Schlacht um Sina. Matthias Falke

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Schlacht um Sina - Matthias Falke

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dass jemand ihm übers Wort fuhr, schon gar nicht so ein ungehobelter Haudegen, den man vermutlich aus dem Ruhestand geholt hatte, den er sich vor Island mit Angeln vertrieben hatte. Aber die Ankunft dieser gewaltigen Flotte erfüllte ihn mit solcher Hochstimmung, dass er großzügig darüber hinwegsah.

      »Nicht ernster als während der vergangenen drei Jahre«, sagte er wegwerfend. »Im Gegenteil: jetzt, da Ihre Streitmacht hier ist, wüsste ich nicht, was an der Situation noch ernst sein sollte.«

      An Stirn und Schläfen von Andresens Rundschädel traten blaue Adern hervor. Ihm war anzusehen, dass er dem Commodore nicht ganz folgen konnte; zumindest vermochte er seine gleichmütige Haltung nicht zu teilen. Er dachte einen Augenblick nach.

      »Wie dem auch sei«, räusperte er sich. »Ich darf Ihnen die allerherzlichsten persönlichen Grüße von Commander-General Frank Norton und Major Jennifer Ash überbringen. Sie sind, um keine Zeit zu verlieren ...«

      Wiszewsky hob langsam die Hand. Der letzte Halbsatz Andresens, den er deutlich hervorgehoben hatte, hallte noch im Raum wider. Der Commodore fasste sich an den Kopf.

      »Was sagen Sie da?«, fragte er mit einem stimmlosen Flüstern.

      Andresen starrte ihn an, als habe er es mit einem Schwachsinnigen zu tun. Auch seine Begleiter murmelten ungeduldig und scharrten mit den Füßen.

      »General Norton und Major Ash lassen Sie herzlich grüßen«, wiederholte Andresen mit Betonung, als spreche er mit einem Schwerhörigen. »Sie waren Gäste auf der ENTHYMESIS, haben sich jetzt aber weiter verfügt, um in der gebotenen Eile das Notwendige zu veranlassen.«

      Wiszewsky glotzte ihn an, als habe er ihn vor allen Leuten ins Gesicht geschlagen. Svetlanas Mund klappte auf, um sich so rasch nicht wieder zu schließen. Auf die Mienen der Stabsoffiziere malte sich offene Bestürzung. Andresen war inzwischen überzeugt, dass die lange Exposition unter die intergalaktische Strahlung die komplette Besatzung dieses Schiffes habe verblöden lassen.

      Der Commodore sah an seiner Schulter vorbei zur großen Panoramafront hinaus und musterte mit verkniffenen Augenlidern das weit auseinandergezogene Lichterfeld der Flotte. Tatsächlich: eines der größeren Schiffe, in mehreren Kilometern Distanz längsseits zur MARQUIS DE LAPLACE und in gemessenem Abstand hinter dem Heck der EREBUS, war die ENTHYMESIS. Die ENTHYMESIS, wie Wiszewsky sich schwindelnd sagen musste, während der Boden sich unter ihm drehte. Die ENTHYMESIS I, die einer ganzen Flotte von leistungsfähigen und robusten Explorern den Namen gegeben hatte.

      »Ich begreife überhaupt nichts mehr«, stammelte er und sah Andresen mit solcher offenen Ratlosigkeit an, dass es dem General einen Stich gab.

      Im Kopf des Commodore ging alles durcheinander. So sehr er sich auch bemühte, Ordnung in seine Gedanken und Empfindungen zu bringen, konnte er doch nicht verhindern, dass sich die Informationen in seinem Schädel immer wieder überschlugen, umkreisten, vertauschten und verknäuelten. Das dort draußen war die originale ENTHYMESIS, Nortons Flaggschiff, das unter chaotischen Umständen im Zusammenhang mit dem Jupiter-Ereignis auf der Erde zurückgeblieben war. Einige Kilometer entfernt, im Hangar des Großen Drohnendecks, befand sich die ENTHYMESIS II, die der Crew während der Jahre der Diaspora als Ersatz hatte dienen müssen, jenes Schiff, das vor nunmehr etlichen Monaten unbemannt und führerlos von der Mission zum Geisterschiff zurückgekehrt war. Wie sollten Frank und Jennifer von einem zum anderen, vom Nachbau zum Original gelangt sein? Worte wie Teleportation und Quantenbeamen blitzten durch Wiszewskys Hirn. Er rang sich ein Lächeln ab.

      »Halten Sie von mir, was Sie wollen«, sagte er gequält, »aber ich verstehe kein Wort.«

      Andresen überwand ein Moment der Irritation. Er hatte nicht damit gerechnet, den Kommandanten dieses Schiffes, dessen Name ihm den allerhöchsten Respekt einflößte, und Oberbefehlshaber der Kolonialtruppen auf einem so geringen Kenntnisstand anzutreffen, wie es offenbar der Fall war. Er wusste seinerseits nur wenig über Nortons Erlebnisse.

      »General Norton hat den Oberbefehl über diese Flotte«, begann er zögernd. »Nur vorübergehend wurde die Teilstreitkraft, die Sie hier sehen, meinem Kommando unterstellt, während Norton und der Rest des Korps ein anderes Ziel verfolgen, das der höchsten Geheimhaltungsstufe unterliegt und über das auch ich nicht unterrichtet bin.«

      Letzteres war gelogen, zumindest untertrieben; Andresen wusste sehr wohl, wohin Norton und Jennifer mit dem Rest der Flotte geflogen waren. Er zögerte nur, es Wiszewsky anzuvertrauen, solange er nicht sicher war, dass der Commodore als zurechnungsfähig gelten konnte.

      Wiszewsky schüttelte den Kopf. »Aber wie«, stammelte er. »Wie sind sie zur Erde gelangt?«

      Andresen zuckte die Achseln. Der Boden brannte ihm unter den Füßen. Jede Minute, die verging, erfüllte ihn mit körperlichem Schmerz. Er fühlte wie ein Feldherr, der mit ansehen muss, wie seine Infanterie im gegnerischen Feuer schmilzt, während die Verstärkung immer noch ausbleibt.

      »Ich weiß nur«, sagte er, »dass die beiden sich in einem gekaperten sinesischen Shuttle zur Erde durchschlagen konnten und dass der Kanzler der Zivilregierung, Seine Eminenz Cole Johnson, General Norton persönlich das Kommando über dieses Expeditionskorps übertragen hat.«

      Wiszewsky hing an seinen Lippen und nickte bei jedem einzelnen Wort, als müsse ihm die Information wie einem Kleinkind eingelöffelt werden. Er schluckte und stierte mit erloschenem Blick vor sich hin. Dann schien er die Fakten zusammengebracht zu haben.

      »Was für ein Teufelskerl!«, stieß er hervor. »Ein sinesisches Schiff gekapert!«

      Er wandte sich zu Svetlana und seinem Beraterstab um und schüttelte die Faust in der Luft. Eine gewisse Entspannung breitete sich in den beiden Personengruppen aus. Andresen sagte sich, dass die Abgeschiedenheit in diesen Räumen doch sehr an den Menschen zehrte, und er rief sich ins Gedächtnis, dass dieses Schiff seit mehreren Jahren ohne jeden externen Kontakt gewesen war.

      Wiszewsky ging auf den General zu und legte ihm die Hand auf die Schulter.

      »Verzeihen Sie unsere Begriffsstutzigkeit«, sagte er warm. »Wir sind hier ein bisschen hinterm Mond. In einer ruhigen Stunde kann ich Ihnen ja unsere Version der Vorgänge erzählen.« Er zwinkerte vergnügt. »Wer konnte denn auch mit so etwas rechnen«, rief er aus und wies mit dem Arm zur Flotte, die in den schwarzen Ausläufern der Dunkelwolke schwebte. »Wir haben die Feuerwehr gerufen, und sie schicken uns gleich die ganze Bundesarmee!«

      Er lachte heiser und hustend. Die Adjutanten und Stabsoffiziere beeilten sich, einzufallen oder zu schmunzeln. Einzig Andresens Miene blieb steinern.

      »Wenn Sie gestatten, Commodore«, brummte er mit eiserner Beherrschung, »würde ich dann wirklich gerne zur Sache kommen. Ich habe umfangreiche Einsatzpläne.«

      Wiszewsky kicherte vor sich hin. »Immer langsam, General«, sagte er und klopfte Andresen auf den Oberarm. »Jetzt entspannen Sie sich mal. Wir sollten feiern, dass der Warptransfer geklappt hat. Ich würde Sie gerne ein bisschen herumführen. Und dann müssen wir auf Norton und seine Frau anstoßen; wir haben die beiden nämlich längst für tot gehalten.« Er schüttelte immer wieder den Kopf. »Was für ein Zufall«, murmelte er. »Just in dem Moment.«

      In diesem Augenblick glitt die automatische Tür mit einem leichten Summen der Feldgeneratoren auf. Dr. Frankel und einige seiner führenden Wissenschaftler betraten die Brücke. Der derzeitige Oberste Planetologe trug den weißen Laborkittel, dessen Schöße flatternd hinter ihm her wehten. Er hatte ihn jedoch mit Schulterstücken versehen, auf denen die Rangabzeichen eines Colonel befestigt waren. An seiner Brust prangten neben dem Handkommunikator, dessen Clip aus der Brusttasche hervorsah, mehrere

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