Wie Schneeflocken im Wind. Denise Hunter
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Читать онлайн книгу Wie Schneeflocken im Wind - Denise Hunter страница 18
„Ja, seit Riley und ich vierzehn sind.“ Offenbar dachte sie jetzt an die Zeit damals zurück, denn sie lächelte wehmütig und erzählte: „Er hat mich eines Tages nach der Schule zu einem Basketballspiel herausgefordert, und ich habe ihn geschlagen.“
„Autsch“, bemerkte Eden lächelnd.
„Ja, das kann man wohl sagen. Das hat ihm damals echt zugesetzt, aber er hat es ganz gut weggesteckt. Hilfreich war aber wahrscheinlich auch, dass er mich seitdem Hunderte Male besiegt hat. Als er irgendwann einen gewaltigen Wachstumsschub hatte und richtig muskulös wurde, hatte ich keine Chance mehr gegen ihn. Inzwischen fordere ich ihn beim Poolbillard heraus, da kann ich es immer noch mit ihm aufnehmen.“
Doch dann erstarb ihr Lächeln, und ihre Lippen bebten, als sie bewegt sagte: „Er ist mein bester Kumpel, und ich kann einfach nicht glauben, dass er weggeht.“
Es musste schwer sein für Riley, eine Frau zu lieben, für die er ganz eindeutig nicht mehr als ein Freund war, und mit ansehen zu müssen, wie sie sich in seinen großen Bruder verliebte. Kein Wunder, dass er wegwollte.
„Und wie ist es dazu gekommen, dass du jetzt mit Beau zusammen bist?“, fragte Eden.
„Er ist vier Jahre älter als Riley, deshalb hatte ich ihn eigentlich gar nicht auf dem Schirm. Aber ich war viel mit der Familie zusammen, als der Vater gestorben ist, und eines Abends sind Beau und ich uns dann im Roadhouse über den Weg gelaufen und haben bis zur Sperrstunde miteinander geredet. Uns gehen nie die Gesprächsthemen aus. Er ist wirklich ein toller Kerl. Heute Abend ist er total aufgewühlt, weil Riley schon so bald nach dem Tod des Vaters weggeht … ich weiß auch nicht, was er sich dabei denkt.“
„Es hat vorhin so geklungen, als wären sie auch zuvor schon aneinandergeraten“, bemerkte Eden.
Daraufhin grinste Paige nur schief und sagte: „Folgendes musst du über die Callahan-Männer wissen: Sie haben alle einen starken Willen, sind überbehütend und glauben, dass sie alles wissen. Außerdem sind sie die begehrtesten Junggesellen der Stadt – obwohl Beau ja zurzeit vergeben ist. Es war ein Heulen und Zähneklappern, als wir zusammengekommen sind, aber mittlerweile ist ja auch Zac wieder zu haben. Er ist vor etwa einem Monat von seiner Verlobten sitzengelassen worden. Die drei sind vielleicht alle ein bisschen ungehobelt, aber das liegt daran, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter von ihrem Vater großgezogen worden sind, fast ohne weiblichen Einfluss in ihrer Teenagerzeit.“
„Und was ist mit der Tante?“, erkundigte sich Eden.
„Du hast doch Miss Trudy schon kennengelernt, oder?“, fragte Paige feixend.
„Also ich hoffe ja, dass sich die Gemüter bis morgen wieder ein bisschen beruhigt haben. Heute Abend war die Stimmung jedenfalls ziemlich aufgeheizt“, bemerkte Eden.
„Ach, das legt sich schon wieder, wirst sehen“, sagte Paige. „Die Callahan-Brüder sind aufbrausend, aber nicht nachtragend.“
Doch es legte sich nicht. Am nächsten Tag erschien Riley nicht zum Abendessen und ging der Familie offenbar bewusst aus dem Weg.
Eden musste immer wieder ihr Gähnen unterdrücken, denn Micah hatte in der Nacht zuvor wieder einen Albtraum gehabt. Sie war von seinem Schreien aufgewacht, hatte seinen kleinen verschwitzten Körper ganz fest in die Arme genommen und versucht, ihn mit Worten zu beruhigen, aber Paige war anscheinend von dem Lärm aufgewacht, denn sie hatte sich am Morgen nach dem Kleinen erkundigt.
Ein Anruf bei der Autowerkstatt ergab nichts Gutes. Es sei tatsächlich ein defekter Zylinderkopf, sagte der Mechaniker, und der Motor müsse ausgetauscht werden. Etwa tausend Dollar sollte die Reparatur kosten. Den ganzen Nachmittag überlegte Eden, was sie tun sollte, gab dann aber schließlich die Reparatur in Auftrag. Mit einem Austauschmotor würde der Wagen dann wahrscheinlich noch eine ganze Weile durchhalten. Sie teilte dem Mechaniker aber auch gleich mit, dass sie die Reparatur nicht auf einen Schlag würde bezahlen können.
Am Montagabend ging sie zu Fuß in die Stadt, um im Lebensmittelladen ihren Gehaltscheck einzulösen und dann in dem Lokal ihre offene Rechnung zu begleichen. Danach ging sie in den Secondhandladen, den sie entdeckt hatte und der sich als wahre Fundgrube erwies. Sie fand warme Wintersachen für Micah und eine Jeans sowie eine billige Handtasche für sich selbst.
Auf dem Rückweg zu Paiges Haus kamen sie an einem Laden für gebrauchte Bücher vorbei, wo ihr im Schaufenster ein Buchumschlag ins Auge fiel, der ihr bekannt vorkam. Sie blieb stehen und sah, dass es ein Buch von Debbie Macomber war.
„Was ist denn das für ein Schund?“ Er schnappte ihr das Bibliotheksbuch aus der Hand und warf es in den Mülleimer. „Nicht in meinem Haus. Nicht in den Händen meiner Frau.“
Sie schüttelte die Erinnerung ab, raffte ihre ganze Entschlossenheit zusammen, betrat den Buchladen, und als sie kurz darauf wieder herauskam, steckte in ihrer neuen Handtasche ein Exemplar von Twenty Wishes.
Die nächsten paar Tage war Eden vollkommen damit beschäftigt, Miss Trudy in der Gegend herumzufahren, zu putzen und das Thanksgiving-Festessen zu planen. Es war unglaublich wichtig, dass es gelang, denn sie hatte in ihrer ersten Arbeitswoche wirklich viel falschgemacht. Sie hatte in der Wäsche ein paar von Beaus weißen T-Shirts rosa verfärbt, ein falsches Reinigungsmittel für den Küchenfußboden verwendet, sodass er ganz klebrig geworden war, und es dann auch noch irgendwie geschafft, den Staubsauger zu ruinieren. Bei jedem neuen Malheur hatte sie mit ihrer Entlassung gerechnet, aber Beau hatte ihr all diese Fehler einfach so durchgehen lassen.
Er hatte noch einmal nach dem W-4-Formular gefragt, doch sie hatte sich irgendwie herausreden können. Viel länger würde er sich aber wahrscheinlich nicht mehr vertrösten lassen. Sie würde eine falsche Sozialversicherungsnummer angeben und hoffen müssen, dass sie längst wieder weg wäre, wenn das Finanzamt ihn darüber informierte, dass die Nummer falsch war.
Eden zündete das Feuer im Kamin an und schaute zu, wie ein dickes Holzscheit Feuer fing. Dann schaltete sie das Radio ein und suchte so lange, bis sie einen Sender mit Weihnachtsliedern gefunden hatte. Der Truthahn lag zum Auftauen im Kühlschrank, die Kartoffeln waren sauber gebürstet und standen auf der Arbeitsplatte, und Miss Trudy hielt ein Nickerchen. Es wurde langsam Zeit, das Haus ein wenig festlich zu schmücken.
Sie holte also den Weihnachtsschmuck vom Dachboden und machte sich an die Arbeit. Als die Sonne unterging, hatte sie das Haus in ein richtiges Weihnachtswunderland verwandelt. Eine blinkende Girlande schmückte jeweils den Kaminsims und das Treppengeländer, und hier und da brannten elektrische Kerzen. Miss Trudy war von ihrem Nickerchen aufgewacht, als sie halb fertig gewesen war, und hatte die restlichen Arbeiten überwacht. Riley hatte anerkennend genickt, als er durchs Wohnzimmer gekommen war, und jetzt konnte sie gar nicht erwarten, dass auch Beau ihr Werk zu sehen bekam.
Als Beau aus dem Wagen stieg, blies ihm ein eiskalter Wind entgegen. Die Scheune war fertig mit Kränzen und Girlanden geschmückt, und der Lastwagen von der Bethel-Farm war da gewesen und hatte noch einmal einhundert Bäume als Ergänzung zu ihrem eigenen Bestand gebracht. Er mochte diese letzten paar ruhigen Tage, in denen alles auf den Ansturm vorbereitet wurde, denn ab übermorgen würde der Wahnsinn losbrechen und Massen von Kunden herbeiströmen. In der Scheune würde es harzig nach frischer Tanne duften, es würden Weihnachtslieder erklingen, dick eingemummelte Kinder würden heißen Kakao trinken, und Marty Bennington würde die Pferde führen, die den Schlitten die schneebedeckten Pfade auf der Farm entlangzogen, sodass Beau das Gebimmel der Schlittenglöckchen noch Stunden