Fleischbrücke. Gerd Hans Schmidt
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»Herbert, ich helfe dir. Ein wenig frische Luft kann mir nicht schaden.«
Und wieder ernte ich einen ernsten Blick.
Wieder auf dem Flur.
»Wolff, warum willst du ständig mit der zusammen sein. Genüge ich dir nicht?«
»Was soll das, Ilse. Die Hannah hat eine psychologische Vorbildung und kann mit dem Pathologen ganz anders reden als wir alle zusammen. Und wenn ich mit ihr zusammen sein wollte, dann muss ich das nicht dienstlich bei einer Fahrt nach Erlangen organisieren. Wenn ich das will, dann gehe ich heute Abend mit ihr weg oder treffe mich mit ihr in ihrer Wohnung. Aus. Ich gehe heute Abend zum Kuchelbauer. Gehst du mit?«
»Ja.«
*
Eine Vermisstenmeldung ist bis heute, dem sechsten Tag nach dem Verbrechen, nicht eingegangen, was dafür spricht, dass Dr. Rosser mit seiner Theorie vom Obdachlosen richtig liegen kann. Diese Menschen treffen sich zwar oft abends und übernachten gemeinsam an einem geschützten Platz, aber wenn einer nicht mehr auftaucht, dann ist das halt so. Da kümmert sich dann keiner besonders. Wir können auch schlecht mit einem Foto von der Leiche an den uns bekannten Treffpunkten dieser Leute auftauchen und nachfragen. Ohne Gesicht wird das schwierig. Vielleicht hat der Rechtsmediziner noch ein besonderes Merkmal entdeckt.
Unsere Fahrt nach Erlangen verläuft bis Eltersdorf wortlos. Hannah sieht nur geradeaus oder tippt auf ihrem Telefon herum. Dann dreht sie sich zur mir herum.
»Wolff Schmitt. Deine Frau ist nicht begeistert davon, wenn wir beide zusammen ermitteln?«
»Nein, ist sie nicht. Sie ist eifersüchtig. Ich kann das auch nicht verstehen. Früher war sie nie so.«
»Da war ich auch noch nicht bei eurer Truppe. Ich kenne das. In meiner letzten Abteilung gab’s auch Trouble mit der Frau vom Chef.«
»Mit der Frau vom Landmaier Josef? Der ist doch schon 65 und kurz vor der Pension. Ich glaub’s nicht. Der hat dir gefallen?«
»Er mir nicht, aber ich ihm!«
»Der alte Bock. Aber so war der schon immer. War was?«
»Nein. Man hat schon bemerkt, dass er speziell was für mich übrig hatte, aber sonst hat er sich schon korrekt verhalten. Bei der Weihnachtsfeier letztes Jahr musste ich zweimal mit ihm tanzen, obwohl ich Tanzen hasse. Als ich beim dritten Mal dankend ablehnte und er enttäuscht dastand, hat sich seine Alte eben aufgeregt. Der war ja auch blöd, die zur Feier mitzunehmen und dann ständig bei mir anzuklopfen.«
»Kann ich mir bildhaft vorstellen. Ich kenn’ die. Da durfte keine andere mit ihm auch nur reden, schon war die auf 180. Der Josef! Wolltest du deswegen die Abteilung wechseln?«
»Nein. Als von euch die Anfrage kam, habe ich nicht lange überlegt. Mordkommission war schon immer mein Traum. Hat bis dahin nur nie geklappt.«
»Das freut uns auch sehr. Du hast in deiner alten Abteilung auch gute Arbeit geleistet.«
Dr. Rosser bittet uns in sein Büro.
»Also, Herrschaften. Dann fange ich mal von vorne an. Das Opfer, männlich, etwa Ende fünfzig, war nach einem heftigen Schlag mit einem flachen, metallenen Gegenstand sofort wehrlos. Dieser Schlag zerschmetterte den zweiten Halswirbel, sodass sofort eine Querschnittslähmung eintrat. Auffällig ist, dass sich am Wirbelkörper Einkerbungen zeigen, was dafür spricht, dass der Gegenstand scharfe Zacken hatte. Doch dazu noch später. Dieser Mann muss sofort zusammengesackt und wehrlos auf dem harten Boden aufgeschlagen sein. Dafür spricht eine stumpfe Verletzung am Hinterkopf, in der wir Partikel des Pflasters von der Brücke fanden. Ob das Opfer dadurch bewusstlos war, kann nicht mehr geklärt werden. Wir nehmen an, dass er mit dem Rücken auf den Boden fiel und der Kopf dann hart auf dem Steinboden aufschlug, was sehr für einen Bewusstseinsverlust spricht.
Anschließend durchtrennte der Täter die Halsschlagader auf der linken Seite. Er wartete aber nicht, bis sein Opfer so viel Blut verlor, dass er daran starb, sondern er machte sich sofort an die übrigen Verstümmelungen. Letztlich ist der Mann zwar an Blutverlust gestorben, aber nicht wegen des Schnitts durch die Halsschlagader alleine. Sonst hätte ich vor Ort dort eine größere Blutlache finden müssen. Blut war aber praktisch überall. Also, der Täter muss anschließend mit einem extrem scharfen Gegenstand brutal von vorne auf die Sehnen und die Muskulatur im Hüftbereich eingeschlagen haben, also genauer auf die oberen Oberschenkelmuskeln, sodass diese durchtrennt wurden. Dann hat er die Kapsel des Hüftgelenkes angeschnitten. Danach bog er dem Opfer, das jetzt auf dem Bauch gelegen haben muss, die Beine mit brachialer Kraft so nach hinten, dass die Hüftköpfe aus den Pfannen sprangen und die Kapseln vollständig aufplatzten. Das kostet erhebliche Kraft, sodass ich jedenfalls eine durchschnittliche Frau als Täter ausschließen möchte.«
»Warum macht der so was?«
»Mmhh. Da müssen wir wohl noch einen Forensiker hinzuziehen, der sich mit Täterpsychologie bestens auskennt. Also ich meine einen Profiler, wie das jetzt heißt. Ich kann mir nur vorstellen, dass er dem Opfer genau an diesen Stellen heftigen Schmerz zufügen wollte. Er wollte sagen, da soll es dir am meisten weh tun.«
»Vielleicht wurde ihm da früher sehr weh getan?«
»Ja, genau, Frau de Fries. Das ist wohl ein richtiger Ansatzpunkt. Machen wir aber weiter. Er hat dann die Leiche, also zu diesem Zeitpunkt war der Tod ganz sicher eingetreten, mit dem Rücken auf die Beine gelegt. Die Knochen standen nach vorne raus. Aber das haben wir ja gesehen, Herr Schmitt.«
»Leider.«
»Dann ging alles sehr schnell. Er schlitzte die Arme der Länge nach auf und schabte die Gesichtszüge ab. Dafür muss er ebenfalls einen bestimmten Grund gehabt haben. Keinen Sinn macht allerdings, dass er den Unterleib aufschnitt. Das erfolgte ohne Konzept, einfach kreuz und quer. Ich nehme an, dass er sich einfach noch sicher fühlte und aus Wut oder Genugtuung diese tiefen Schnitte vollführte.«
»Und die Waffe? Wir können wohl nicht annehmen, dass er allerlei Besteck dabei hatte!«
»Warum nicht? So etwas gab es schon einmal in London! Aber nein. Ich habe die Schnitte und Wunden genau vermessen. Es war ein schwerer Gegenstand aus Metall. Es war ein sehr scharfer und langer Gegenstand. Eine Seite hatte eine Art Zacken oder Sägezähne, oder wie sie das nennen wollen.«
»Ein Jagdmesser!«
»Nun, es gibt solche Messer für die Jagd. Aber die sind zu klein und zu leicht. Ich habe mich daraufhin im Waffenbereich umgesehen. Für mich kommt nur ein sogenanntes Bowiemesser in Frage.«
»Wie im Wilden Westen?«
»Ja, ja. Aber die werden auch heute noch gerne gekauft. Also das sind fast Schwerter. So ein Messer hat eine Klinge mit etwa 30 Zentimetern Länge, die bis zu sechs Millimeter stark sein kann. Dazu kommt der Griff, also die Dinger sind so um die 40 Zentimeter lang und können über ein Kilo wiegen. Die Klingen sind extrem gehärtet und extrem scharf und spitz. Viele haben am Messerrücken diese typischen Sägezähne. Für mich passt eine solche Waffe perfekt zu allen Verletzungen.
Vor allem der Schlag in den Nacken mit dem Ergebnis eines Wirbelbruches ist für mich mit einer solchen Waffe absolut nachvollziehbar. Die kann man mit voller Wucht einsetzen.«
»Und die kann man einfach so mit sich rumtragen?«
»Hannah,