Der Jungbrunnen-Effekt. Mein Praxisbuch. P.A. Straubinger

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Der Jungbrunnen-Effekt. Mein Praxisbuch - P.A. Straubinger

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Übergewicht und langfristig zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. 2007 hat das Krebsforschungszentrum der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die nächtliche Schichtarbeit als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Während Menschen mit sehr unregelmäßigen Arbeitszeiten zur Störung ihrer zirkadianen Rhythmen gleichsam gezwungen werden, machen es die meisten Bewohner der zivilisierten Welt aus Unwissenheit freiwillig. Aus diesem Grund wollen wir uns die wichtigsten äußeren Zeitgeber und Rhythmen genauer anschauen und wie wir sie am besten mit unserer inneren Uhr in Einklang bringen können. Jedes Organ hat seine eigene innere Uhr. Fein aufeinander abgestimmt und getaktet, arbeiten die Organe und Körperzellen wie ein Orchester zusammen, um die drei wesentlichen Rhythmen des Lebens zu erzeugen – Wachen/Schlafen, Essen/Verdauen und Bewegen/Regenerieren. Nicht alle Körperfunktionen können gleichzeitig stattfinden. Deshalb braucht es, wie bei den Verkehrsbewegungen einer großen Stadt an Ampelkreuzungen, Taktgeber, die den Verkehrsfluss steuern. Wenn der Rhythmus an einer Kreuzung gestört ist, sind die anderen Kreuzungen über kurz oder lang auch betroffen.

       Die Genetiker und Chronobiologen Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young gewannen 2017 den Medizin-Nobelpreis für die Erforschung des zirkadianen Rhythmus.

       Der Schlafrhythmus – Wie das Licht unsere innere Uhr taktet

      Helligkeit und Dunkelheit sind seit Urzeiten die wichtigsten Taktgeber für unseren Körper und entscheidend für unseren Schlaf- und Wachrhythmus. Über die Augen werden die Informationen über Quantität und Qualität des vorhandenen Lichts ins Gehirn zum sogenannten suprachiasmatischen Nucleus, kurz SCN, geliefert. Er könnte auch als Dirigent im Orchester der inneren Uhren bezeichnet werden. Er sitzt am Hypothalamus, der zusammen mit der Hirnanhangdrüse ganz wesentlich die vegetativen Funktionen des Körpers steuert. Die rund 20.000 „Uhrenzellen“ des SCN liefern dem Hypothalamus und der Hirnanhangdrüse Informationen, um Hunger, Sättigung, Müdigkeit, Wachheit, Stress, Entspannung sowie den Flüssigkeitshaushalt etc. zu regulieren. Indirekt liefert der SCN so auch Informationen an die Zirbeldrüse, die die Hormone Serotonin und Melatonin herstellt. Ein Mangel an Serotonin führt etwa zu Niedergeschlagenheit, ein Mangel an Melatonin zu Schlafstörungen und fehlender Regeneration des Körpers. Bekommen wir also zu viel oder zu wenig Licht zu den natürlichen Tag- und Nachtzeiten, führt das auf Dauer zu schlechtem Schlaf, Übergewicht, Depressionen und anderen Erkrankungen (siehe Infobox „Gesund und glücklich im Wechsel von Licht und Dunkelheit“, Seite 20).

       Entscheidend für unsere Gesundheit: ein ausgeglichener Wach-Schlaf-Rhythmus.

      Der Nahrungsaufnahme-Rhythmus – Wie die Essenszeiten unsere innere Uhr steuern

      Durch die Lichtreize der Außenwelt entwickelt der SCN-Taktgeber im Gehirn so etwas wie einen Vorhersagemechanismus für Nahrung. Während er in der Nacht alle Organe auf Regeneration und Reinigung taktet, bereitet er den Körper vor der zu erwartenden ersten Mahlzeit auf Nahrungsaufnahme und Verdauung vor.

      Was aber passiert, wenn zu einem unerwarteten Zeitpunkt Essen aufgenommen wird? Der Körper startet dann quasi ein Notprogramm, um die angelieferte Nahrung zu verarbeiten und muss dafür alle anderen Prozesse, die der Regeneration und Reinigung dienen, sofort beenden. Die Bauchspeicheldrüse kann z. B. nicht gleichzeitig Insulin und das „Fettabbauhormon“ Glucagon produzieren. Ein hoher Insulinspiegel reduziert darüber hinaus die Ausschüttung des Heilungs- und Wachstumshormons HGH (Human Growth Hormon). Insulin wird für die Zuckerverarbeitung gebraucht, während HGH und Glucagon nur ausgeschüttet werden, wenn der Blutzuckerspiegel und der Insulinspiegel niedrig sind. Kurzum: Diese Prozesse stehen einander im Weg. Im Zweifelsfall entscheidet sich der Körper vorrangig für die Nahrungsverarbeitung – Heilung und Regeneration müssen warten.

      Wissenschaftler am renommierten Salk Institute in Kalifornien konnten in einem Versuch an Labormäusen nachweisen, dass sich die inneren Uhren der Organe vor allem an der Nahrungsaufnahme orientieren. Wurde den nachtaktiven Mäusen das Futter nur untertags angeboten, orientierten sich die Verdauungsorgane in der Folge an der Nahrungsaufnahme und überschrieben quasi die Informationen des SCN. Während die „Gehirnuhr“ durch das erste Morgenlicht gestellt wird, ist es bei den „Organuhren“ der erste Bissen des Tages. Laufen Gehirn- und Organuhren auf Dauer nicht im gleichen Takt und wird das Notprogramm zur Regel, wie es in der zivilisierten Welt oft der Fall ist, sind Krankheiten und Übergewicht die Folge (siehe „Intervallfasten im zirkadianen Rhythmus – Wie Sie Ihre innere Uhr auf Abnehm-Modus stellen“ Seite 22).

       Gutes Timing ist wichtig: Der erste und der letzte Bissen des Tages stellen unsere Organuhr.

       Der beste Start in den Tag: Morgendliche Betätigung im Freien setzt unseren Bewegungsrhythmus in Gang.

       Der Bewegungsrhythmus – Auch körperliche Betätigung unterliegt einer zirkadianen Rhythmik

      Wie alle Zellen folgen auch die Muskelzellen einer zirkadianen Rhythmik. Vom Herz angefangen bis zur gesamten Skelettmuskulatur kann und soll nicht jeder Muskel zu jeder Zeit die gleiche Leistung erbringen. Grundsätzlich dürfen wir davon ausgehen, dass wir uns in der zivilisierten Gesellschaft generell zu wenig bewegen. Denn wenn wir nicht essen oder schlafen, ist unser Körper grundsätzlich auf körperliche Betätigung ausgelegt. Mehr Bewegung führt zu besserem Schlaf, besserer Stimmung und besserer Gesundheit. Ebenso wie man Intervallfasten als generelle Empfehlung für einen gesunden Lebensstil ausgeben kann, gilt das bekanntermaßen auch für mehr Bewegung. Und ebenso wie beim Intervallfasten macht das Timing einen Unterschied. Bewegung bringt nicht zu jedem Zeitpunkt gleich viel für Gesundheit, Muskelaufbau und Fettabbau. Mehr dazu im folgenden Kapitel „Bewegung und Sport“.

      Gesund und glücklich im Wechsel von Licht und Dunkelheit

       Sonnenlicht tanken: Ausreichend natürliches Licht ist eine zentrale Quelle körperlicher und seelischer Gesundheit.

      Über Jahrmillionen haben unsere Vorfahren die meiste Zeit des Tages unter freiem Himmel verbracht. Untertags war es sehr hell und nach Sonnenuntergang stockdunkel. Der menschliche Organismus hat sich diesem Rhythmus aus Tag und Nacht, aus hell und dunkel angepasst. Erst in den 1990er Jahren wurden bei der genaueren Untersuchung der Sehzellen von Säugetieren, neben den sogenannten Stäbchen und Zapfen, eine dritte Klasse von blaulichtsensitiven Fotorezeptoren im Auge genauer erforscht. Diese bis dahin unbekannten Sehzellen versorgen mithilfe des Photopigments Melanopsin den SCN-Taktgeber im Gehirn mit Informationen über die Umgebungshelligkeit. Wird helles, blaues Licht wahrgenommen, das bis vor der Erfindung des elektrischen Kunstlichts nur am Tag vorhanden war, stoppt das Gehirn die Produktion des Schlafhormons Melatonin und produziert stattdessen das Stress- und Aktivitätshormon Cortisol. Während das für unsere Vorfahren natürlich Sinn machte, wird unsere innere Uhr durch zu wenig Tageslicht (z. B. in Innenräumen) und zu viel

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