Markus Blume führt dich durch die Zeit. Lüerß Werner
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Wie unter einem inneren Zwang bewegte ich mich auf die Tür zu, schloss sie auf und trat in das dunkle Haus. Es war totenstill. Langsam suchte ich meinen Weg in den großen Raum der Konditorei. Die Tür war nicht zu. Langsam öffnete ich sie. Alles war dunkel und leer.
Ich setzte mich in die Mitte des Raumes und sang mein Lieblingslied, das ich schon als Kind in der Familie gesungen hatte: Stille Nacht, Heilige Nacht. Dabei hielt ich die kleine Schleife in meiner Hand. Tränen liefen mir die Wangen herab.
Ich war allein und sang in einem leeren, kalten Haus ein Weihnachtslied! Wenn mich jemand hören würde, dachte ich. In meiner Hand aber spürte ich Wärme, die meinem Körper, meine Seele traf wie ein Pfeil der Glückseligkeit.
Ein Licht durchfuhr meine Faust, erschrocken öffnete ich sie. Der Raum wurde von Sekunde zu Sekunde von meiner linken Hand aus, in der die Schleife lag, heller, strahlender. Ich sah plötzlich Konturen von Möbeln und Menschen. Zuerst waren sie nur schattenhaft sichtbar, aber Sekunden später konnte ich alles klar erkennen.
An den Tischen saßen die gleichen Menschen wie bei meiner ersten Begegnung: der alte Mann und das Mädchen. Alle im Raum sangen mein (unser!) Weihnachtslied. „Ich spürte etwas Feuchtes meine Hand berühren.“ Es war die Nase meines Freundes, der kleine braune Hund mit den schwarzen Augen. Ich saß noch immer auf dem Boden. Ich nahm den Hund auf meine Arme und streichelte ihn. Gemeinsam sangen wir. Ich war glücklich. Ja, in mir waren nicht die Zweifler am Werk.
Zum Ende des Liedes erhoben sich alle und drückten mir die Hand. Das kleine Mädchen lachte mich an: „Markus, habe keine Angst, wir möchten uns bei dir bedanken für das Lied, das du für uns gesungen hast! Als Zeichen unserer Liebe möchten wir dir etwas geben, das dich immer an diesen Tag erinnern wird. Unser Weihnachtsgeschenk hast du schon auf den Arm. Es wird dich immer lieben – bis zu seinem letzten Atemzug!“
Langsam verschwanden die Gestalten. „Zuletzt war auch das Mädchen mit den roten Zöpfen fort.“
Ich war glücklich und zufrieden. Ich machte mich auf den Weg nach Haus. Es war schon spät. Der kleine Hund, den ich von jetzt an „Prinz“ nannte, begleitete mich.
Er lief neben mir im Schnee, sprang hier und dort in eine Schneeverwehung.
Ich war ein zufriedener Mensch. Mich konnte jetzt nichts mehr aus der Ruhe bringen! Prinz sollte von diesem Tag an viele Jahre bei mir leben. Über diese Geschichte habe ich noch mit keinem Menschen gesprochen – nicht einmal mit Erika.
*
Zu Hause angekommen, war alles still. Alle schliefen schon. Prinz und ich machten uns daran, die Etagen zu erklimmen. Sein kleiner Stummelschwanz wackelte hin und her, wenn er an den Wohnungstüren der Nachbarn schnupperte. Oben angekommen, blieb er vor meiner Tür stehen. Hier wurde er richtig wild, sprang an der Tür hoch.
„Schon gut, Kleiner, wir sind gleich drin!“
Ich schloss auf. Ich trocknete Prinz erst einmal sein Fell und reinigte ihm die Füße. Danach war ich dran: Ich setzte mir Wasser für eine Tasse Grünen Tee auf.
„Na, Prinz, hast du noch einen Wunsch?“
Prinz schaute an mir hoch, seine Zunge hing aus seiner Schnauze. Was er mir wohl sagen wollte? Ich musste erst einmal nachdenken: Was braucht mein Kleiner? Ein Tier hatte ich bis jetzt noch nicht gehabt. „Meine Gedanken zogen mich wieder in eine andere Zeit.“ schweiften zurück in die Vergangenheit, ich hörte dieses Bellen schon von Weitem mir in der Gedankenwelt entgegen rufen, unser Junge ist zurück.
Hier fiel mir mein Großvater ein, der früher Hunde gezüchtet hatte. Harte Burschen, bissfreudige Monster, gute Auslese für Munitionslager der Armee, ich war ein Mitglied Ihres Rudels geworden. „Damals als Junge …“
Natürlich Markus, ein Hund muss essen und trinken!
Ein Trinkgefäß fand ich im Schrank der Spüle und füllte es mit Wasser. Als Fressnapf nahm ich eine alte Edelstahlschale, die brauchte ich nicht mehr. Was aber sollte ich meinem Hund geben? Hundefutter hatte ich nicht, ich hatte ja noch nie einen eigenen Hund gehabt! Meine Gedanken suchten verzweifelt nach Essbarem. Ich mischte dem Kleinen schließlich ein Fressen à la Markus zusammen: Thunfisch mit Haferflocken und Mohrrüben. „So, mein Kleiner, an die Arbeit!“
Ich war gespannt, wie Prinz diese meine Kreation finden würde.
Seine Nase schnüffelte am Topf. Er drehte sich zu mir um und ich hörte zum ersten Mal sein Bellen – leise, aber wohlwollend. Er ließ nichts übrig, alles wurde mit der Zunge blank geputzt.
Danach gingen wir schlafen. Ich überließ Prinz meinen alten Waschkorb, in den ich noch eine Decke gelegt hatte.
In dieser Nacht begann für mich ein anderes Leben. Die vergangenen Tage ließen mich im Traum alles noch einmal erleben. Schweißgebadet schwamm ich in meiner Traumwelt. Irgendetwas hat mich in seinen Bann gezogen - Das fühlte ich, wer seid Ihr, diesen Hauch, der mich in seine Welt zog, kannte ich noch nicht. sollte ich das noch zu spüren bekommen, oh ja.
*
Am anderen Morgen, als ich meine Augen öffnete, stand Prinz mit seiner feuchten Schnauze am Bett. Als er merkte, dass ich wach wurde, sprang er am Bett hoch, als wollte er sagen: Raus hier, genug geschlafen!
Müde und unausgeschlafen begrüßte ich meinen neuen Freund. Schwankend betrat ich den neuen Tag, tollte mit ihm durch die Wohnung. Laut bellend raste er hinter mir her.
„So, Kleiner, erst mal Pause!“
Ich machte mir einen Tee und verrichtete meine morgendliche Körperpflege. An Essen war noch nicht zu denken, mir war schlecht.
Leise versuchte ich, das Haus allein zu verlassen. Natürlich klappte es nicht: Prinz raste die Treppe runter, dabei sah ich es schon kommen: Seine Krallen versuchten, sich in den Boden zu verkrallen, aber er hatte keine Chance, der Boden wurde von unserer Hauswartsfrau zu gut gebohnert. Prinz purzelte die Treppe runter, ich hörte ihn quieken. Er rappelte sich wieder auf. Jetzt bewegte er sich bedächtiger.
Vor dem Haus Eiseskälte. Prinz stürzte sich in den erstbesten Schneehaufen und forderte mich auf, bei seinem wilden Treiben mitzumachen. Natürlich hatte ich keine Lust, mich am frühen Morgen in einen Schneehaufen zu werfen. Wir gingen die Straße entlang, alles lag noch in stillem Frieden. Ich jagte Prinz mit Schneebällen durch den nahen Park.
„Markus, hörte ich seine, diese bestimmenden Worte, ab nach Hause, deine Füße sind kalt und dein Hunger ist auch nicht ohne!“
Wir machten uns auf den Weg zurück. An der Haustür begegnete uns Heinz Grahn. Erst bemerkte er meinen Hund nicht – als wir allerdings beide im Hausflur waren, spürte er, dass etwas an seinem Hosenbein zupfte. Heinz musste lachen, als er meinen Kleinen sah.
„Mann, wo kommt der denn her? Markus, wie bist du denn auf den Hund gekommen?“
Ich musste innerlich lachen. „Tja, Heinz, eine lange Geschichte.“
*
In den nächsten Tagen wurde unsere Wohnung zur WG. Alle meine Nachbarn wollten Prinz sehen! Hier war es, das Leben im Einklang, das ich mir so wünschte.