiertüte verschwinden.
»Na, ist wohl doch nicht so lecker?«, spottete Nick mit skeptischem Blick.
»Schon, aber ich habe irgendwie keinen Appetit, vielleicht später.«
»Keinen Hunger? Sollte ich an dieser Stelle anfangen, mir ernsthafte Sorgen um dich zu machen?«, erkundigte sich Nick, dem Uwes Verhalten äußerst suspekt vorkam.
Sein Kollege und