Kampf der Welten. Adrian Plass
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Brief an Rob Frost
Beerdigungen sind düster und unbehaglich, aber sie sind nur ein Teil von alledem, was aus den Fugen gerät, wenn wir versuchen, uns mit dem völligen Verschwinden von Menschen abzufinden, die wir geliebt haben. Vielleicht gilt das besonders dann, wenn der betreffende Mensch eine außergewöhnlich lebhafte Persönlichkeit hatte. Man sieht sie nicht mehr, aber man bringt es auch nicht fertig, sie nicht zu sehen, wenn Sie wissen, was ich meine. Wahrscheinlich wissen Sie es nicht. Ich glaube, ich weiß es selbst nicht, aber ich weiß, es hat etwas Wichtiges zu bedeuten.
Wo wir gerade von lebhaften Persönlichkeiten reden: Vor ein paar Jahren wurde ich gebeten, bei der Trauerfeier für Rob Frost etwas zu sagen. Ich hatte Rob schon seit einigen Jahren gekannt, hauptsächlich als den mitreißenden Leiter von Easter People, dem Methodistenfestival, zu dem Tausende von Menschen an diversen Veranstaltungsorten quer durch Großbritannien strömen. Ich mochte Rob sehr gern. Leider war es mir wegen eines Terminkonflikts nicht möglich, selbst an der Trauerfeier teilzunehmen. Immerhin konnte ich einen Beitrag senden, den jemand anderes vorlas. Was für eine Form sollte ich dafür wählen? Nachdem ich mir darüber lange den Kopf zerbrochen hatte, beschloss ich, ihm einen Brief zu schreiben. Ich weiß nicht einmal, wer ihn dann letzten Endes vorlas. Ich war nicht dabei. Aber Rob war dort. Er hat ihn gehört.
Lieber Rob,
da Du jetzt im Himmel bist, kann ich so grob sein, wie es mir passt. Bevor ich Dir zum ersten Mal begegnete, sah ich in einer Zeitschrift ein Foto von Deinem Gesicht. Es sah Dir nicht besonders ähnlich, und ich weiß noch, dass ich fand, Du sähest aus wie ein Jahrmarktsbudenbesitzer. Später wurde mir dann klar, dass ich damit gar nicht so falschlag. Du und Jesus und der durchschnittliche Jahrmarktsbudenbesitzer, Ihr hattet schon immer ein wesentliches Merkmal gemeinsam: Ihr wolltet mit aller Kraft und Leidenschaft so viele Nieten einsammeln wie möglich. Du warst völlig versessen auf Jesus, nicht wahr, Rob? Ob Du in Hochstimmung warst oder völlig verzweifelt, erschöpft oder ausgeruht, voll guten Mutes oder tief enttäuscht, Du hast nie das Verlangen verloren, zu erleben, wie Menschen bewusst wird, dass Jesus das einzige Licht ist, das sie in jeder erdenklichen Dunkelheit brauchen.
Meine Erinnerungen an Dich sind wie Schnappschüsse.
Ich erinnere mich, wie ich einmal auf der Bühne saß, während Du sprachst. Du hattest mich gebeten, ein paar Kleinigkeiten parat zu haben, damit Du hin und wieder, wenn Dir der Dampf ausging, eine kleine Pause einlegen könntest. Nach der zweiten dieser Predigtstrecken wandtest Du dich vom Mikrofon ab und kamst zu mir in den hinteren Bereich der Bühne. Dein Gesicht war bleich und angespannt von der schieren Leidenschaft des Kommunizierens. Du schieltest beinahe vor Erschöpfung.
»Geh hin und mach was«, keuchtest Du, »ich bin völlig ausgepredigt …«
Ich weiß noch, wie ich zu einem Auftritt bei Lantern Arts reiste und bei meiner Ankunft erfuhr, dass meine Frau Bridget, die dort zu mir stoßen wollte, auf der Autobahn einen schweren Unfall gehabt hatte. Die liebevolle und praktische Anteilnahme, die Jacquie und Du mir an diesem Nerven zermürbenden Abend zeigtet, werde ich nie vergessen.
Und ich erinnere mich, wie ich einmal bei Easter People auf der Bühne in einem kleinen Halbkreis von Leuten saß, die während der Woche etwas beitragen würden. Du batest uns, einer nach dem anderen zu erklären, warum wir gekommen waren. Einer sagte, er sei dort, weil er erleben wolle, wie Jesus erhoben und angebetet würde. Ein anderer sprach davon, er hoffe zu erleben, wie das Reich Gottes zunehme. Der Dritte drückte sein Streben aus, den allmächtigen Gott verherrlicht zu sehen. Und so ging es weiter. Es hörte sich alles sehr beeindruckend an. Ich war als Letzter an der Reihe. Mir wollte nichts Rechtes einfallen. Es war eigentlich nicht mehr viel übrig, was ich noch hätte sagen können. Alle guten Sprüche hatten sich die anderen schon unter den Nagel gerissen.
»Und warum bist du hier, Adrian?«, fragtest Du.
»Wegen des Geldes«, erwiderte ich.
Du tatest so, als wärst Du entsetzt.
»Das will ich doch nicht hoffen!«, riefst Du. »Ich muss nachher mit Marian sprechen. Offenbar zahlen wir euch zu viel.«
Aber Du hast uns nicht zu viel gezahlt, Rob. Du hast uns auch nicht zu wenig gezahlt, aber darum ging es nicht. Keiner von uns hat je wegen des Geldes etwas für Dich getan. Wir haben es getan, weil Du eine der größten Gaben von allen hattest: die Fähigkeit, Menschen zu zeigen, dass Du sie wirklich schätztest. Dazu fallen mir jede Menge Schnappschüsse ein. Winzige Erinnerungen an Gesichter, die aufleuchteten, wenn Du jeden einzelnen Menschen so begrüßtest, als wäre er oder sie die wichtigste Person auf der Welt. Und weißt Du was, Rob? Das war es, was Dinge wie Easter People zu etwas so Besonderem machten. Denn diese Haltung sickerte herab und beeinflusste jeden Aspekt des Festivals. Bei Easter People gab es niemals Christen zweiter Klasse. Was für eine Leistung.
Nun bist Du also losgezogen, um auszukundschaften, ob all das, worüber wir reden, wirklich wahr ist. Wir beide hatten immer vor, mehr Zeit miteinander zu verbringen, nicht wahr, Rob? Hin und wieder einen Abend in einer jener gemütlichen Kneipen in Sussex zu verleben, von denen ich Dir immer erzählt habe. Das wird jetzt warten müssen, aber auf der neuen Erde wird das Bier bestimmt noch besser schmecken. Ich will Dich nicht länger aufhalten. Wahrscheinlich bist Du gerade mitten dabei, Gabriel zu überreden, bei irgendeiner himmlischen Großveranstaltung die Parkplatzorganisationen zu übernehmen. Danke für alles, was Du warst und bist, Rob. Ich werde Dich vermissen. Bis später. Mach’s gut, Kumpel. Alles Liebe, Adrian.
Was für eine Auferstehung?
Der physische Tod von Rob Frost oder irgendjemandem, den wir geliebt haben, kann eine unsäglich schmerzhafte Erfahrung sein. Was wird das für ein herrlicher Tag sein, wenn wir uns wiederbegegnen. Allerdings gibt es mehr als nur eine Art von Tod, und manchmal müssen wir uns entscheiden, ob wir auferstehen wollen oder nicht, und in welchem Sinne.
Ich bin Leuten begegnet, die von der plötzlichen Erkenntnis überfallen wurden, dass eine Ansicht oder ein Standpunkt, an die sie sich mit beiden Händen geklammert hatten, dabei war, ihnen durch die Erfahrung oder die Umstände entrissen zu werden. Das kann ein zermürbender Schock sein. Wie sollen wir mit der Aussicht umgehen, einen Teil von uns selbst zu verlieren, der in wesentlichem Maße die Identität ausmacht, die wir unserer Außen- und Innenwelt präsentierten? Eine entscheidende Frage ist das zum Beispiel für diejenigen, die routinemäßig die Authentizität des Glaubens bestreiten und dann Gott auf so unleugbare Weise begegnen, dass eine radikale Entscheidung getroffen werden muss. Ich denke, es gibt zwei Möglichkeiten, und beide haben mit einer Art Auferstehung zu tun.
Die erste Möglichkeit ist eine Art falscher Auferstehung. Es ist möglich, wegzugehen und Abstand zwischen sich und den Verlust und den Schmerz und das Risiko und die Möglichkeiten des Neuen zu bringen. Das kann man schaffen. Sie brauchen nur die Wahrheit in der tiefsten Grube zu begraben, die in Ihrem Herzen zu finden ist, und den Irrtum, von dem Sie sich bisher genährt haben, einer eiligen Wiederbelebungsmaßnahme zu unterziehen.
Saulus von Tarsus hat es auch einmal so gemacht, nicht wahr? Erinnern Sie sich an sein Zeugnis vor Agrippa in Apostelgeschichte 26? Dort schildert er, wie die Macht Gottes ihn von seinem Pferd stürzte und Jesus die folgenden denkwürdigen Worte sprach: »Saul, Saul, was verfolgst du mich? Es ist sinnlos, dass du gegen mich ankämpfst.« Saulus hatte schon seit einiger Zeit verleugnet, was in seinem eigenen Herzen vor sich ging, aber an diesem lebensverändernden und weltverändernden Tag legte Gott ihm einen regelrechten Hinterhalt.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, sich nach der wahren Auferstehung auszustrecken, diese Änderung anzunehmen, das Risiko einzugehen, sich aufzumachen zum Licht. Dazu gehört eine Art Tod,