Mein lieber Eduard. Friedemann Steiger
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mein lieber Eduard - Friedemann Steiger страница 13
Dein Bruder wird Dir geschrieben haben, dass der 26. Februar zu Deiner Promotion ist. Wie sehne – wie freue ich mich auf diese Tage. Ist es einigermaßen möglich, so richte Dich ein, dass Du einige Tage hier sein kannst, um alles in Ordnung bringen zu helfen. Ein schwieriger Punkt ist die Melioration für die Ernte. Höre meine Ansicht: Wenn ich einen Acker verpachte, übernimmt der Pächter die Verpflichtung, den Acker beim Ende der Pachtung so zurückzulassen, wie er ihn übernommen hat. Dein Bruder hat die Ernte pr. 300 rh- also für eine sehr geringe Pacht für 33 Morgen. Die Melioration kann er nicht lassen, weil er kein Empfänger da ist – er muss sie also bezahlen, und ohne diese Meliorationszahlung würde ich ihn für sein geringes Gebot die Ernte nicht überlassen haben. Denke selbst darüber nach. Er hat ohnehin die Baumschule und alles zu niedrigen Preisen.
Was den Garten betrifft, so ist sein künftiger Beruf bestimmt. Er wird nicht Gärtner, sondern Kaufmann, und ich halte es auch für das Beste für ihn, obgleich er mir nicht geeignet genug erscheint, auch ist mir eine schwere Sorge abgenommen, wäre er Gärtner geworden, so läge die Verantwortung auf mir, jetzt liegt sie auf seinem Vater.
Habe eine Bitte: Gustav will mich auf einmal gern besuchen. Sein Vater gibt ihm kein Reisegeld. – Ich habe ihm solches geschickt und ihm geschrieben, dass er über Balgstedt reisen möchte. Kommt er zu Dir, so rate ihm von seiner Reise zu mir ab. Durch seine unvermutete Abreise ist mir der Schmerz der Trennung erspart. Durch seine Abreise von hier würde der Schmerz der Trennung noch empfindlicher für mich werden, so gern ich auch den guten Jungen noch einmal im Leben umarmt hätte. – Du verstehst mich.
Auguste Müller, deren Kondition Neujahr zu Ende ging, hat sogleich beim Amtmann Oelze in Sollstedt einen schönen Platz gefunden. Sie ist ganz zufrieden und glücklich in ihrer neuen Lage, wie sie mir schreibt. Du kennst sie, wie herrschsüchtig und eigennützig sie ist und so ist auch unsere Auguste mit ihrer Lage ganz zufrieden. Ihren Mann lobt sie und die Kinder sind mit der Mutter sehr gut. Wäre die arme Lina nicht, deren Zustand immer trauriger wird, so würde A, sehr zufrieden leben.
Bei mir ist jetzt ein Korrespondenzbüro -1. für den Familienbrief; 2. für den Verein; 3. für freundschaftliche Briefe; 4. für Unterbringugn von jungen Mädchen und Verwalter; 5. für Verlobungen (v.c. verbi causa=zum Beispiel) Herr Ungewitter mit Emma Heidecke; sie wollen einen landwirtschaftlichen Verein ins Leben rufen und fareg an, wie sie es anfangen sollen. Mit diesen Korrespondenzen ist der Morgen ausgefüllt-Nachmittags lese ich Zeitungen und andere Schriften. Abends liest Dein Bruder oft vor.
Doch genug vor jetzt und zur Beilage, die Du in ruhiger Stimmung, und wenn Du Zeit hast, lesen kannst
Grüße und küsse die liebe gute Auguste von allen recht herzlich Dein lieber Vater.
Windehausen, am 30. Januar 1862
Mein lieber Eduard!
Schon zwei Tage hatte ich auf Nachricht gehofft, und das machte mich sehr besorgt, umso größer ist nun meine Freude, dass alles nach den Umständen normal ist und wenn „Auguste“ alles gut geht, und ich will, indem ich zum Eintritt in einen neuen Zeitabschnitt gratuliere, von ganzem Herzen wünschen, dass mit der Zunahme der Tageslänge auch die Gesundheit und Erkräftigung der guten Auguste zunehmen möge. Schon die Geburt eines Kindes macht Schmerzen und Sorge und nun, wie viel mehr zwei kleine Wesen? Biete ja alles auf, um Deinem Frauchen die Last zu erleichtern, und ist sie mit Gottes Hilfe glücklich überstanden, so ist dann auch die Freude desto größer, denn je größer die Sorge um ein Kind, desto größer die Liebe zu ihm. Möge Gott meine stillen Wünsche erhören und Mutter, Vater und Kinder gesund erhalten. Sehr naiv ist der Einfall der kleinen Marie: „Soll denn Mäx’chen kein Schwesterchen bekommen?“ Dieser hat uns allen viel Spaß gemacht. Ob sie abe in zehn Jahren auch so gesagt haben würde?
Carl hatte zum Sylvester keine Punch gemacht, um sich nicht zu zerstreuen Gestern aber wurde ein solcher gemacht und der erste Toast wart ihr und die Zwillinge. Seine Predigtweise ist ganz eigentümlicher Art und spricht sehr an. Ob sie aber sich aber auch so in Zukunft vorhält! Gott – Gott erwähnt er nie, nur Jesus.
Müller, das habe ich Dir wohl schon geschrieben, hat glücklich verpachtet. Er ist bei seiner Verpachtung klüger gewesen als andere. Er hat das Feld auf 12 Jahre verpachtet, und jeder Pächter muss jährlich sein Quantum bezahlen. Seine Tochter Auguste geht zum Glück für unsere Auguste nun nicht nach Hause. sondern ist an Sylvester nach Wülfingerode gefahren; sie ist zu dem Amtmann Oelze gekommen. Hier hat sie es hoffentlich besser.
Der Bruder Studio Carl und Herr V. sind jetzt hier. Emma klagt oft darüber, dass es ihr zu sauer wird und weiß oft auch nicht, wie sie die Menschen sättigen will. Sie sind alle gut zu Fuße unter der Nase. Oft möchte es einem bange werden. Dazu kommt, dass sie und Nanny immer krank sind und klagen. Ich verhalte mich sehr ruhig und gehe äußerst fein mit allen um. Die Gemütlichkeit fehlt und damit fehlt mir gar viel.
Carl Junior ist schlau, und wo er mich über das Ohr hauen kann, tut er es, auch in Kleinigkeiten und das kann er bei mir sehr leicht. Aber ich liebe so etwas nicht.
Der Umzug hat freilich viel Geld gekostet, was man oft hören muss. Dabei hat man geglaubt, dass man in das Land kommt, wo Milch und Honig fließt. Das ist nun leider dieses Jahr nicht – es gibt kein Gemüse, keine Kartoffeln und doch braucht der Tisch täglich über zwei Mahlzeiten. Eine Kuh hat endlich gekalbt, aber das Kalb musste von Dr. Trenker und fünf Mann geholt werden und war tot. Doch die Kuh ist gesund und gibt viel Milch. Das ist eine Freude!! Nun kann Butter und Käse gemacht werden. Aber die saure Arbeit!!
Matreich (?) hat lange Jahre versichert gehabt, ist säumig im Bezahlen; er bekommt einen groben Brief vom A.; er geht zu ihm, bezahlt und kündigt. Zwei Tage danach verbrennt sein unversichertes Vieh!-
Die Wege fangen an unsicher zu werden. Gottschalk in Gräfbach hat man auf der Straße 10 rh abgenommen und solche Fälle gibt es mehr. Auch der arme Schneegass ist mittels Einbruchs schwer bestohlen und er berechnet den Schaden auf 200 rh.
Auguste will mich gern besuchen, aber es graust mir dafür, so gern ich sie auch sehe. Zwar für Fleisch will ich sorgen, wie ich bei solchen Gelegenheiten es schon getan habe, und beträgt an Wildbret und Fleisch p schon 13 rh!! so kleinlich geht es zu. Doch das unter uns. Wenn Du kommst, muss alles ins Reine gebracht werden. Was künftig werden soll, mag Gott wissen. Er kann mir nicht einen Taler abgeben. Das neue Möblement kostet 90 rh!! Carl hat an Michael 130 rh bekommen, jetzt nimmt er 50 rh mit, für Emma H. Muss 50 rh bezahlt werden! –-
Was unsern Gustav betrifft, so ist er noch nicht zurück; ich erwarte ihn am Sonnabend Gustav Oertel schreibt mir, dass sein Vater über alles zufrieden ist und er lernen könne, was er wolle. Die drei Jahre aber in Nordhausen wären vergeblich verbummelt und er würde ihm solches anrechnen! Welch elender dummer Mensch! Weil er selbst nichts gelernt hat, so glaubt er, dass die Kenntnisse, die sich Gustav in den drei Jahren erworben hat, umsonst wären. Der arme Gustav! Wie wird es ihm noch gehen, wenn ich nicht mehr bin?
Wenn die Umstände es bei Dir erlauben, dass Du zur Promotion kommen kannst, so gib mir Nachricht. Sie kann nur Ende eines Monats stattfinden.
Vehsemeyer