50 Dinge, die ein Wiener getan haben muss. Alexandra Gruber Carina

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу 50 Dinge, die ein Wiener getan haben muss - Alexandra Gruber Carina страница 9

50 Dinge, die ein Wiener getan haben muss - Alexandra Gruber Carina

Скачать книгу

350 Tonnen. Mit ihrer Hilfe können Bühnendekorationen innerhalb von vierzig Sekunden geräuschlos gewechselt werden.

       Rosenduft und Lüftung

      Im Keller residiert auch Herr Martin, der „Wächter der Theaterluft“. Mithilfe des „wichtigsten Radls“ des Theaters, dem Steuerrad für die Belüftungskanäle, regelt er vom Keller aus Temperatur und Luftzufuhr. Die Zugvorrichtung, die mit dem Drehrad verbunden ist, scheint einem Jules-Verne-Roman zu entstammen und läuft kreuz und quer durch den labyrinthischen Keller bis zu einem Lüftungstor unter dem Volksgarten, wo die Luft für den Zuschauerraum angesaugt wird. Kaiser Franz Joseph hatte gar die Idee gehabt, mit der Luft gleich auch noch Rosenduft aus den Rosenbeeten des Volksgartens anzusaugen. Funktioniert hat die Idee, das Burgtheater auf diese Weise zu parfümieren, freilich nie. Ihren eigentlichen Zweck erfüllt die ebenso simple wie geniale Konstruktion aber immer noch tadellos, auch wenn es auf den Stehplätzen in den schwindelerregenden Höhen der Galerie schon einmal bis zu vierzig Grad heiß werden kann.

       Workshops

      Für jene, die gerne einmal am Burgtheater spielen möchten, werden Theaterworkshops angeboten. Im kuppelförmigen Dach, in 43 Metern Höhe, verbirgt sich ein Theaterraum: der Lusterboden. Hier unterrichten Theaterpädagogen junge Nachwuchsschauspieler und zeigen diesen, wie sie mit vollem Körpereinsatz den richtigen Ton treffen oder scheinbar langweilige Alltagssituationen in unterhaltsame Stücke verwandeln.

      Als besonderen Service für Blinde und Sehbeeinträchtigte bietet die Burg mit dem Projekt „Theater4All“ einmal im Monat Vorstellungen mit Live-Audiodeskriptionen an, wo Sprecher die Bilder des gesamten Stückes beschreiben. Außerdem werden alle Aufführungen für Besucher mit Hörgeräten mittels Induktion akustisch verstärkt, damit wirklich jeder in den Genuss einer der besten Bühnen der Welt kommt.

      Burgtheater: Universitätsring 2, 1010 Wien. Führungen beginnen beim Haupteingang in der Kassenhalle. Dauer: ca. 50 Minuten. Keine Anmeldung erforderlich, Spezialführungen (Schnürboden, Keller) müssen separat gebucht werden. Preise: Erwachsene 6,50 €, Senioren 5,50 €, Kinder/​Schüler/​Studenten 3 €.

       www.burgtheater.at

      09

      DEMOKRATIE UND NACKTE GÖTTER

      Innere Stadt | Parlament

      Bürger sind nicht immer glücklich mit den Entscheidungen, die im Parlament getroffen werden. Trotzdem lohnt sich ein Besuch. Denn sonst würde man nicht erfahren, was es mit dem Kaiser im Nachthemd auf sich hat und wie man Politiker zum Gespräch treffen kann.

      Es wäre nicht Wien, wenn der Bau des Parlaments nicht von spöttischen Bemerkungen, Debatten und Skandalen begleitet worden wäre. Einigen Abgeordneten war das neue Parlament mit 1600 Zimmern zu groß, die geplante „Austria“ am Brunnen vor dem Haus führte zu hitzigen Debatten und einige mokierten sich über die nackten Statuen.

      Ende des 19. Jahrhunderts war die Ringstraße eine große Baustelle. Das Volks- und Burgtheater, die Oper, das Rathaus, die Universität, das Natur- und das Kunsthistorische Museum wurden errichtet und auch das Parlament: geplant im klassizistischen Stil vom dänischen Architekten Theophil Hansen. Selbstverständlich begleitete den Bau die übliche Wiener Geräuschkulisse.

      Vor dem Parlament sollte eigentlich eine personifizierte „Austria“ stehen. Dies führte zu heftigen Debatten im Vielvölkerstaat. Vertreter der Volksgruppen kritisierten, die Allegorie würde nur den deutschsprachigen Teil des Reichs repräsentieren, also entschied man sich doch für die neutralere Variante, die griechische Göttin Pallas Athene. Dass die Göttin der Weisheit dem Parlament letztlich den Rücken zukehrte, sei freilich schon damals Anlass für Spott gewesen, so erzählt es zumindest der Parlamentsguide.

      Die Führungen im Parlament sind aber nicht nur vergnüglich, sondern für Staatsbürger auch lehrreich – man erfährt einiges über die Herausforderungen des Parlamentarismus, die Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung und die wechselvolle Geschichte des Hauses. Wäre es nach Kaiser Franz Joseph gegangen, hätte dieses nie erbaut werden sollen. Parlament und Verfassung gewährte der Kaiser dem Vielvölkerstaat nur gnadenhalber – zeitlebens behielt er sich die Letztentscheidung über die verabschiedeten Gesetze vor. Deshalb ist er auf dem Giebel des Parlaments auch als römischer Imperator zu sehen. Die Wiener allerdings, Meister des subversiven Wortwitzes, nannten den Imperator in Toga nur den „Kaiser im Nachthemd“.

       Führungen zu verschiedenen Themen

      Eine reguläre, öffentliche Führung klärt über den eigentlichen Zweck des Parlaments, die Konsensfindung und die Verabschiedung von Gesetzen, auf. Hier lernt der Besucher alles über National- und Bundesrat und erfährt, wie Gesetze zustande kommen. Außerdem gibt es amüsante Geschichten über Schreiduelle und Tintenfass-Schlachten zur Zeit des Vielvölkerstaates. Den Besuch in den Sitzungssälen kann man nutzen, um sich selbst ans Rednerpult zu stellen oder sich kurz auf den Platz seines „Lieblingspolitikers“ zu setzen.

      Die Architekturführung zeigt die Welt des Architekten Hansen sowie die Geschichte der Ringstraße und verrät manches über die griechische Mythologie. Auf der Rampe vor dem Parlament sind etwa klassische Geschichtsschreiber verewigt, die Attika ist geprägt von sechzig Marmorstatuen berühmter Männer aus dem Altertum und im Inneren des Hauses erstaunt den Besucher ein Tempel mit 24 Säulen. Man erfährt aber auch einiges über die Bautätigkeit – wo Hansen sein Büro hatte, warum die Fassade des Parlaments nicht wie geplant bunt bemalt wurde – und kann über den damaligen Reichstagspräsidenten schmunzeln: Die von Hansen entworfenen Götterstatuen sollten den klassischen Vorbildern entsprechend nackt sein, mussten aber 1886 auf Wunsch des Reichstagspräsidenten mit Weinlaub „bedeckt“ werden. Erst 1906 wurden sie wieder „ausgezogen“.

      In der Ornamentik des Parlaments spielten Frauen als Allegorien von Anfang an eine wichtige Rolle: Ihre Figuren versinnbildlichen Tugenden wie Weisheit und Wahrheit oder die Kronländer des Vielvölkerstaates. Real mitzureden haben Frauen im Parlament aber erst seit 1919 – und der Weg, bis eine Frau Nationalratspräsidentin wurde, war lang und steinig. Die Geschichte der Frauen in Parlament und Parlamentarismus zeichnet die Führung „Frauen im Parlament“ nach.

      Kunstinteressierten werden bei den Spezialführungen schließlich die sonst versperrten Türen zum Pressezentrum und den Ausschusslokalen geöffnet. Hier tagen normalerweise Nationalratsmitglieder, beraten am grünen Tisch über Gesetzesentwürfe, diskutieren mit Experten und arbeiten Begutachtungsrückmeldungen in die Gesetze ein. Doch jedes Jahr hängen Kuratoren auch moderne Kunst in den historischen Räumen auf. An Samstagen führen sie angemeldete Besucher durch die spannenden Ausstellungen in sonst öffentlich nicht zugänglichen Räumen und Gängen.

       Plenarsitzungen

      Zu Zeiten, an denen Nationalrat oder Bundesrat tagen, kann man hingegen den verbalen Schlagabtausch zwischen den Rednern, die oft schwierige Konsensfindung und die Abstimmungen über Gesetze hautnah miterleben. Weil die Abläufe für Laien oftmals kompliziert und unverständlich sind, stehen den Besuchern zwei Parlamentsmitarbeiter zur Verfügung, die die Vorgänge erklären

Скачать книгу