Manuka-Honig. Detlef Mix
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Obwohl es widersprüchliche Aussagen dazu gibt, wurde Neuseeland wahrscheinlich erst vor etwa 1000 Jahren von Polynesiern entdeckt, und zwar zunächst durch einen gewissen Kupe. Der kehrte jedoch wieder in sein Heimatland Hawaiki zurück, einen Ort, den man wahlweise in Asien, Südamerika oder im Reich der Legenden ansiedelt. Nach Ansicht von Archäologen fand eine Besiedlung erst um das Jahr 1300 herum statt. Wenn diese eine Reaktion auf Kupes Berichte war, dann erfolgte sie offensichtlich mit einiger Verzögerung. Diese ersten Siedler waren die Vorfahren der Maori, die wir als Ureinwohner Neuseelands kennen. Um sie ranken sich einige düstere Geschichten, die von ihrer Kriegslust und von Kannibalismus erzählen.
Die ersten Europäer, die in Neuseeland an der heutigen Golden Bay landeten, waren Holländer auf der »Heemskerck« und der »Zerhaen« unter dem Expeditionsleiter Abel Tasman. Die Maori zeigten sich wenig gastfreundlich und prügelten einige der Seeleute sogar zu Tode. Das bremste den Forschungsdrang Tasmans deutlich aus. Er belegte die idyllische Bucht mit dem verächtlichen Namen »Mörderbucht« und verließ neuseeländische Gewässer ohne weitere Erkundungen am 6. Januar 1643. Die Abschreckungsmaßnahmen durch die Maori waren offensichtlich recht wirkungsvoll und nachhaltig, denn erst am 9. Oktober 1769 landete der Engländer James Cook, von Tahiti kommend, an der Ostküste Neuseelands. Sein Schiff, die »Endeavour«, war für diese Expedition ausgesprochen gut ausgerüstet. Von besonderem Interesse für uns ist die Tatsache, dass Kapitän Cook auch Botaniker wie den Naturforscher Sir Joseph Banks an Bord hatte. Auch in Australien lernten Cook und Banks einen Teebaum (Mela-leuca alternifolia) kennen und schätzen. Banks nahm einige Exemplare davon mit nach Hause, und das daraus gewonnene Teebaumöl soll sie fortan auf ihren Reisen begleitet haben. Bei einer späteren Expedition hatte Cook den Botaniker Reinhold Forster und dessen Sohn Georg mit an Bord. Da Kapitän Cook dieses Mal auf einen längeren Aufenthalt eingerichtet war, konnte Forster sich entsprechend ausgiebig mit der Manukapflanze beschäftigten. Während Cook ihr den überaus originellen Namen »tea tree« (Teebaum) gab, verpasste Forster ihr einen ordentlichen botanischen, also lateinischen Namen: Leptospermum scoparium. Scoparium heißt übrigens besenartig, und wer das Gestrüpp in seiner typischen Wuchsform gesehen hat, wird das verstehen. Ebenfalls Leptospermum wurde zunächst auch der Kanukastrauch getauft, nämlich Leptospermum ericoides. Später stellte sich wohl heraus, dass die Verwandtschaft doch nicht so eng ist, und heute trägt Kanuka den botanischen Namen Kunzea ericoides. Die beiden sehen sich schon ziemlich ähnlich und werden dementsprechend häufig verwechselt. Kanuka wird ebenfalls als Teepflanze und Öllieferant genutzt. Dass der Engländer Cook einen Ersatz für seinen geliebten indisch-ceylonesischen Tee zu schätzen wusste, spiegelt sich in folgender Aussage wider, die er selbst niederschrieb: »[…] die Blätter gebrauchten viele von uns als Tee, der einen sehr angenehmen bitteren Geschmack und aromatischen Duft hat, wenn er aus frischen Blättern zubereitet wurde, jedoch etwas von beidem verliert, wenn die Blätter getrocknet wurden. Wenn der Aufguss stark gemacht wurde, erwies er sich für einige als Brechmittel, in gleicher Weise wie grüner Tee.« Mittlerweile hat man wohl schon ein Verfahren gefunden, um Geschmack und Duft für längere Zeit zu konservieren.
Schnitzkunst der Ureinwohner
Manuka ist eine sogenannte Pionierpflanze
Sie haben sicher bereits gemerkt, dass ich vorzugsweise vom Manukastrauch und nicht so sehr vom Manukabaum spreche. Die Manukapflanze gibt es jedoch vom fünf Zentimeter hohen Bodendecker bis zum 15 Meter hohen Baum, meistens als Buschwerk von zwei bis fünf Metern Höhe. Manuka ist eine sogenannte Pionierpflanze, vergleichbar mit unserer Brombeere. Das bedeutet, dass sie am Start ist, wenn Flächen brachliegen. Sobald die Konkurrenz das Feld geräumt hat, beginnt Manuka sich auszubreiten und festzusetzen. Landwirte, die versuchen, dieses zähe »Unkraut« loszuwerden, können ein Lied von seiner schier unausrottbaren Vitalität singen. Ach, was sag ich – seufzen trifft es wohl eher, denn das kleinste im Boden verbliebene Wurzelstück wird erneut austreiben und wuchern. Besonders auf der Nordinsel finden sich ausgedehnte hügelige Flächen, die von einem besenartigen Gestrüpp aus Manuka überzogen sind. Sie verströmen einen angenehm aromatischen Geruch, und während der lang andauernden Blütezeit verwandeln sie die Hügel in ein Meer aus weiß-rosa Blüten. Entscheidend für die Farbintensität der Blüten soll der Chromgehalt des Bodens sein.
Die Maori brachten als frühe Siedler Pflanzen und Tiere aus ihrer polynesischen Heimat mit. Schließlich will man in der Fremde nicht auf lieb gewonnene Ernährungsgewohnheiten verzichten. Dummerweise standen auch Ratten auf ihrem Speiseplan, die leider eine ziemliche Verwüstung unter der einheimischen Tierwelt anrichteten. Zur Urbarmachung von Ackerland wurde Brandrodung betrieben, und auch nach der späteren Besiedlung durch Europäer wurden beispielsweise die mächtigen Kauriwälder stark gelichtet, da das Kauriholz sehr begehrt für Schiffs- und Hausbau war. Manuka und anderes Buschwerk übernahmen das kahl geschlagene Terrain, das heute einer Vielzahl von Tieren einen adäquaten Lebensraum bietet. Dazu gesellen sich nun auch die Honigbienen, die aus dem Nektar des Manukastrauches einen außergewöhnlich guten Honig produzieren. Die Imker stellen zu diesem Zweck ihre Bienenstöcke in der Nähe der Manukabüsche inmitten einer weitgehend unberührten Natur ab.
Von den Maori, insbesondere von deren Heilern, den Tohungas, erfuhren die Siedler, die im Gefolge von Cook und Co. nach Neuseeland kamen, von den vielfältigen Möglichkeiten, Manuka zu Heilzwecken zu nutzen. Blätter und auch Samenkapseln wurden als Umschläge bei Verbrennungen, Entzündungen und Insektenstichen angewendet. Als praktisch erwies sich auch die Verfügbarkeit dieser Medizin an vielen Orten, besonders wenn die Maori bei ihren kriegerischen Auseinandersetzungen Verletzungen davon trugen, die an Ort und Stelle aus der Manuka-Apotheke versorgt werden konnten. Aufbereitungen aus der Rinde, den Blättern oder den Samenkapseln finden in Form von Abkochungen und Aufgüssen, zur Inhalation und in Dampfbädern, sowie als Saft oder als Pflanzenasche zur Behandlung von diversen Verdauungsbeschwerden, Erkältungen mit Rachenentzündung und Fieber, Harnwegsinfekten, Rückenbeschwerden und als Beruhigungsmittel Verwendung. Eventuell haben die Ureinwohner sich manches von der einheimischen Fauna abgeschaut. Kakariki (Ziegensittiche) benutzen zum Beispiel die Blätter und Rinde von Manuka und Kanuka, um Parasiten loszuwerden, indem sie diese kauen und verschlucken oder die gekauten Pflanzenteile mit dem Öl ihrer Putzdrüsen vermengen und mit dieser Mischung dann ihr Gefieder behandeln.
Die Gewinnung des kostbaren ätherischen Öls aus den Manukablättern durch Destillation und die Nutzung des ebenso kostbaren Manuka-Honigs haben die Maori wiederum erst in der Neuzeit dazu gelernt.
Vorkommen
Neuseeland bietet trotz seiner überschaubaren Gesamtfläche, die in etwa der von Japan oder Großbritannien entspricht, ganz unterschiedliche klimatische Bedingungen von gemäßigt bis subtropisch.
Schneebedeckte Gebirgsketten bilden eine Klimascheide mit ergiebigen Niederschlägen und üppiger Vegetation im Westen und trockenen, weitgehend unbewaldeten Gebieten im Osten.
Manuka wächst zum einen sehr rasch und zeigt sich zum anderen keinesfalls wählerisch, was die Bodenbeschaffenheit angeht. Die Pflanze gedeiht sowohl auf morastigem Grund als auch auf Geröll und auf trockenen Hügeln. Sie zeigt sich genügsam auf kargem Boden und kann auch Staunässe verkraften. Sie verträgt Schatten genauso wie direkte Sonne. Wenn sie dem zarten Jugendalter entrückt ist, verträgt sie anhaltende Trockenheit genauso wie starke Winde und Frost. Kein Wunder also, dass wir Manuka praktisch überall auf der Nord- und Südinsel wie auch auf Stewart Island antreffen – im Flachland genauso wie bis an