Baphomet. Akron Frey
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Baphomet - Akron Frey страница 17
Zwar ist es das Ziel jedes Einweihungsweges, danach zu suchen, was wir sind; aber weil wir nicht ahnen, dass das wirkliche Ziel nicht darin besteht, zu finden, was wir sind, sondern nur die Voraussetzungen dafür zu erfahren, warum wir nicht erfahren können, was wir sind, deshalb führt uns jede Selbsterkenntnis vom Weg des Suchens ab. Alles, was wir finden, sind immer nur die Prägungen, die innerhalb der Strukturen unseres Vorstellungsvermögens liegen – also innerhalb des Rahmens, der unserer Bewusstseinskontrolle unterliegt.
Es ist deshalb nur folgerichtig, wenn auf der einen Seite heilige Frauen mit Kristallen die Erde reinigen, während auf der anderen Soldaten „im Namen Gottes“ dieselbe Erde vergiften und auf Jahre hinaus verwüsten. Wenn man den Advocatus Diaboli fragen würde, wer denn nun von beiden der kosmischen Harmonie ein Stück näher ist, würde er vermutlich nur antworten, dass beide gleich weit entfernt von ihr sind, da beide ihren Anteil an der Wahrheit übertreiben.
Das fünfte Siegel
Das einzige, was wir in der Welt finden, sind die Bilder und Vorstellungen, die wir uns ausgedacht haben, um uns einen höheren Lebenssinn zu erzwingen, und dagegen ist auch nichts einzuwenden, solange diese Modelle das Leben erleichtern oder soziale Aufgaben erfüllen. Letztlich geht es auch nicht um ein Ziel, sondern um die Auseinandersetzung mit der Suche selbst.
Akron
Der erwachte Mensch richtet sich nicht mehr an äußeren Dingen, sondern an seinem inneren Empfinden aus. Er strebt nach einem tieferen Erkennen, das sich selbst höchstes Gesetz ist. Er hört den Ruf der Seele, aufzubrechen und alle Räume der Erkenntnis zu entdecken, die es gibt. Er begibt sich auf den Weg, sich lebendig zu fühlen und das Leben in Übereinstimmung mit dem Höheren zu bringen. Er beschäftigt sich mit dem Erkennen von kosmischen Zusammenhängen und Gesetzmäßigkeiten: Ganzheitlichkeit, Karma, Sphärenharmonie und so weiter. Die Absicht, kosmisches Bewusstsein zu erlangen, ist aber mehr eine Folge der menschlichen Prägung, sich im Rahmen der einverleibten Modelle selbst zu bespiegeln, und deshalb führt dieser Weg auch weniger zur Erfahrung des Göttlichen als zu einer mehr oder weniger starken Identifikation mit diesen religiösen oder spirituellen Vorgaben, die dann spiegelfechterisch gegen andere Modelle verteidigt werden müssen. Dahinter wirkt ein seelischer Suchtmechanismus, der das Ziel der Erkenntnis im Überfluss der ins Kraut schießenden Wahrheiten ertränkt: In kurzer Zeit möchte das Bewusstsein alle Blockaden beseitigen, alle alten Muster auflösen, alle überholten Bindungen hinter sich lassen, Kontakt mit dem höheren Selbst herstellen, sein volles Potential realisieren, den göttlichen Plan erkennen und seine eigene Bestimmung finden. Doch trotz alledem bleibt ihm verborgen, dass sich in diesem Akt weder Bewusstseinserfahrung noch Gotteserkenntnis, sondern nur die das Ego aufblähenden Auswirkungen einer grandiosen Selbstdarstellung realisieren.
In diesem Sinne ist jeder „esoterische“ Mensch eine Neuauflage des alten Tempelpriesters, der die Schaffung seines inneren Gottesbildes selbst in die Hand genommen hat. Er manifestiert das Verlangen, der Sehnsucht nach Gott ein inneres Bild zu widmen und dieses „in die Welt zu schicken“, damit er es „draußen“ finden und wieder in die Seele zurückspiegeln kann. Und da er stets ein Wissen vermittelt, das er selbst gar nicht durchschaut, sondern an das er nur gefühlsmäßig glaubt, weil es seine inneren Sehnsüchte entflammt, identifiziert er sich gerne mit Rollen, die mit Bewusstseinserweiterung zu tun haben. Deshalb ist er darauf erpicht, auch seinen Mitmenschen einen erweiterten Bewusstseinshorizont zu vermitteln. Dabei geht es nicht um Wissen im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr darum, das Wissen dingfest zu machen: Jede Bewusstseinserweiterung setzt nämlich einen geistigen Fixpunkt voraus, um von diesem aus dann in sein eigenes Universum abheben zu können.
In dieser Art von Sinnfindungsprozess manifestiert sich die unbewusste Absicht, „draußen“ zu finden, was man „innen“ sucht. Tatsächlich ist der Mensch selbst der Schöpfer seines Gottes, ohne es wahrhaben zu wollen, dass er sich dabei nur selbst – sich seines Selbst von ferne erinnernd – in seiner eigenen Schöpfung entdeckt. Der rote Faden seiner Erkenntnissuche liegt einzig und allein in der Sicherheit der Erinnerung, und seine eigene Schöpfung entspringt der Sehnsucht, stets das zu erstreben, was er auch prompt immer wieder „findet“ – ein im Suchen selbst liegender Lebenssinn! Was der Mensch aus dieser Not heraus „Gott“ nennt, ist in Wahrheit sein eigenes, von ihm allein geschaffenes Ebenbild, weil er sich an Gott selbst nicht (mehr) erinnern kann. Und was er als Ziel bezeichnet, enthüllt im Grunde nur seine Absichten, und zwar in Form des von ihm selbst entworfenen Schöpfungssinns. Finden ist seine spezifische Form von Suchen!
Das sechste Siegel
Man sagt, dass Krisen von Menschen ausgelöst werden, aber das ist nicht ganz präzise:
Krisen werden von den Inhalten und Systemen, die den Menschen aufoktroyiert worden sind, ausgelöst, wenn die Menschen ihre angelernten Inhalte in der Welt zu verwirklichen trachten.
Akron
Die logischen Axiome des Aristoteles, seit mehr als zweitausend Jahren das Fundament des abendländischen Denkens, sind nicht nur die sichere Grundlage, auf der unser Weltbild steht, sondern sie sind gleichzeitig auch der Preis für diese Sicherheit. Sie errichten nicht nur die hohen Mauern der rationalen Wissenschaften, die alles ausgrenzen, was sich nicht in die Gesetze der Logik eingliedern lässt, sondern sie mutieren auch zu einem Filter unserer Erkenntnis, der alles aussondert, was nicht durch Stoff und Form, Bewegung und Ziel definiert werden kann. Doch es geht auch anders. Im Gegensatz zu Aristoteles ging Platon davon aus, dass wir im sichtbaren Objekt nur das erkennen können, was dem inneren Urbild dieses Objektes entspricht, d. h. was wir an Informationen oder Vorstellungen über das betreffende Objekt in uns tragen. Das bedeutet, dass unser Bewusstsein im Objekt immer nur unsere eingegebenen Erfahrungen erkennt, und dass wir, indem wir das Objekt erkennen, im Grunde immer nur uns selbst erkennen, oder genauer: unsere Perspektive gegenüber dem Objekt.
Aus Platons Blickwinkel heraus betrachtet, ist Aristoteles’ Modell also nur eine „Vorstellung vom Leben“ – eben aus der Perspektive der Wissenschaft heraus gesehen. Denn alles, was wir in unserer Anschauung der Welt erfassen, ist eine Vorstellung von Wahrheit, ein Abbild der Wirklichkeit, abhängig von Gesetzen, die wir uns selbst geschaffen haben. Bei Letzterem beherrscht die Vorstellung bereits die Wirklichkeit, und viele Suchende glauben, dass die Vorstellung die Wirklichkeit nur ausdrückt. Wie kann die Vorstellung aber die Wirklichkeit ausdrücken, wenn sie nicht weiß, was die Wirklichkeit ist? Deshalb lässt sich im wissenschaftlichen Streben auch nicht das schöpferische Bemühen erkennen, die Natur zu verstehen, sondern höchstens das menschliche Bestreben, aus der Natur heraus das abzuleiten, was der duale Geist seinen Verständnismodellen als „zusammenhängende Erinnerungen“ dann wieder abringen kann.
Um es ein wenig bissig auszudrücken: Eigentlich spielt es keine Rolle, was wir sehen, oder wie wir das interpretieren, was wir zu erkennen glauben – was sich vor unserem Auge abspielt. Im Grunde ist es auch völlig egal, ob wir lügen oder die Wahrheit sagen, weil die Wahrheit sowieso immer ein Teil der Lüge ist. Aber nicht, weil sie unwahr, sondern weil sie immer nur die Hälfte eines unerkannten Ganzen ist, das wir nie sehen dürfen, weil sonst unser ganzes Weltbild, das die Dinge polarisiert, zusammenbricht. Deshalb ist es nur natürlich, dass unsere Welt lückenhaft und unvollkommen ist. Denn von einem Modell, das immer einen Teil seiner selbst gegen sich selbst mobilisieren muss, um den anderen Teil zu stützen, ist schlechterdings keine Vollständigkeit zu erwarten.
Das siebente Siegel
Krisen sind immer auch ein notwendiger Teil der Entwicklung, und es ist auch nicht die Aufgabe des Menschen, daraus zu lernen. Das – so zynisch es klingt – würde die Entwicklung hemmen. Die menschliche Entwicklung lag noch nie im Zurückbuchstabieren oder