Frieden - eine verlorene Kunst?. Stephan Elbern

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Frieden - eine verlorene Kunst? - Stephan Elbern

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Krieg im Mutterland erneuerten. Das politische Chaos in der Stadt, schwere militärische Fehler ihrer Heerführer, sowie die persische Unterstützung für die Feinde, führten jedoch schließlich zur Niederlage; mit der Vernichtung der athenischen Flotte bei Aigospotamoi (405 v. Chr.) durch den spartanischen Feldherrn Lysander war der Krieg entschieden. Der Seebund löste sich auf, zu Wasser und zu Lande wurde die einst so stolze Stadt eingeschlossen.

      Der Hunger zwang die Athener schon bald, Bevollmächtigte zu dem feindlichen König Agis zu entsenden, der das Belagerungsheer befehligte; dieser schickte sie nach Sparta, weil die Ephoren als höchste Staatsbeamte über Krieg und Frieden zu entscheiden hätten3. Bereits an der Grenze wurden die athenischen Gesandten zurückgewiesen – ihre Vorschläge seien inakzeptabel (sie hatten darauf bestanden, dass die Langen Mauern zwischen Athen und dem Hafen Piräus erhalten blieben). In der belagerten Stadt kam es zu erbitterten Auseinandersetzungen; schließlich übernahm Theramenes – erfahren als Stratege und Politiker, aber bereits in der Antike als „Wendehals“ verspottet – eine Gesandtschaft zu Lysander. Geschickt zog er die Verhandlungen mit dem spartanischen Heerführer in die Länge – der Hunger sollte die Bereitschaft der Athener erhöhen, einem unvermeidlichen Verlustfrieden zuzustimmen (die Volksversammlung hatte sogar jede Beratung über eine Niederlegung der Befestigungen untersagt!). Als die Not erste Todesopfer forderte, wurde Theramenes an der Spitze einer zehnköpfigen Delegation nach Sparta entsandt, um mit unbeschränkten Vollmachten über ein Friedensabkommen zu verhandeln. Dort berieten die Vertreter der siegreichen Poleis über das weitere Vorgehen; vor allem die Thebaner und Korinther verlangten die Vernichtung des verhassten Athen. Angeblich wegen dessen Verdiensten um die Freiheit Griechenlands (tatsächlich wohl, um ein Gleichgewicht der Kräfte zu bewahren), lehnten die Spartaner diese Forderung ab.

       Athen kapituliert – Sparta neue Vormacht in Griechenland

      Die Friedensbedingungen waren ohnehin hart genug: Athen musste die Langen Mauern sowie die Befestigungen des Piräus schleifen (und war damit faktisch wehrlos), alle auswärtigen Besitzungen und Stützpunkte aufgeben, die Kriegsschiffe bis auf zwölf ausliefern, den Verbannten die Rückkehr erlauben und den Siegern künftig Heerfolge leisten. Eine spartafreundliche oligarchische Regierung, die „Dreißig Tyrannen“, wurde in der Stadt eingesetzt, auf der Akropolis eine Besatzung stationiert. Die Hungersnot ließ den Besiegten keine andere Wahl; man musste die Bedingungen annehmen. Die Flotte Lysanders lief in den Piräus ein; unter Flötenklang begann der Abriss der Mauern, die athenischen Schiffe gingen in Flammen auf (404 v. Chr.).

      Zunächst besiegelte der Ausgang des Peloponnesischen Krieges die Hegemonie der Spartaner über Griechenland. In den folgenden Jahren zeigte sich jedoch, dass weder ihre politische Führung noch ihr bedeutendster Feldherr Lysander ein zukunftsweisendes Konzept besaßen. Überall in Hellas wurden oligarchische Regierungen installiert, gesichert durch spartanische Besatzungen. Aber schon bald waren die neuen Machthaber weitaus unbeliebter als die einstigen athenischen Herren; in einem Klima rigider Moral aufgewachsen, hielten sie sich im „Ausland“ für ihr früheres entbehrungsreiches Dasein schadlos und zogen sich durch Arroganz und schamlose Bereicherung den allgemeinen Hass zu; außerdem zeigten sie eine geradezu erschreckende politische Unfähigkeit. In Athen währte die blutige Herrschaft der „Dreißig Tyrannen“ – denen auch Theramenes zum Opfer fiel – nur ein Jahr. Zudem verlor Sparta die persische Unterstützung; nun floss das Gold des Großkönigs an den einstigen Kriegsgegner und ermöglichte einen Wiederaufstieg Athens, das dennoch nie mehr seine frühere Macht erlangen sollte.

      Der eigentliche Nutznießer der zunehmenden griechischen Zersplitterung war hingegen das Achämenidenreich, das schon bald im Königsfrieden seine außenpolitischen Ziele durchsetzen konnte.

      Die verhängnisvolle Uneinigkeit der kleinen Stadtstaaten ermöglicht dem persischen Großkönig, den Griechen seinen Willen aufzuzwingen; Hellas versinkt im Chaos.

      In einem langjährigen erbitterten Ringen hatte Sparta im Peloponnesischen Krieg (431 – 404 v. Chr.) die Vorherrschaft über Hellas erkämpft. Nun forderte der persische Großkönig Artaxerxes II. den damals vereinbarten Preis für die achämenidische Unterstützung: die Auslieferung der kleinasiatischen Griechenstädte. Jetzt aber warfen sich die Spartaner zu deren Schutzmacht auf und begannen unter ihrem König Agesilaos einen Feldzug gegen das Achämenidenreich. Daher förderte der Großkönig ihre innergriechischen Gegner; mit persischem Gold wurden Theben, Korinth und Argos gewonnen, der Athener Konon baute eine neue Flotte auf. Der Ausbruch des Korinthischen Krieges (394 – 387 v. Chr.) zwang Agesilaos zur Rückkehr nach Griechenland. In den Schlachten von Nemea und Koroneia bewährte sich nochmals die Überlegenheit der spartanischen Hopliten, die Entscheidung fiel jedoch zur See: Bei Knidos vernichtete Konon die spartanische Flotte. Im Triumph zog der siegreiche Admiral in die Vaterstadt ein und erneuerte die Langen Mauern; auch die zur Versorgung Athens lebenswichtigen Inseln Lemnos, Imbros und Skyros wurden zurück gewonnen.

      Gleichzeitig verhandelten die Kriegsgegner in Sardes mit dem persischen Satrapen Tiribazos; nun gewann der spartanische Gesandte Antialkidas4 die finanzielle Unterstützung des Großkönigs für seine Heimatstadt – allerdings gegen die erneute Preisgabe der kleinasiatischen Griechenstädte (393/​92 v. Chr.). In den folgenden Jahren zog sich der Krieg bis zur allseitigen (v. a. wirtschaftlichen) Erschöpfung hin. Inzwischen zum Nauarchen aufgestiegen, begab sich Antialkidas gemeinsam mit Tiribazos an den königlichen Hof nach Susa; dort wurde ein allgemeiner Friede für Hellas vereinbart. Nachdem die Drohung mit einer Hungerblockade durch eine persisch-spartanische Flotte den Widerstand Athens gebrochen hatte, stand dem Abkommen nichts mehr im Wege.

      In Sardes wurde der „Königsfrieden“ (auch Antialkidas-Frieden genannt) den Gesandten der griechischen Staaten mitgeteilt und im folgenden Jahr zu Sparta beschworen (387/​86 v. Chr.). Er sprach die hellenischen Städte Kleinasiens sowie Zypern dem Großkönig zu; alle Poleis in Griechenland sollten autonom sein (mit Ausnahme der für Athen lebensnotwendigen Inseln); den Widersachern dieses Vertrages drohte der persische Herrscher mit Krieg zu Wasser und zu Lande. Bereits für die Zeitgenossen war damit der Tiefpunkt der griechischen Geschichte erreicht; alle früheren Erfolge über die „Barbaren“ – die Siege von Marathon und Salamis, bei Plataiai und am Eurymedon – waren verspielt, die einst ruhmreich befreiten hellenischen Städte dem Feind preisgegeben.

       Königliches Diktat – kleinasiatische Griechenstädte verloren

      Die „allgemeine Autonomie“ sicherte zunächst die Vorherrschaft Spartas, denn sie erlaubte dem Kriegerstaat, gegen jede Machtkonzentration in Griechenland vorzugehen, etwa den Boeotischen Bund der Thebaner; so wurde die Burg von Theben – mitten im Frieden – rechtswidrig besetzt. Ein erfolgreicher Handstreich zwang jedoch die spartanische Garnison zur Übergabe; Athen trat auf die Seite der einstigen Gegner und erneuerte seinen früheren Seebund. Ein allgemeingriechischer Kongress in Sparta sollte den Königsfrieden erneuern; dies scheiterte jedoch an der Forderung Thebens nach einer Anerkennung seines Bundes. Wenige Wochen später mündete der Straffeldzug der Spartaner in der vernichtenden Niederlage bei Leuktra; davon hat sich der Kriegerstaat nie mehr erholt (371 v. Chr.).

      Es folgte eine kurzlebige Hegemonie Thebens, die freilich schon bald mit dem Heldentod seines genialen Feldherrn Epameinondas endete.5 Danach versank Griechenland vollends im Chaos. Die Zeit war reif für eine Einigung des zersplitterten Landes; Philipp II. von Makedonien sollte dieses Werk vollbringen.

      Nach dem entscheidenden Sieg bei Chaironeia vereint Philipp II. die griechischen Stadtstaaten im Korinthischen Bund; damit ermöglicht er den Siegeszug seines Sohnes Alexander

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