Schwarzes Gold. Dominique Manotti

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Schwarzes Gold - Dominique  Manotti

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nimmt Emilys Hand, spricht laut, als legte er es darauf an, sie zu wecken, die Krankenpflegerin antwortet ihm flüsternd, dass alles gut ist, er soll sich keine Sorgen machen, aber seine Frau braucht viel Ruhe.

      Emily hat schon die Augen geöffnet. Frickx beugt sich hinab, küsst sie auf die Stirn, streichelt ihre Hände. Lächeln aufrichtiger Zuneigung. »Emily, mein Schatz, ruh dich aus. Alles ist gut. Morgen kommt dein Cousin David.« Schmeichelnde, beruhigende Stimme. Er wendet sich an die Pflegerin: »Ich habe ihren Cousin angerufen, er ist im Ausland, er kommt morgen. Er wird ihr Gesellschaft leisten.«

      Emily kann kaum ihren Blick fixieren, seufzt, murmelt. Er setzt sich neben sie aufs Bett, streicht ihr übers Gesicht, übers Haar, bis sie wieder einschläft.

      Dann legt er sich im Gästezimmer zu Bett und schläft sofort ein.

      Der aus dem rumänischen Constanţa kommende Frachter der Somar erreicht Istanbul am späten Nachmittag und legt wie üblich im Hafen von Salipazari auf dem Bosporus an. Er befährt die Küste zwischen dem Libanon, Zypern, der Türkei und Rumänien. Der Kapitän, ein junger Mann unter vierzig, dessen Gesicht aber bereits von tiefen Furchen durchzogen ist, sinnt über den Tod von Pieri nach, von dem Simon ihn am Tag über Funk unterrichtet hat. Er hat seiner fünfköpfigen Mannschaft gerade die Erlaubnis erteilt, den Abend in der Stadt zu verbringen. Er will allein an Bord bleiben, um Pieri so würdig wie möglich zu verabschieden. Er setzt sich in seine Kajüte, Bullaugen geöffnet, um die Kühle des türkischen Frühlings zu spüren, auf dem Tisch eine Flasche Whisky, ein Glas und ein großes Schulheft, Spiralbindung und Karopapier, in das er seit langem Gedichte überträgt, die ihn berühren, um sie in trübsinnigen Momenten nachlesen zu können. Dies ist ein trübsinniger Moment. Er schlägt eine weiße Seite auf und beginnt langsam zu schreiben.

       Gebet für Maxime Pieri

      Ermordet. Ein Dreckskerl hat auf dich geschossen. Ich wette, du warst unbewaffnet. Du bist schon seit langem nicht mehr bewaffnet ausgegangen. Ich kann es immer noch nicht glauben. Und doch habe ich immer gedacht, dass es so kommen muss. Du liebtest das schnelle Leben, du liebtest das Spiel mit der Gefahr. Ich weiß nicht, wie man betet. Heute bete ich. Ich wusste nie, wie ich mit dir reden soll, unter Männern nimmt man sich nie Zeit zu reden. Heute nehme ich mir die Zeit. Im Panier, in meiner Kindheit, warst du mein Nachbar, du warst mein Held, mein Vorbild. Befreier von Marseille, Kriegsverdienstkreuz, von allen geachtet. Vertrauensmann der Guérinis, die Stadt in deiner Hand. Ich bin mit achtzehn in die Armee eingetreten, um es dir gleich zu tun. Ich habe den ganzen Indochinakrieg mitgemacht und bin nach Marseille zurückgekehrt, ich war dreiundzwanzig Jahre alt, haufenweise Erinnerungen an Blut und Tod, opiumsüchtig bis in die Knochen. Während drei Jahren voller Drogen und Plackerei habe ich nach dir gesucht. Ich war sicher, du wärst meine Rettung. Als ich dich endlich fand, war ich am Boden. Du hast mich aufgesammelt, beherbergt, gepflegt. Du hast mir eine Arbeit in der Handelsmarine gegeben. Du hast mir eins deiner Schiffe anvertraut, das geheimste, das gefährlichste. Ich habe es zu schützen gewusst. Ich bin stolz auf dein Vertrauen. Ich bin stolz darauf, dich nie enttäuscht zu haben. Ruhe in Frieden. Ich bewahre dein Andenken.

       14. März 1973, Istanbul

       Kapitän Nicolas Serreri

      Er schließt das Heft, bekreuzigt sich, die einzige Gebetsgeste, das er kennt, steht auf, tritt an das Bullauge, betrachtet den dunklen Schemen von Istanbul bei Nacht. Eine Stadt, die er wahnsinnig liebt. Er muss eines Tages Catherine mit hernehmen. Auf dem Quai sieht er zwei seiner Matrosen, die auf die Santa Lucia zusteuern. Kommen sie schon zurück? Gute Matrosen. Genau hier hat er sie aufgelesen, in Istanbul, etwas mehr als einen Monat ist das her. Zwei Kerle hatten ihn ohne Vorwarnung verlassen. Das kommt oft vor auf Frachtern wie der Santa Lucia, die schlecht zahlen für viel Arbeit und keinen Komfort, aber bei einer fünfköpfigen Mannschaft reißt das ein Loch. Das Büro des Hafenkapitäns hatte ihm diese beiden geschickt, die eine Heuer suchten. Sie waren intelligent, fleißig, unbestimmter Herkunft und machten sich schnell unentbehrlich. Nicolas liebt es, mit ihnen zu singen und Karten zu spielen, wenn sich bei den Zwischenstopps die Zeit in die Länge zieht. Die zwei Männer erreichen die Gangway, kommen sie herauf. Warum eigentlich nicht ein Glas mit ihnen trinken? Nicolas öffnet seine Kajütentür, macht ihnen ein Zeichen, sich zu ihm zu gesellen. Sie treten ein. Nicolas wendet sich ab, um zwei Gläser vom Regal zu nehmen. Im nächsten Moment packt einer der beiden Nicolas’ Arme, fixiert sie mit einem brutalen Griff, der seine Schultergelenke knirschen lässt, in seinem Rücken. Der andere lässt den Stein des dicken Siegelrings an seiner rechten Hand aufspringen und entblößt ein Dutzend feine Nadeln, die er mit derselben Bewegung in Nicolas’ Hals rammt. Der wehrt sich, um den Angriff abzublocken, dann wehrt er sich plötzlich nicht mehr. Die Männer legen den Körper auf den Boden, gießen etwas Whisky in das Glas auf dem Tisch, leeren die Flasche in das winzige Waschbecken und lassen sie dann auf dem Boden der Kajüte liegen. Einer von ihnen öffnet das Heft auf den ersten Seiten, liest eine beliebige Stelle:

      

       Ein wenig von diesem endlosen absoluten Blau

       Wäre genug

       Um die Last dieser Tage zu erleichtern

       Und den Morast dieses Ortes zu reinigen.

      »Diese Schwuchtel hat Gedichte geschrieben.«

      Er lacht, lässt das Heft aufgeschlagen auf dem Tisch. Sie laden sich den Toten auf, tragen ihn nach draußen, geben Acht, dass man sie vom Quai aus nicht sieht, schwingen ihn über die Reling und lassen ihn nicht aus den Augen, während er langsam davontreibt. Dann verlassen sie ohne Eile das Schiff und steigen durch die menschenleeren Straßen des Hafens zur kaum erleuchteten Stadt hinauf.

      Vom Fenster des Gästezimmers überwacht Frickx – geduscht, frisch rasiert, tadelloser grauer Anzug, weißes Hemd, bordeauxrote Krawatte – das Gittertor und den Hof des Hauses. Ein Wagen fährt vor, parkt. Pünktlich, wie erwartet. Er läuft schnell nach unten, um David zu begrüßen.

      »Geht’s, hältst du durch?«

      »Natürlich. Was für eine Frage! Saint-Tropez ist ein zauberhaftes Dorf.«

      Die Pflegerin, geweckt von den Geräuschen, steht auf dem Treppenabsatz und beobachtet das Kommen und Gehen. Frickx nutzt die Gelegenheit, um David vorzustellen.

      »David, Emilys Cousin. Ich habe ihn gebeten, mich für ein paar Tage an ihrem Krankenbett zu vertreten. Ich muss dringend geschäftlich ins Ausland.« Er nimmt David am Arm, zieht ihn mit sich auf den Hof, außer Reichweite der neugierigen Ohren der Krankenpflegerin. »Ich breche sofort nach Genf auf. Ich habe einen Wagen gemietet, ausgeschlossen, dass ich noch mal über den Flughafen Nizza reise. Emily schläft, sie ist mit Medikamenten vollgepumpt, du hast Zeit. Lass uns ein Stück die Straße entlanglaufen, ich habe dir ein paar Dinge zu sagen.«

      Sobald sie das Tor passiert haben, kommt Frickx zur Sache. »Was die Somar betrifft, ist alles in Ordnung, Simon hat mir versichert, dass es in den Firmenunterlagen nichts Schriftliches gibt, das sich bis zu mir zurückverfolgen ließe. Und außer ihm ist niemand über unsere Geschäfte auf dem Laufenden, auch nicht über die der Santa Lucia. Den Rest kennst du. Was mich beunruhigt, ist Emily an Pieris Seite, das war nicht geplant.«

      »Niemand

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