Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Erhard Heckmann
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt - Erhard Heckmann страница 2
Die Entscheidung, was dabei wichtig war und was nicht, was nur gestreift oder ausführlicher festgehalten wurde, und wo ein Buchteil unbedingt beendet werden musste, bestimmten die gegebenen Platzmöglichkeiten und die eigene Einschätzung. An die Leserschaft war ebenfalls zu denken, denn auch dem „Nichtinsider“ sollte, ohne den Eingeweihten zu langweilen, die Thematik um das edle Rennpferd etwas nähergebracht werden. Diese Balance war zwar nicht immer möglich, aber vielleicht reicht es doch aus, um den einen oder anderen „Neuling“ neugierig zu machen. Aus diesem Grunde wurde auch generell auf die Darstellung von Pedigrees, die der Fachmann auch anderswo schnell findet, verzichtet. Wo jedoch dieser Hintergrund unabdinglich war, wurde er vor Ort diskutiert.
Mir ging es außerdem darum, die Vergangenheit zu bewahren und jene Züchter zu beleuchten, die als Pioniere wirkten, nach Rezepten suchten, ausprobierten und die ersten Meilensteine setzten, auf denen ihre Nachfolger aufbauen konnten, um die Rasse durch stetige Auslese zu verbessert und sie ihrem Ideal näherzubringen. Jenen Züchtern standen damals weder die Erfahrung von mehr als drei Jahrhunderten zur Verfügung, wie das heute der Fall ist, noch die modernen Datenbanken, die das Internet ermöglichte. Und jene Pioniere stehen im Teil II im Mittelpunkt, nachdem Teil I den Siegeszug skizzierte, den das Vollblut auf seinem Weg in die Welt vollzog, von veränderten Zuchtansprüchen und neuen Dimensionen in einer globalen Welt sprach, von internationalen Auktionen oder großen Meetings berichtete, oder auch „Rezepte“, Zucht-Theorien und das Spiel der Gene erwähnte.
Dass die deutschen Gestüte Graditz und Schlenderhan nicht unter den ersten Pionierzüchtern im Teil II erscheinen ist dem Wunsch geschuldet, die deutsche Zucht im Teil III als Ganzes darzustellen, auch wenn so berühmte Züchter wie der Aga Khan oder Lord Derby erst später starteten. Und dann gab es natürlich auch Züchter mit älteren Rechten. Auch andere einflussreiche Zuchten und Rennsportländer werden noch zu Wort kommen, wie globale Player und Visionäre, oder die eine oder andere vier- oder zweibeinige Legende nicht ausgelassen werden soll. Und dort, wo es möglich ist, wird auch ab und an die betreffende, kleine Story erzählt.
Letztendlich ist jedoch alles auch eine Platzfrage, und dieses Buch weder Ratgeber noch Bildband, der ungezählte große Champions aufzunehmen hätte. Themen, die der Fachmann kennt, den Laien aber kaum interessieren, wurden nur „angekratzt“, um sie der Vollständigkeit halber zu erwähnen, oder ihre Theorien zu bewahren.
Winter-Rennen in St. Moritz (Foto: Courtesy of Swiss-Image-Team; Andy Mettler)
Bedanken möchte ich mich bei all denen, die mich durch Fotos unterstützten, wobei das irische Coolmore Stud, die Hancock-Familie der amerikanischen Claiborne- und Stone Farms, Mac McBride (Del Mare Thoroughbred Club), Sinead Hyhland (Irish National Stud), Betsy Baxter von der „Keeneland Library“ und der Englische Jockey Club besonders erwähnt sein sollen.
In Klammern hinter einem Pferdenamen können stehen: Geburtsjahr; der Vater des Pferdes; die Anzahl der Siege; die gerundete Gewinnsumme oder eine andere Wichtigkeit, die der Text jedoch erklärt.
ECLIPSE, MATCHEM UND HEROD
The Darley Arabian, 1704 nach England eingeführt, gilt als einer der drei Gründer-Hengste der Rasse Vollblut
Die Kreuzung von englischen Stuten mit arabischen und verwandten „östlichen“ Importhengsten, ständige Auslese, Streben nach Höchstleistungen, detaillierte Dokumentation von Zucht- und Rennleistungen und die Verfeinerung des Rennsystems führten zu einem Pferd, das die Engländer Thoroughbred (durchgezüchtet) nannten. Ein edles, hartes und schnelles Individuum, das sich über die gesamte Welt ausbreitete. Die drei Gründerhengste, die sich am Ende als solche durchsetzten, liefen selbst keine Rennen, sondern kamen auf verschiedenen Wegen auf die Insel. The Byerly Turk wurde von einem Captain Byerly erbeutet, als dieser 1688 in Ungarn gegen die Türken kämpfte. Zwei Jahre später, nun als Colonel, ritt er diesen Araber auch als Kommandeur der 6. Dragoon Guards beim „Battle of the Boyne“ an der Ostküste von Irland, den der Protestant William der III. von England für sich entschied. Und dieser Byerly Turk wurde der Ururgroßvater von Herod (1758; Tartar), der auf der Mutterseite 4x5 auf Darley Arabian ingezogen war, und dessen Nachkommen damals mehr als 200.000 Pfund an Preisgeld gewannen.
The Darley Arabian, der 1700 das Licht der Welt erblickte, wurde von J. B. Darley in Aleppo (Syrien) gekauft und 1704 nach England eingeführt. Der Hellbraune, der ein herrlicher Vertreter seiner Rasse gewesen sein soll, war für die Vollblutzucht von allergrößter Bedeutung. Er war ein Hengst ohnegleichen, und er wurde Ururgroßvater des großen Eclipse, der 1764 geboren wurde. Einer seiner Söhne, der in England erfolgreich gelaufene Bulle Rock (1709), war der erste Vollblüter, den Samuel Gist 1730 von England nach Amerika importierte. Die Mutter des damals 21-jährigen Bulle Rock stammte von Byerly Turk aus einer Stute, die den Namen Lister Turk Mare trug. Diese hatte Lister Turk (1867) zum Vater und Natural Turk Mare zur Mutter. Weiter zurück gibt es zu diesem England-Export keine Aufzeichnungen.
The Godolphin Arabian (oder Godolphin Barb), der 1724 gefohlt und 1729 über Frankreich aus Marokko in das Mutterland des Galopprennsports eingeführt wurde, soll ein Geschenk des Sultans von Marokko an König Louis den XIV. von Frankreich gewesen sein. Wertvoll war der Hengst für den König aber wohl nicht, denn der braune Berber war schon bald das Eigentum von Graf Godolphin. Eine der Geschichten zu diesem Pferd erzählt, dass es aus dem königlichen Stall gestohlen, und als Zugpferd vor einem Wasserkarren in Paris von einem Mr. Coke entdeckt worden sei. Coke kaufte es für drei Pfund, und der Hengst landete als privater Deckhengst im Gestüt des Earls in Cambridgeshire. Sein Sohn Cade (1734), oder Old Cade, zeugte den 1748 geborenen Matchem, einen harten Steher, der in Nordengland ein führender Hengst wurde. Sein erfahrener Jockey John Singleton hielt von diesem Pferd, das viele gute Gegner schlug, sehr viel, doch schien wohl etwas Klasse zu fehlen, um es als brillantesten Galoppierer seiner Zeit zu bezeichnen. Als Sechsjähriger ging Matchem ins Gestüt und wurde in den folgenden Jahren Mitglied des großen Dreigestirns, dem auch Eclipse und Herod angehörten.
Zu Godolphin Arabian wurde auch ein sehr lesenswertes Buch geschrieben, das Franz Born 1961 beim Sebaldus-Verlag Nürnberg unter dem Titel „Hengst der Sonne“ veröffentlichte. Der Autor bezieht sich auf historisches, authentisches Material und nennt als wichtigste Unterlage den Bericht eines jungen Afrikanes, den der letzte Besitzer des Hengstes auf Schloß Gog Magog in der Nähe von Cambridge aufgezeichnet hat. Dieser junge Stallmann hat den „Araberhengst“, den ihm sein Herrscher in Marokko anvertraute, von der Geburt bis zu dessen Tod nie verlassen. Er hat ihn gepflegt, verteidigt und auch seinen Triumph in England noch erlebt. Und so, wie dieser Agba zum „Hengst der Sonne“ gehörte, war auch die Stallkatze Moumou ein ständiger Begleiter.
Born beginnt sein erstes Kapitel mit den Verhältnissen von 1725 und nennt die drei großen Berber-Königreiche Tunis, Algier und Marokko als von den europäischen Großstaaten so gefürchtet, wie einst die Reiterheere des Islam, die es schon einmal bis zu den Pyrenäen geschafft hatten. Und der gleiche Autor fährt fort, dass damals die Piratenflotten der nordafrikanischen Berberstaaten das Mittelmeer beherrschten, europäische Schiffe kaperten und für ihre Beute enorm hohe Lösegelder forderten. Und Marokko war unter dem grausamen wie klugen Sultan Muley Ismael von diesen drei Räuberstaaten der mächtigste geworden. Mit Ludwig dem IV. hatte er jedoch ein Geheimbündnis geschlossen, bezog von Frankreich Waffen und schonte dessen Schiffe. Und die Pferdestadt Muley Ismaels, am Rande des Palastviertels und nahe der Rennbahn gelegen, war berühmt. Dort standen 12.000 Pferde, und das Juwel dieser Metropole war der Marmorhof der Araber. In den 24 mit Marmor und Rosengranit verkleideten Boxen standen