Volkswirtschaft, 4. Auflage. Bernd-Michael Hümer
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Situationsbezogene Frage 8
Sind die für Installationsmeister Röhrl verständlicherweise unangenehmen Kosten (z. B. seine Personalkosten) auch aus volkswirtschaftlicher Sicht unangenehm?
1.2.8 Betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Kosten
Betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Kosten haben einen unterschiedlichen Bedeutungsinhalt und sind demnach auch unterschiedlich zu bewerten.
Betriebswirtschaftliche Kosten sind unangenehm.
Kosten sind uns einzelwirtschaftlich unangenehm, bedeuten sie im täglichen Sprachgebrauch doch, dass wir anderen Geld und damit Güter geben, die uns dadurch bei der Lösung unseres eigenen Güterversorgungsproblems verloren gehen. Wenngleich wir nach dem bisher Gesagten wissen, dass betriebswirtschaftliche Kosten in der ökonomischen Fachsprache nur in der Produktion bzw. bei den Produzenten auftreten, so werden sie jedoch auch dort unangenehm empfunden, denn sie schmälern den Gewinn als Differenz zwischen Umsatz und Kosten und damit das Einkommen der Unternehmenseigner.
Volkswirtschaftliche Kosten als Summe betriebswirtschaftlicher Kosten sind angenehm.
Betriebswirtschaftliche Kosten sind in der volkswirtschaftlichen Summe – kurz und bündig gesagt – gleich Erträgen. Auch Gewinne bzw. Betriebsüberschüsse und Selbstständigeneinkommen (vgl. Abschnitt 1.2.1) zählen volkswirtschaftlich zu den Kosten, nämlich zur Nettowertschöpfung und damit zu den Faktorkosten, wie uns schon der alte Begriff des Nettosozialprodukts zu Faktorkosten sagt, das mit dem Volkseinkommen identisch ist (vgl. Abschnitt 1.2.4). Wir erkennen diese simple, aber häufig verkannte Tatsache auch, wenn wir uns aus volkswirtschaftlicher Sicht daran erinnern, dass die Kosten des einen (z. B. des Mieters als Kostenträger) gleichzeitig der Ertrag bzw. das Einkommen des anderen (in diesem Fall des Vermieters als Kostenempfänger) sind, nach dem Motto: „Des einen Freud, des anderen Leid“. Die unangenehmen und gleichzeitig auch angenehmen Seiten des betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs halten sich also volkswirtschaftlich die Waage.
Sozialkosten sind Ineffizienzen
Eine höhere volkswirtschaftliche Produktion, z. B. gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), ist in jedem Fall mit höheren betriebswirtschaftlichen Kosten verbunden, wie uns auch bereits ein Vergleich des einzelwirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Produktionskontos in den Abschnitten 1.2.1 und 1.2.3 gezeigt hat. Der Ruf nach volkswirtschaftlicher Kostensenkung ist daher eher kontraproduktiv und lässt eine fundierte Kenntnis der volkswirtschaftlichen Zusammenhänge vermissen. Es sei denn, mit dem volkswirtschaftlichen Kostenbegriff würde inhaltlich etwas anderes verbunden als mit dem betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff. Gelegentlich wird bei volkswirtschaftlichen Kosten auch von Sozialkosten gesprochen. Doch was verbirgt sich hinter ihnen? Die Antwort lautet, dass auf der volkswirtschaftlichen Ebene mit Kosten häufig Ineffizienzen gemeint sind, d. h., die vorhandenen Produktionskapazitäten sind nicht voll ausgeschöpft worden. Ein falscher Einsatz von Produktionsfaktoren hat zu Produktionseinbußen geführt. Es wird daher auch von Opportunitätskosten gesprochen. Wachstums- bzw. gesellschaftliche Wohlfahrtsverluste sind entstanden. In ihnen liegt das Unangenehme der volkswirtschaftlichen Kosten. Daraus ergibt sich die erstaunliche – selbst Volkswirten nicht immer bewusste – Schlussfolgerung:
Eine Senkung (Erhöhung) der volkswirtschaftlichen Kosten führt zu einer Erhöhung (Senkung) der betriebswirtschaftlichen Kosten.
Der Umkehrschluss führt zu einem Verteilungsproblem und gilt daher nur bedingt. Betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Kosten erfordern aber in jedem Fall einen unterschiedlichen Blick und sind auch unterschiedlich zu bewerten.
Situationsbezogene Antwort 8
Kosten sind für Installationsmeister Röhrl im Kern, nämlich bei realer Betrachtung und damit bei Freiheit von Geldillusion, nichts anderes als Güter, die er anderen (z. B. seinen Beschäftigten oder seinen Zulieferern) geben muss, weil er sich vertraglich dazu verpflichtet hat. Sie schmälern demnach über eine Gewinneinbuße seine eigene Güterversorgung, verschärfen sein Güterversorgungsproblem und sind ihm daher unangenehm. Andererseits aber sind seine Kosten bei den Zahlungsempfängern (z. B. bei seinen Beschäftigten in Gestalt von deren Lohn und Gehalt oder bei seinen Zulieferern in Gestalt von deren Umsatz) und damit für sie im Kern Güter, die ihnen höchst willkommen sind, weil sie mit ihnen ihr Güterversorgungsproblem besser lösen können. Es findet also volkswirtschaftlich zunächst nur eine Umverteilung statt. Das volkswirtschaftliche Problem ist ein Verteilungsproblem, d. h., es geht um die Frage, ob die beschriebene Umverteilung zu Ineffizienzen führt, weil die Produktionsmöglichkeiten nicht voll ausgeschöpft und damit die gesamte zu verteilende Gütermenge nicht maximal ist. Dieses Problem könnte z. B. dadurch auftreten, dass die hohe Kostenbelastung bei Installationsmeister Röhrl in seiner Betriebsbuchführung zu einem Verlust führt, der ihn zur Aufgabe seines Betriebes und zur Entlassung seiner Beschäftigten zwingt. In diesem Fall würde die volkswirtschaftliche Gütermenge sinken und die Güterversorgung auf beiden Seiten beeinträchtigt werden. Es gilt also, eine Verteilung zu finden, die auf allen Seiten als gerecht empfunden wird, dadurch die Leistungsmotivation steigert und dadurch wiederum letztlich die gesamte Güterversorgung verbessert.
Situationsbezogene Kontrollaufgabe
Kompetenzkontrolle
▬ Handlungssituation
Versetzen Sie sich in die Lage von Installationsmeister Röhrl, der sich auf die Installation von Gasheizungen spezialisiert hat und mit seinem Installationsbetrieb als Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit in München gemeldet ist. Im Jahr 2016 erwirtschafteten Sie zusammen mit einem Mitarbeiterstamm von 10 Beschäftigten und mit einem noch vorhandenen Maschinen- und Gebäudeanschaffungswert zu Beginn des Jahres in Höhe von 300 Tsd. EUR einen Umsatz in Höhe von 600 Tsd. EUR und ein Selbständigeneinkommen („Gewinn“) vor Steuer in Höhe von 120 Tsd. EUR. Den „Gewinn“ haben Sie zur Hälfte im Unternehmen belassen. Er wurde mit 20 % besteuert. In dem betreffenden Jahr haben Sie Investitionen in Höhe von 100 Tsd. EUR getätigt. Der Umsatz entstand allein durch einen Großauftrag eines bayerischen Unternehmens in Höhe von 400 Tsd. EUR und durch einen Auftrag der Stadt München in Höhe von 200 Tsd. EUR. Die in Ihrem Betrieb eingesetzten Maschinen und Gebäude und die von Ihnen installierten Gasheizungen haben in allen Bereichen eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 10 Jahren und werden linear vom Anschaffungswert abgeschrieben. Die Personalkosten Ihres Betriebes betrugen in dem betreffenden Jahr 300 Tsd. EUR und Sie bezogen Thermostate wegen ihrer Qualität und ihres niedrigen Preises für 10 Tsd. EUR von einem Lieferanten in den USA. Sie verfügten außerdem über ein kleines Depot mit US-Aktien, die Ihnen im Jahr 2016 Dividendenzahlungen vor Steuer in Höhe von 2 Tsd. EUR einbrachten. Sie ahnen natürlich, dass Sie mit den konkreten Werten Ihrer Wirtschaftstätigkeit allein nur in verschwindend geringem Maße zur Leistung der deutschen Volkswirtschaft beigetragen haben. Gleichwohl wollen