Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Erhard Heckmann
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Die Amerikaner waren jedoch die ersten, die Wert auf eine hohe Trabgeschwindigkeit auf kurzer Strecke legten, ohne den Pferderücken zu belasten. Das war zwar ähnlich wie das Vorhaben, das Graf Orlow anstrebte, aber bei ihm sollten weite Distanzen in schwierigem Gelände schnell überbrückt werden, wobei auch noch eine erhebliche Zuglast auf jedes Pferd einwirkte. In Amerika jedoch waren es kurze Distanzen auf „gepflegtem“ Geläuf, und das zu ziehende Sulky war federleicht. Somit war es auch logisch, dass sich, neben dem Orlow-Traber, ein völlig anderer „Traber-Typ“ entwickeln musste. Und im Gegensatz zum Galopper, dessen Beschleunigung des natürlichen Trabes der Galopp ist – womit auch der Renngalopp eine natürliche Gangart bleibt – wurde dem Traber eine künstliche „Hochgeschwindigkeits-Gangart“ im Trab anerzogen. Und die Zucht auf diese Trabschnelligkeit hat auch das Exterieur der Traber beeinflusst, auf diese unnatürliche Gangart angepasst, und damit auch das Skelett für den beschleunigten Trab geformt. Äußerlich sichtbar ist das z. B. durch den oft kurzen Schritt, denn der Traber braucht nicht unbedingt die beim Galopper so wichtige schräge Schulter. Auch Sehnen, Lunge und Herz werden beim Traber nicht so stark belastet wie beim Vollblüter, denn das Tempo auf den Traber-Ovalen ist geringer, und das Trabrennpferd hat auch stets zwei Beine auf der Erde. Das Rennpferd, das beispielsweise auf englisch-irischen Rennbahnen auch bergan und bergab galoppiert und springt, muss jedoch in der schnellsten Gangart an seine Grenzen gehen, als auch den gesamten Schwung und die Wucht mit jeweils einem Vorderbein abfangen. Ein Unterschied, der auch die Kosten beider Sportarten beeinflusst und den Trabrennsport „preiswerter“ macht.
In der Quater Horse-Zucht hat der Vollblüter Old Sorrel einen Namen, und der Araber El Bedavi war in der Südtiroler Haflinger-Zucht eine wichtige Quelle. Die American Quarter-Horses haben ihren Ursprung in den Kolonien Virginia und Carolina, wo die Siedler am Rande der Wildnis ein hartes Leben führten und einen schnellen, kräftigen und robusten Typ Pferd entwickelten. Zunächst hatten die Spanier wieder Pferde mit nach Amerika gebracht, und die Indianer züchteten mit entlaufenen oder erworbenen Tieren daraus einen kleinen harten und genügsamen Typ. Weitere Pferde, auch lokaler Rassen, kamen im frühen 17. Jahrhundert mit englischen Einwanderern in die neue Heimat, die die Chickasaw bereits um 1611 mit ihren wesentlich schnelleren und flinken Pferden gekreuzt haben sollen.
1752 wurde der in England auf Langstrecken erprobte vierfache Sieger Janus (Godolphin Arabian) nach Virginia importiert, der mit 150 Zentimeter Größe ein eher globaler Typ Vollblüter war. Über seine Mutter, die von Bartlett’s Childers stammte, hatte der Hengst an Darley Arabian einen weiteren Vollblut-Gründerhengst im vorderen Pedigree. Seine Nachkommen mit den Pferden der Region waren klein, kompakt, hart, muskulös und zeigten Sprintstärke über kurze Strecken. Und das war genau der Typ, den die Farmer damals brauchten, als sie sich am Rande der Wildnis eine neue Existenz aufbauten. In der Woche arbeiteten diese Pferde sehr hart auf dem Feld, im Wald, vor dem Wagen, oder sie trugen ihre Reiter über weite Wege. An den Sonntagen waren sie jedoch gefragte „Rennpferde“, die auf kurzen Wegen oder anderen Pisten, die ihre Besitzer irgendwo über etwa 400 Meter freigeschlagen hatten, Abwechslung in das harte Dasein brachten.
Als sich bei den Siedlern in Texas die Rinderarbeit als Hauptaufgabe entwickelte, reifte die in Virginia erfundenen Rasse durch das Einkreuzen der Mustangs, die westlich des Mississippies lebten, zum American Quater Horse. Für diese Rasse war auch der in Virginia gezogene, siebenfache Sieger Sir Archy (1805) von Bedeutung, der an Diomed den ersten Derbysieger zum Vater hatte und 3 x 4 auf Herod ingezogen war. Auch der bereits genannte Janus übte durch seinen Sohn Printer (1817), dessen Mutterseite unbekannt ist, weiteren Einfluss auf diese Sprinterrasse aus, wie auch der vor ihm geborene Vollblüter Blackburns Whip (1805). Dieser Hengst hatte den großen Eclipse zum Urgroßvater, und bei seiner Mutter stand in der dritten Generation auf beiden Seiten Janus im Pedigree.
Als legendäres Quarter-Horse galt auch der 1843 geborene Steel Dust, ein Halbblüter von Harry Bluff, der Blackburns Whip zum Großvater hatte. Seine Vollblutmutter Big Nancy stammte von dem Sir Archy-Enkel Jackson, dessen Mutter eine Tochter von Blackburns Whip war. Und auf diesen Steel Dust ging auch Peter McCue (1895) zurück, der in dieser Flitzerzucht als bedeutender Vererber bezeichnet wird.
Sehr früh war auch Kaiser Friedrich Wilhelm I. bei der Arbeit, der zunächst beschloss, seine über das ganze Land verstreuten Bestände (mehr als 1.000 Pferde, inkl. rund 500 Zuchtstuten) aus den Gestüten und Marställen zu zentralisieren.
1732 wurde per Erlass das Hauptgestüt Trakehnen gründete, das an das gleichnamige Dorf grenzte, und ab 1786 in Königlich Preußisches Hauptgestüt Trakehnen umfiermierte und auf freiem Gelände entstanden war.
Die besten Pferde wurden für die Zucht ausgewählt, und diese hochselektiv weitergeführt. 1817 wurden einige englischen Vollblüter und Araber gekauft, und weitere 1826 und 1837 angeschafft. Danach führten stetige harte und strikte Selektierung und Aussonderung zu dem edlen Pferd, das wir heute als Trakehner bezeichnen, und die bereits ab 1912 bei Olympischen Spielen starteten, und 1936 vier von sechs Goldmedaillen im Reiten gewannen.
In jenen Jahren war das Trakehner Haupt-Gestüt, das ursprünglich eins von fünf Preußischen Hauptgestüten war, auf mehr als 6.000 Hektar angewachsen. Davon waren etwa 2.400 Wiesen und Weiden, der Rest Acker- und Gartenland, Anlagen und Wege. Als die Rote Armee gegen Ende des Zweiten Weltkrieges näherrückte, wurde Trakehnen im Oktober 1944 evakuiert. Insgesamt haben nur etwa 700 Pferde Krieg und Flucht überlebt, darunter wenige Dutzend Hengste. Die meisten dieser Pferde landeten in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern, weil manche Treks ihren Marsch nach Westen dort abbrachen. Keith (1944) war der letzte Original-Trakehner-Hengst, der 1976 mit fast 35 Jahren in Niedersachsen seine Augen für immer schloss. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen wieder neue Hengstlinien dazu, die auf Vollblut-Stammvätern beruhten, doch haben auch von den etwa 20.000 Züchtern, die sich vor dem Zweiten Weltkrieg mit dieser Zucht befassten, nur einige Hundert überlebt. Heute ist die Trakehnerzucht ein lebendiges Kulturgut und auch unter staatlicher Kontrolle.
Die Vorarbeit für die „Trakehner“ leisteten aber schon die Ordensritter, denn als diese in das spätere Hochzuchtgebiet des ostpreußischen Warmblutpferdes Trakhener Abstammung einzogen, gab es dort aus der bodenständigen Zucht nur eine kleine, flinke und zähe Rasse, das Schweikenpony. Sie nutzten diesen Typ zwar auch für die Kampfreiterei und förderten die weitere Reinzucht des kleinen Schweiken, gründeten für den eigenen Bedarf jedoch selbst Gestüte. Um 1400 soll es davon mehr als 30 gegeben haben, wobei das Zuchtziel ein schweres Reitpferd war, das dem gepanzertem Ritterheer entsprach. Als der Orden 1410 nach der Schlacht von Tannenberg zerfiel und weitere Kriege folgten, war auch der Niedergang der blühenden Pferdezucht eingeläutet.
Erst als der Markgraf Georg Friedrich etwa 200 Jahre später die Regentschaft übernahm, wurde die Pferdezucht unter strengen Regeln der Selektion fortgeführt, die Zucht den Ansprüchen der Zeit angepasst und orientalisch beeinflusste Veredlerhengste eingeführt, um ein leichtes Militärpferd zu erhalten.
Zu den „veredelten“ Pferden unserer Zeit zählte auch Hans-Günther Winklers großartige Halla, mit der er 1954 Weltmeister der Springreiter wurde und 1956 und 1960 drei olympische Goldmedaillen gewann. Ihr Vater Oberst war ein deutscher Traberhengst, dessen väterliche Wiege in Amerika stand. Die Abstammung der Mutter dieser Legende und Diva, die 1979 im Alter von 34