Skandal um Zille. Horst Bosetzky

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Skandal um Zille - Horst Bosetzky

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Zille nur ein Berliner Thema ist und nicht alle Deutschen diese Stadt und ihren – Pardon! – teilweise fürchterlichen Dialekt lieben. Da wäre manchen ein Stummfilm wesentlich lieber.«

      Banofsky musste schlucken. »Machen Sie mir nicht meinen Traum kaputt!«

      »Das war nicht meine Absicht!«, rief Erich Pommer.

      »An wen könnte ich mich wenden, wenn die U FA ausscheidet?« Pommer überlegte einen Augenblick. »Gehen Sie zu Otto Guttenberg, der hat für alles Berlinische ein mächtiges Faible.« Banofsky bedankte sich, lief zum Bahnhof Hermannstraße und fuhr mit der Ringbahn eine Station bis Neukölln. Dann lief er knapp einen Kilometer und fuhr anschließend mit der U-Bahn bis zum Bahnhof Friedrichstadt. Von da aus war er schnell in der Leipziger Straße, wo er mit Cilly im Kempinski zum Mittagessen verabredet war. Dort waren die Preise erfreulich zivil.

      Sie fanden einen freien Tisch im Burgensaal, dessen Wände Gemälde der Burg Rheinstein, der Wartburg und der Schlösser Eltz und Heidelberg zierten.

      »Das ist keine große Kunst«, urteilte Banofsky streng, aber treffend. »Da hätten sie besser Zille rangelassen.«

      »Von dem kommst du gar nicht mehr los!«, rief Cilly.

      »Genauso wenig wie von dir.« Er küsste sie so intensiv, wie das in der Öffentlichkeit überhaupt möglich war.

      Ein Ober räusperte sich.

      Banofsky lachte. »Ich weiß, Sie haben Angst um Ihre Gläser. Wenn Sie die bitte abräumen wollen, damit meine Braut und ich hier ungestört auf dem Tisch …«

      »Mein Herr, dürfte ich Sie bitten, unser Haus sofort zu verlassen!«

      »Sehr gern …«

      Banofsky zog Cilly mit sich fort. Die sträubte sich und war böse über seinen Auftritt. »Wir sind hier nicht das Kabarett der Komiker!«

      »Leider! Aber die Größe des Saales hat mich an den Reichstag erinnert.«

      Den Witz verstand Cilly nicht, und Banofsky konnte sie auch nicht mit dem Vorschlag versöhnen, bei F. W. Borchardt an der Französischen Straße zu speisen.

      »Bist du verrückt? Wer soll denn das bezahlen?«

      »Keiner. Ich hatte an Zechprellerei gedacht.«

      Sie einigten sich schließlich auf die Charlottenklause in der Charlottenstraße, weil die ihren Namen in Zille-Klause geändert hatte und sie hoffen konnten, Heinrich Zille dort zu treffen. Doch er war nicht da.

      »Schade, dass das Leben kein Film ist«, sinnierte Banofsky.

      »Sonst hätte ich eine Szene in das Drehbuch geschrieben, in der ich Zille hier in seiner Klause treffe – inmitten seiner Bilder.«

      »Was nun?«, fragte Cilly.

      »Ich werde mich bemühen, so viel wie möglich über Zille zu erfahren.« Dann kam Banofsky auf den Türöffner zu sprechen, an den er am Morgen gedacht hatte. »Ich muss jemanden finden, der mir den Weg zu Zille ebnet, einen engen Freund, nicht nur einen Bekannten wie Kurt Tucholsky.«

      »Wie wäre es mit Claire Waldoff?«, fragte Cilly.

      »Nein, ich glaube nicht, dass sie sich dazu bereit erklären würde. Ich werde nachher gleich anfangen zu suchen.«

      Die Wirtin kam, sie gaben ihre Bestellung auf und redeten dann über Cillys verzweifelte Suche nach Arbeit.

      »Bei den Theaterleuten habe ich keine Chance«, jammerte sie.

      »Die von den seriösen Häusern sehen mich als kleines Dummchen, das ihre Stücke nicht versteht, und bei der leichten Muse bin ich denen zu interlektuell.«

      Banofsky vermied es, sie zu verbessern. »Also gilt für dich dasselbe wie für mich: Nur der Tonfilm kann die Rettung bringen!« Sie stießen darauf an, wenn auch nicht mit Champagner, sondern nur mit Mineralwasser und Pils.

      Danach gingen Banofsky und Cilly in eine große Buchhandlung in der Friedrichstraße und sahen sich alle Zille-Alben an, die in den Regalen standen.

       Kinder der Straße. 100 Berliner Bilder

       Erholungsstunden

       Berliner Luft

       Mein Milljöh. Neue Bilder aus dem Berliner Leben

       Berliner Geschichten und Bilder

       Rund um’s Freibad.

       Rings um den Alexanderplatz

      »Das kann sich sehen lassen!«, fand Cilly.

      Banofsky war beim Durchblättern eines Bandes auf eine Zeichnung mit einem Hund gestoßen. »Siehst du, das wäre der Unterschied zwischen einem Bild und einem Film: Im Film würde der Hund jetzt mit dem Schwanz wedeln, und man könnte ihn bellen hören.«

      Um das zu verdeutlichen, bellte er wirklich. Einige Kunden guckten pikiert. Ein Buchhandlungsgehilfe kam sogleich herbeigeeilt.

      »Wie darf ich das verstehen, mein Herr?«

      Banofsky lächelte und machte mit beiden Händen eine ausladende Bewegung in Richtung der deckenhohen Bücherregale.

      »Bei so viel Bildung dachte ich, Sie hätten sich auch einmal in die Kynologie vertieft …«

      »In was bitte?«

      »In die Kynologie, die Lehre vom Hund. Das Wort kommt vom griechischen kýon, der Hund. Wenn Sie die Hundesprache verstehen würden, wüssten Sie, was ich mit meinem Gebell habe ausdrücken wollen: Ich suche eine Biographie über Heinrich Zille.«

      Der Jungbuchhändler begriff die Welt nicht mehr. Er hatte den Kunden für einen armen Irren gehalten – und nun äußerte der in einer gehobenen Sprache einen ganz gewöhnlichen Wunsch. Dass sich Cilly kichernd abwandte, irritierte ihn ebenfalls.

      »Ich möchte etwas Biographisches über Heinrich Zille«, wiederholte Banofsky. »Eine Biographie ist die Lebensbeschreibung einer Person. Von bíos, das Leben.«

      »Ich weiß, ich weiß.«

      »Gut. Haben Sie etwas für mich auf Lager?«

      »Da bin ich überfragt, tut mir leid.« Der junge Mann eilte davon, um den Inhaber zu holen.

      Der kam herbei. Banofsky fand, dass er eine frappierende Ähnlichkeit mit Adele Sandrock hatte. Sein Gehilfe musste ihm schon gesagt haben, worum es ging, denn er kam sofort auf Zille zu sprechen.

      »Ich muss Sie leider enttäuschen, mein Herr, aber eine Biographie geschweige denn eine Autobiographie von Heinrich Zille kann ich Ihnen nicht anbieten. In Ausstellungskatalogen werden Sie etwas über sein Leben finden, auch Zilles Rede bei seiner Aufnahme in die Akademie der Künste liegt gedruckt vor. Dazu einige Essays von Otto Nagel. Aber ein richtiges Buch gibt es nicht, auch keine wissenschaftliche Monographie. Zu diesem Thema entsteht zwar derzeit vieles, aber fertiggestellt ist bisher noch nichts. Ich weiß nur, dass

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