Manuka-Honig. Detlef Mix
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Osmolarität – Der Wasserfaktor
Honig besteht zum überwiegenden Teil aus Zucker, und zwar hauptsächlich aus Glukose (Traubenzucker) und Fruktose (Fruchtzucker) sowie aus diversen anderen Zuckern. Honige mit hohem Glukoseanteil sind cremig bis fest, Honige mit hohem Fruktosegehalt bleiben dagegen lange flüssig. Honig enthält zudem Wasser. Im reifen Honig ist der Wasseranteil unter 20 Prozent. Wir haben es also hier mit einer extrem gesättigten Zuckerlösung zu tun. Bakterien benötigen Wasser, um sich zu vermehren und zu überleben. In reifem Honig können sich keine Mikroorganismen vermehren. Honig entzieht ihnen dieses Überlebenselixier. Nur in stark wasserhaltigem Honig können sich beispielsweise Hefepilze halten, die zu einer Fermentation führen können, was lediglich im Fall der Metproduktion wünschenswert wäre.
Osmose bewirkt auch, dass Lymphflüssigkeit zu den Zellen in einem Wundareal gezogen wird. Dies unterstützt die Wundtoilette und die rasche Entsorgung der anfallenden Zelltrümmer. Ein feuchtes Wundklima hat zudem den Vorteil, dass eine Verletzung sich nicht lediglich oberflächlich verschließt, während darunter weiter ein entzündlicher Prozess schwelt. Darüber hinaus verklebt der Verband nicht mit dem Granulationsgewebe, so dass ein Verbandswechsel kaum Schmerzen und keine Verzögerung des Heilungsprozesses verursacht.
Osmolarität ist ein Faktor, der zu den antibakteriellen Eigenschaften des Honigs beiträgt, jedoch erklärt sie nicht, wieso Honig dabei anderem Zucker deutlich überlegen ist.
Die Eigenschaft des Honigs, Wasser zu ziehen, zum Beispiel aus Wundflüssigkeit (Wundexsudat), bewirkt bei den meisten Honigen, dass das in ihnen enthaltene Enzym Glucose-Oxidase eine chemische Reaktion auslöst.
Säurebildung – sauer macht nicht unbedingt lustig
Auf diese Strategie der Bienen, ihren Honig lager-fähig zu machen, reagieren insbesondere Bakterien und Pilze ausgesprochen sauer. Das Enzym Glucose-Oxidase löst eine Reaktion zwischen Traubenzucker, Sauerstoff und Wasser aus. Daraus entsteht neben Gluconsäure Wasserstoffperoxid (H2O2), welches für seine antiseptischen Eigenschaften hinreichend bekannt ist. H2O2 ist jedoch auch potenziell zelltoxisch; so ist es sehr hilfreich, dass ein paar Sicherheitselemente gleich mitgeliefert werden. Zum einen gibt es so etwas wie eine Retardwirkung. Das Gewebe wird nicht mit H2O2 überschüttet, sondern dieses Bleichmittel wird kontinuierlich in kleinen Mengen freigesetzt. Freies Wasserstoffperoxid kommt lediglich in unreifem Honig vor und beugt darin der Ansiedelung und Vermehrung von pathologischen Keimen vor, die in dem sauren Milieu nicht gedeihen können. In reifem Honig, das heißt in Honig, der weniger als circa 20 Prozent Wasseranteil aufweist, schlummert diese antibakterielle Kettenreaktion, bis sie durch den Trigger Wasser, zum Beispiel aus Speichel oder Wundsekret, am medizinischen Einsatzort des Honigs erneut ausgelöst wird. Ein ebenfalls im Honig sowie im Gewebe vorkommendes Enzym, die Katalase, neutralisiert das Wasserstoffperoxid in tieferen Wundregionen, was einerseits eine Gewebeschädigung verhindert, andererseits jedoch auch die antimikrobielle Wirkung beendet. Dies trifft zumindest auf die meisten Honige zu. Deutlich anders verhält sich hier der neuseeländische Manuka-Honig. Entfernt man mittels Katalasebeimengung seine ohnehin sehr geringe peroxide Aktivität, so erweisen sich einige Chargen dieses Honigs als außerordentlich aktiv gegen diverse Keime, insbesondere auch solche, bei denen sich viele Antibiotika mittlerweile die Zähne ausbeißen.
Etwa zwanzig Jahre lang konnte man den verantwortlichen Wirkstoff weder benennen noch isolieren. Man einigte sich darauf, ihn als »Unique Manuka Factor« (einzigartiger Manuka-Faktor), kurz UMF, zu bezeichnen. Seine individuelle Stärke fand man jeweils in Labortests heraus, bei denen seine Wirksamkeit gegenüber verschiedenen Bakterien mit der antibakteriellen Effektivität einer Phenollösung (Karbolsäure) verglichen wurde. Erwies sich der Honig als genauso wirksam wie etwa eine 10-prozentige Phenollösung, so stufte man ihn als UMF10 ein. Ein Pluszeichen hinter der Zahl, etwa 10+ beziehungsweise 20+, besagt dabei, dass der ermittelte Faktor nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen wird. Diese Klassifizierung erwies sich in mancher Hinsicht als unbefriedigend. Einerseits sind die Testverfahren nicht einwandfrei reproduzierbar und vor allem nicht quantifizierbar, das heißt, eine eindeutige Aussage über die genaue Wirkstoffmenge ist nicht möglich. Andererseits war es wissenschaftlich äußerst ungenau, es mit einem »Unknown Mystery Factor« zu tun zu haben, von dem man zwar weiß, dass er vorhanden ist, ihn aber nicht beim Namen nennen kann. Die letale (tödliche) Dosis von Phenol ist bei unterschiedlichen Bakterien durchaus variabel, und das trifft dann auch auf die vergleichbare Honigwirkung zu.
Die Situation hat sich grundlegend verändert, nachdem ein Team von Lebensmittelchemikern an der TU Dresden den verantwortlichen Stoff enttarnen konnte. Darauf werde ich an anderer Stelle noch gebührend eingehen. In unserer wissenschaftsgläubigen Welt, in der Ursache und Wirkung gern als simple mechanische Vorgänge gedeutet werden, verspricht man sich rasch von der Isolierung und möglichen Synthetisierung eines Einzelwirkstoffes die gleiche Wirkung, wie sie zuvor in einem komplexen natürlichen Wirkstoffcocktail beobachtet wurde. Anhänger einer ganzheitlichen Betrachtungsweise zitieren in diesem Zusammenhang gern den griechischen Denker Aristoteles, der bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. bemerkte: »Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile!« Heutzutage fasst man diesen sinnigen Ausspruch in einem Wort zusammen: Synergie. Sie beschreibt die überragende Wirkung eines Zusammenspiels aus Einzelkomponenten, bei denen zwar jede für sich recht beachtliche Erfolge verzeichnen kann, die jedoch nur gemeinsam unschlagbar sind. Auch wenn Methylglyoxal nun beim Orchester Manuka-Honig die erste Geige spielt, so wird nur durch das harmonische Arrangement aller Instrumente eine Symphonie daraus.
Der Säurefaktor wird auch deutlich, wenn man den niedrigen pH-Wert vieler Honige betrachtet. Er liegt häufig zwischen 3 und 4. Bei Kastanien- oder Waldhonig beispielsweise jedoch auch schon mal zwischen 5 und 6. Die antibakterielle Wirkung mancher Honige ist zudem noch bei sehr hoher Verdünnung vorhanden, während sie bei anderen stark eingeschränkt ist. Ein starker, aktiver Manuka-Honig wirkt selbst dann noch sicher, wenn eine wässrige Lösung nur zwei Prozent Manuka-Honig enthält.
Methylglyoxal – Stress and Drugs and Caramel
Der einzigartige Manuka-Faktor wurde von einem Team von Lebensmittelchemikern um Prof. Thomas Henle an der Technischen Universität Dresden eindeutig als das Zuckerabbauprodukt Methylglyoxal (MGO) identifiziert. Die entsprechenden Forschungsergebnisse wurden auch im Rahmen der Doktorarbeit von Elvira Mavric dokumentiert und veröffentlicht sowie in einer weiteren Studie von Christopher J. Adams und Kollegen an der Waikato Universität in Neuseeland, Abteilung Chemie, bestätigt. An dieser Universität wird überdies schon mehr als zwei Jahrzehnte über Manuka-Honig geforscht, vor allem durch Prof. Peter Molan, der sicher so etwas wie der Honigpapst ist. Molan hat wohl wie kein anderer die Honigforschung und den medizinischen Einsatz von Honig in der Neuzeit vorangetrieben, und niemand, der sich heute ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzt, kommt an diesem Namen vorbei. Trotzdem war nicht er es, der das lange Mysterium um den nicht-peroxiden Wirkmechanismus in aktivem Manuka-Honig entschleierte. Er entwickelte zwar eine Methode, mit der eine annähernde Quantifizierung des Wirkstoffgehalts möglich ist, die aber nicht vollständig reproduzierbar ist und deren Ergebnis nicht absolut und nur in Relation zur antibakteriellen Effektivität einer Phenollösung wiedergegeben werden kann. UMF10+ entspricht mindestens der Wirkung einer 10-prozentigen Karbolsäure. Die Bestimmung des Methylglyoxalgehaltes dagegen erfolgt mengenmäßig absolut, das heißt, man kann den tatsächlichen Anteil an einer Menge Honig genau bestimmen, zum Beispiel 100 Milligramm MGO auf ein Kilogramm Honig.
Professor Thomas Henle, TU Dresden, identifizierte den einzigartigen Manuka-Faktor UMF
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