Frieden - eine verlorene Kunst?. Stephan Elbern
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Der Hilferuf von Rhodos und Pergamon gegen die bedrohlich anwachsende Macht Philipps V. von Makedonien bot Rom den gewünschten Anlass, in die hellenistische Welt auszugreifen (201 v. Chr.). Erfolgreich gab man die Parole aus, die Griechen vor der Übermacht des Königs zu beschützen; nahezu alle Hellenen traten auf die römische Seite. Nach seiner Niederlage bei Kynoskephalai musste Philipp alle griechischen Städte in Europa und Kleinasien aufgeben; bei den Isthmischen Spielen des folgenden Jahres (196 v. Chr.) verkündete der siegreiche Feldherr T. Quinctius Flamininus unter allgemeinem Jubel die Freiheit der Hellenen (diese hinderte die Römer allerdings nicht, hohe Kontributionen bei ihnen einzutreiben).
Es folgte der Krieg gegen Antiochos III. d. Gr. (223 – 187 v. Chr.), den mächtigsten Herrscher dieser Zeit. Nachdem er mehrere Aufstände niedergeworfen und mit wechselndem Erfolg gegen die Ptolemäer gekämpft hatte, begann der König seine viel bewunderte „Anabasis“, die an den Siegeszug Alexanders d. Gr. anknüpfte – er durchzog Persien und Medien, unterwarf die Parther und drang bis nach Indien vor (212 – 205 v. Chr.). Danach entriss er den ägyptischen Herrschern das südliche Syrien sowie Phönizien und besetzte die ehemaligen makedonischen Stützpunkte in Kleinasien. Als er aber den Hellespont überschritt und Thrakien eroberte, stieß er auf die Interessensphäre der Römer; deren Forderung nach allgemeiner Freiheit der hellenischen Städte bedrohte wiederum die Herrschaft des Königs über Kleinasien. Nach langwierigen Verhandlungen, die gleichzeitig zu Kriegsvorbereitungen genutzt wurden, setzte Antiochos nach Griechenland über, freilich mit völlig unzulänglichen Streitkräften (192 v. Chr.). Das militärische Genie Hannibals, der am Seleukidenhof Zuflucht gesucht hatte, nutzte er ebenfalls nicht – er schob den besten Heerführer seiner Zeit zu einem unbedeutenden Flottenkommando ab! Bei den Thermopylen geschlagen – dort hatte einst Leonidas den Heldentod gefunden – kehrte der König nach Kleinasien zurück; als die Römer die Meerengen überschritten und weitere Erfolge errangen, war er bereit, seine europäischen Besitzungen, sowie alle Griechenstädte aufzugeben. Jetzt aber forderten die Römer, er solle auf Asien diesseits des Taurosgebirges verzichten. Bei Magnesia fiel die Entscheidung des Krieges; die seleukidische Armee erlitt eine vernichtende Niederlage. Das nominelle Kommando führte dabei der Konsul L. Cornelius Scipio, die eigentlichen Entscheidungen traf jedoch sein berühmter Bruder, der Sieger von Zama (190/89 v. Chr.).
Seleukidenreich niedergeworfen – Rom Herrin der Welt
Der geschlagene Herrscher floh in das phrygische Apameia Kibotos (nicht die bekanntere gleichnamige Stadt in Syrien); man gewährte ihm einen Waffenstillstand, um Friedensverhandlungen einzuleiten. Sein ranghöchster Minister und Feldherr Zeuxis reiste nach Rom, wo man die Bestimmungen des Abkommens festlegte. Im Frühjahr 188 v. Chr. wurde der Vertrag in Apameia feierlich abgeschlossen und beschworen: Der König musste Kleinasien diesseits des Tauros aufgeben, ferner alle Elefanten sowie – bis auf zehn Schiffe – die Kriegsflotte übergeben (deren Bewegungsfreiheit zudem eingeschränkt wurde); die Kriegsgefangenen und Überläufer sollten ausgeliefert werden, ebenso die Römerfeinde am seleukidischen Hof (Hannibal war bereits entflohen). Für das Abkommen bürgten zwanzig Geiseln, unter ihnen der gleichnamige Sohn des Herrschers (der spätere Antiochos IV., dessen Hellenisierungspolitik zum Aufstand der Makkabäer führte). Durch den Friedensschluss wurde die „Freundschaft“ zwischen den siegreichen Römern und dem König erneuert. Diesen sollte der Vertrag sogar das Leben kosten: Die hohe Kriegsentschädigung von 12.000 Talenten (zuvor hatte er bereits 3.000 Talente erlegen müssen) nötigte Antiochos, alle möglichen Geldquellen zu erschließen; als er bei Susa die Schätze eines Baalstempels plünderte, wurde er von der erbitterten Bevölkerung erschlagen.
Nach dem Frieden von Apameia stand der Osten des Mittelmeerraumes unter römischer Kontrolle, auch wenn der Senat die eroberten Gebiete nicht annektierte, sondern den Verbündeten überließ, v. a. Eumenes II. von Pergamon, dessen kühne Kavallerieattacke die Schlacht bei Magnesia entschieden hatte. Erst 146 v. Chr. wurden Griechenland und Makedonien in Provinzen umgewandelt, später die kleinasiatischen Länder. Während auf den Sieg von Pydna über die makedonische Phalanx (168 v. Chr.) kein Friedensschluss folgte – stattdessen teilte man das unterworfene Land nach der altbewährten Devise „divide et impera“12 in vier streng voneinander geschiedene Gebiete auf –, hatte man Antiochos zumindest die Fiktion eines Abkommens zwischen gleichberechtigten Vertragspartnern gewährt. Tatsächlich stand jedoch die Souveränität aller Völker und Länder des Mittelmeerraumes seither auf dem (noch nicht erfundenen) Papier. Denn nach einem bekannten Wort Th. Mommsens ist ein Staat nur dann wirklich souverän, wenn er (mit Aussicht auf Erfolg) gegen jedes andere Land Krieg führen kann. Angesichts der militärischen Übermacht Roms war dies jedoch keinem potentiellen Gegner mehr möglich – die Tiberstadt war zur unbestrittenen Herrin der Welt aufgestiegen.13
Verzicht auf Rache: Der Friede von Dardanos (85 v. Chr.)
Die innenpolitische Lage zwingt den römischen Heerführer Sulla, dem pontischen König Mithridates einen maßvollen Frieden zu gewähren; erst Jahrzehnte später gelingt die endgültige Niederwerfung des verhassten Feindes.
In den Wirren nach dem Tod Alexanders d. Gr. war im nordöstlichen Kleinasien das Königreich Pontos entstanden; den Höhepunkt seiner militärischen Macht und historischen Bedeutung erlebte es unter Mithridates VI. Eupator (112 – 66, geb. um 132 v. Chr.), einem der ausdauerndsten und zähesten Gegner der römischen Expansionspolitik. Nach innerdynastischen Auseinandersetzungen zur Herrschaft gelangt, gewann er durch Erbschaft auch das Bosporanische Reich (auf der Krim), später eroberte er außerdem Kolchis und Kleinarmenien (am oberen Euphrat). Im Bund mit dem König von Bithynien besetzte er Paphlagonien; dann aber zerbrach die Allianz, da sich der Verbündete durch Heirat die Herrschaft über Kappadokien sicherte. Gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Tigranes von Armenien entriss ihm Mithridates dieses Gebiet; eine Intervention des später so mächtigen L. Cornelius Sulla, der damals als Propraetor Kilikien verwaltete, blieb trotz anfänglicher Erfolge ohne dauerhafte Wirkung (92 v. Chr.). Das nächste Opfer des pontischen Königs wurde Bithynien, wo Mithridates einen eigenen Prätendenten einsetzte; der vertriebene Herrscher bat in Rom um Hilfe, ebenso der rechtmäßige König von Kappadokien.
Als der Senat ihre Wiedereinsetzung verfügte (89 v. Chr.), führte der Konsular Manius Aquilius als Leiter einer römischen Delegation die Weisung aus, ohne auf Widerstand zu stoßen. Mit diesem Erfolg noch nicht zufrieden, veranlasste er den bithynischen Herrscher zum Angriff auf den pontischen König. Daraufhin eröffnete dieser den 1. Mithridatischen Krieg (88 – 85 v. Chr.); als „Zweiter Alexander“ und „Neuer Dionysos“ gefeiert, überrannte er mit einer gewaltigen Armee nahezu ganz Kleinasien einschließlich der Provinz Asia.14 Willig vernahm man dort seine Parole, er wolle die Unterworfenen von der Fremdherrschaft befreien, weithin wurde der König mit Jubel begrüßt; denn in den langen Jahren der systematischen Ausplünderung durch die römischen Statthalter und Steuerpächter hatten sich Hass und Erbitterung angestaut. Nur allzu bereitwillig befolgten die Bewohner Kleinasiens daher den Blutbefehl, den Mithridates im Taumel seiner Siege zu Ephesos erließ: Alle Italiker im Machtbereich des pontischen Herrschers sollten getötet, den Ermordeten zudem die Bestattung verweigert werden; angeblich fielen 80.000 Menschen der „Vesper von Ephesos“ zum Opfer. Danach errang der König die Seeherrschaft über die Ägäis und setzte nach Hellas über, auch dort von vielen Städten begeistert empfangen.
Im folgenden Jahr landete auch Sulla in Griechenland