Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Erhard Heckmann

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Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt - Erhard Heckmann

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wurde reichlich belohnt. Neben St. Ledger- und Oakssiegern zeugte Highflyer auch die Derbysieger Noble, Sir Peter Teazle und Skyscraper, die zu Epsom 1786/87 und 1789 gewannen. Und Sir Peter Teazle war auch der väterliche Ausgangspunkt von Frankreichs Derbysieger Friant (Champaubert), der 1912 in seiner französischen Heimat gewann. Richard Tattersalls ehrte seinen 13-fachen Beschäler-Champion ebenfalls. Er nannte sein Heim Highflyer Hall.

      Zu der Hengstlinie, die von Godolphin Arabian ausging, zählen auch Hurry On, Precipitation oder Santa Claus, die direkte Nachkommen von Matchem sind. Als Santa Claus, der 1964 das Epsom Derby gewann, Anfang 1970 starb, verlor die Vollblutzucht einen ihrer vielversprechendsten Hengste. Der Sohn von Chamossaire (1942; Precipitation) besaß enorme Geschwindigkeit und war dennoch in der Lage, die Besten seiner Zeit über 2.400 Meter herauszufordern. Er gewann u. a. die 2000 Guineas und die Derbys zu England und Irland, und seinen zweiten Platz im „Arc de Triomphe“ erkämpfte er auf einem für ihn ungeeigneten Boden. Hurry On zeugte u. a. die drei Derbysieger Captain Cuttle, Coronach und Call Boy, und den hervorragenden Steher Precipitation (1933). Im St. Ledger war dieser noch nicht fit genug, schlug den Sieger aber drei Wochen später ohne Schwierigkeiten. Von seinen Siegen in Langstrecken-Rennen war der Ascot Gold Cup der wichtigste Treffer. In der Zucht fiel dem Hengst, der auf der Bahn die Farben seiner Züchterin Lady Zia Wernher getragen hatte, die Aufgabe zu, den Einfluss des großen Matchem fortzuführen. Er gründete auch neue Zweige, und seine Söhne sind in vielen Ländern tätig. Bei dem nach Japan exportierten Derbysieger Larkspur (1959; Never Say Die) war der große Steher der mütterliche Vater.

      Von den beiden Derbysiegern Captain Cuttle (1919) und Coronach (1923), die die Farben ihres Züchters Lord Woolavington trugen, hielt Trainer Fred Darling den jüngeren für den etwas besseren Renner. Er musste jedoch erst herausfinden, dass Coronach einen starken Reiter und die Freiheit brauchte, seinen Weg zum Ziel selbst zu finden. Unter Joe Childs gewann der Fuchs mit der goldenen Mähne einige denkwürdige Rennen, doch verlor er drei von vier Kämpfen gegen Lord Derbys ausgezeichneten Phalaris-Sohn Colorado. Im Derby reichte es für diesen allerdings nur zum dritten Platz, und im Gestüt waren ihm nur zwei Saisons vergönnt. Coronachs mütterlicher Großvater Tredennis (Kendal) gewann nie ein Rennen, wurde aber ein ordentlicher Zuchterfolg. Zu seinen wichtigsten Nachkommen, die 485 Rennen gewannen, zählten vor allem die Söhne Golden Myth (1918), Bachelor’s Double (1906) und Lord Wembley (1923). Dieser zehnfache Sieger wurde 1928 nach Argentinien exportiert, wo er ein führender Hengst wurde, während der vom irischen Tally Ho Stud gezogene Golden Myth auch in den Eclipse Stakes und dem Ascot Gold Cup erfolgreich war. Bachelor’s Double war als Zweijähriger ungeschlagen und gewann neun von siebzehn Rennen, darunter das Irische Derby. Züchterisch gesehen war er das Produkt eines sieglosen Vaters aus einer nicht gelaufenen Mutter.

      Coronach, der ein harter Puller war wie sein Halbbruder Captain Cuttle (1919), zeugte einige gute Pferde im Ausland und beendete sein Leben nach erfolgreichen jahren in Neuseelands Zucht. Captain Cuttle war massiv und stark wie sein Vater, konnte aber nicht so hart trainiert werden, wie es seine Statur verlangt hätte. Fred Darling war zwar der Meinung, dass er nicht so gut war, wie sein ungeschlagener Vater, aber dennoch ein großartiges, gelehriges und intelligentes Rennpferd gewesen sei. Nach nur drei Jahren in der englischen Zucht kauften ihn die Italiener 1927 für 50.000 Pfund und hatten, obwohl er schon im Alter von 13 Jahren starb, mit ihm großen Erfolg. In der Heimat hinterließ er an Walter Gay einen Derbyzweiten, und für King George V die 1925 geborene 1000 Guineas-Siegerin Scuttle, die als zweijährige die Cheveley Park Stakes gewonnen hatte und in den Oaks auf den Ehrenplatz lief. Der frühe Tod des Hengstes war jedoch auch ein Verlust für den weiteren Fortbestand der Matchem-Linie, die außerdem den Nachteil gehabt haben mag, dass ihr Begründer, The Godolphin Arabian, nur für gestütseigene Stuten herangezogen wurde.

      Es war jedoch dieses große Dreigestirn, Eclipse, Herod und Matchem, das die Rasse Vollblut auf den Weg brachte. Von diesem Triumvirat führen die Linien wie ein großes Eisenbahnnetz in alle Welt. An ihren Knotenpunkten, den Galoppphänomenen und Zuchtwundern, vereinigen sie sich und streben wieder auseinander, um sich mit dem Besten und Neuem von nebenan aufs Neue zu vereinigen. Und so kommt man von Italiens Nearco zu Amerikas Crack Bold Ruler oder Canadas Riesen Northern Dancer. Englands Hyperion führt zu Argentiniens Supercrack Forli, der mit seinen Nachkommen eine regelrechte Bonanza feierte. Perus Pamblona, die in der Heimat die „Quadruple Crown“ gewann, fohlte 1973 Epsom-Derbysieger Empery, der später nach Japan exportiert wurde. Südafrikas Wolf Power hatte an Flirting Around einen Sohn des großen Amerikaners Round Table zum Vater, der selbst die Verbindung zu Europas Princequillo knüpft. Und für den „Veredlungsfaktor Vollblut“ in der Landespferdezucht muss man nur Halla oder Tempelhüter nennen, der zum Symbol des ostpreußischen Pferdes wurde.

      Als „Original- oder Gründerstuten“ (ihr Pedigrees sind weiter zurück nicht verfolgbar) gilt in der Vollblutzucht nur eine kleine Anzahl, wobei man von weniger als 100 ausgeht, von denen im Laufe der Zeit etwa die Hälfte keine Rolle mehr spielte. Ende des 19. Jahrhunderts analysierten, unabhängig von einander, der Amerikaner Bruce Low und der Deutsche Hermann Goos die im neuesten General Stud Book eingetragenen Stuten bis hin zu ihrem mütterlichen Ursprung, und ihr Ergebnis waren 43 Familien. Bruce Low ordnete damals diese Stuten nach den Erfolgen ihrer Nachkommen und gab ihnen die Nummern 1-43, die jedoch nichts anderes als Familiennamen sind. Modernere Untersuchungen ergaben, dass 81 % der Gene aller heutigen Vollblüter von 31 Original-Vorfahren abstammen, und die Anzahl könnte sich durch die heute zur Verfügung stehenden Techniken auch noch weiter reduzieren.

      Im Norden Englands wurden „Rennen“ schon sehr früh mit schnellen Ponys (Galloways) und ihren irischen Counterparts, den „Hobbys“, geritten. Gleichfalls gab es in England bereits um 1200 eine gezielte Pferdezucht, sodass auch andere Pferde aus Spanien und Italien importiert wurden, die bereits über Anteile von „Araberblut“ verfügten. Im 16. Jahrhundert kreuzten die Engländer Conemara-Ponys mit Arabern und Berbern, und erhielten dadurch einen neuen Typ Pferd, der größer und schneller war. Wahrscheinlich waren auch Andalusieer mit am Werk, die das „neue Pferd“ größer machten. Danach versuchte man es mit verschiedenen Kreuzungen. Und zu diesen zählten auch die Versuche mit den Hengsten Godolphin Arabian (oder Godolphin Barb), Darley Arabian und Byerly Turk, die man mit den einheimischen „gemeinen“ Stuten erfolgreich paarte. Einige Dekaten später etablierten die Engländer die Zucht durch „Line-Breeding“, also Inzucht. Auf der administrativen Seite erschien im 18. Jahrhundert auch der Rennkalender, den Weatherby in Zusammenarbeit mit den englischen Rennsport-Autoritäten veröffentlichte, wie auch 1786 eine Liste der erfolgreichsten Deckhengste, womit der Züchter Hinweise zu Leistungen auf der Rennbahn und zu den Vererbern erhielt.

      Als die Rasse Vollblut durch intensive Auslese und Leistungsprüfungen fest etabliert war, veredelte es nicht nur andere Rassen, sondern half auch neue zu starten. So den Traber oder das Quaterhorse. Aber auch alle anderen halbblütigen Leistungsrassen sind mit Hilfe des Englischen Vollblutpferdes entstanden. Und als diese neuen Rassen „geboren“ waren, wurden sie durch Auslese und Paarung gefestigt.

      Im amerikanischen Trabrennsport spielte der Vollblüter Messenger (1780; Mambrino) – 3 x 4 auf Cade; 4 x 4 auf The Godolphin Arabian ingezogen – eine besondere Rolle. Der Hengst, den John Pratt gezogen hatte, gewann in seiner Heimat zehn von 16 Rennen, wurde um 1787 von einem Thomas Berger in die USA importiert, deckte seine erste Saison 1788 in Philadelphia und wechselte danach mehrfach den Besitzer. Zu seinen Nachfahren zählte auch der 1849 geborene Hambletonian (Abdallah), der eine starke Trabaktion hatte und als der Gründervater der amerikanischen Traber angesehen wird. Messenger ist sein Urgroßvater, und bei Hambletonians Mutter Ammazonia steht er gleich zweimal im Pedigree. Ihr Vater Dove stammt von Saratoga, der ein Messenger-Sohn war, und Doves Großmutter trug den Namen Messengers Mare. Vollblüter wurden aber nicht nur genutzt, um die Traber auf den Weg zu bringen, sondern auch später noch eingekreuzt.

      Die Traber-Rasse entstand jedoch aus dem Bedarf, ein schnelles Wagenpferd zur Verfügung zu haben. Das war so in Amerika, Frankreich oder auch in Rußland. Hier war es Ende des 18. Jahrhunderts der Graf Orlow, der diese Rasse entwickelte. Als Zuchtziel galt ein verlässliches Zugpferd für Kutsche und Schlitten, das lange

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