Als Gott dem Unternehmensberater R. begegnete. Petra Stödter

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Als Gott dem Unternehmensberater R. begegnete - Petra Stödter

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mich niemals enttäuscht und mir immer den Rücken freigehalten hatte. Hierbei musste sie sehr oft für mich lügen und viele unangenehme Dinge erledigen, die über die Arbeit einer Sekretärin wohl weit hinausgingen. So hatte sie meine zahlreichen Damenbekanntschaften, die fast immer gleichzeitig liefen, koordinieren müssen. Für diese Dinge benötigte sie einen separaten Terminkalender, der alle Vermerke über Eigenschaften sowie Vorlieben der verwöhnten Damen enthielt, so dass Röschen oftmals für meine privaten Belange Überstunden machen musste. Sie war wohl die verständnisvollste und warmherzigste Frau, die mir jemals über den Weg gelaufen ist. Trotz all dieser wunderbaren Qualitäten lebte sie zu meinem großen Unverständnis allein. Gewiss, sie gehörte nicht gerade zu den auffallenden Schönheiten, aber ganz bestimmt war sie auch nicht hässlich - nur ein wenig zu klein geraten und auch ein bisschen zu pummelig in der Figur - und vielleicht ein kleines bisschen zu unvorteilhaft gekleidet. Jedenfalls waren mir all diese Äußerlichkeiten bei Röschen nicht wichtig. Ich wollte ja nichts von ihr. Ich sah sie lediglich als Kumpel, bei dem ich mich wohl fühlte und alle meine Probleme abladen konnte.

      Dagegen ließen mich die langen Beine von Vera auch in meinem jetzigen Zustand noch in Verzückung geraten. Sie trug ein hautenges, schwarzes Kostüm mit einem sehr kurzen Rock, der nichts von dem rassigen Fahrgestell verhüllte. Vera war rein äußerlich gesehen ein Vollblutweib der Extraklasse. Aber all ihre Gedanken drehten sich selbst bei diesem traurigen Ereignis ausschließlich um ihre Schönheit. Sie weinte weder eine Träne noch verschwendete sie einen Gedanken an meine unsterbliche Seele. Ihr werdet es nicht glauben, in diesem Augenblick überlegte sie sich tatsächlich, ob sie es wohl wagen könnte, sich während der Trauerfeier die Lippen nachzuschminken. Ich trug ihr diese Oberflächlichkeit nicht nach. Die Kleine war einfach unwiderstehlich und zuckersüß, aber eben auch eine ziemliche Hohlbirne. Alle meine Verflossenen fuhren letztendlich auf dieser Schiene. Nur auf Äußerlichkeiten ausgerichtet hatten sie sich ganz schön herausgeputzt und jede von ihnen beäugte jetzt neidisch die Konkurrenz. Diese Trauerfeier bedeutete für sie nicht etwa das würdevolle Abschiednehmen von einem guten Freund, sondern sie sahen darin eher einen Event der Extraklasse - ein Sehen und Gesehenwerden. Ja, so waren sie, meine so genannten Freunde und Geliebten. Sie waren nichts anderes als Spiegel meiner selbst.

      Werner allerdings verzog keine Miene. Er saß wie versteinert auf seinem Platz und starrte gedankenverloren auf den Sarg: „Mensch, Alter, was mache ich jetzt bloß ohne dich?“

      Er trauerte tatsächlich um mich und machte sich die größten Sorgen darüber, wie es nun ohne mich mit der Firma weitergehen sollte - vor allem finanziell. Werner geriet hierbei geistig in Panik. Er tat mir aufrichtig leid, denn er sorgte sich völlig umsonst. Ich versuchte, mich in seine Gedanken einzuschleichen. Aber es war schwer, seinen wirren Geist zu erreichen:

      „Keine Angst, mein Freund, dafür habe ich gesorgt, dass du nichts von unserer Firma an meine gierigen Verwandten abtreten musst!“

      Meine Botschaft kam nicht an. Werner war vollkommen durcheinander.

      Nun, dann musste er jetzt da durch. Ich konnte es nicht ändern.

      So langsam hatte ich auch die Nase voll von dieser Feier. Eigentlich interessierte es mich absolut nicht mehr, was die Leute über mich sagten oder dachten. Es fiel mir schon wesentlich leichter, alles hinter mir zu lassen.

      „Nun, das hört sich gut an - er macht Fortschritte“, werdet ihr jetzt denken. Aber für einen Jenseitigen sieht das alles ein wenig anders aus. Hier kann man keine Zukunftspläne schmieden und keinen neuen Weg beschreiten. Hier ist nichts, aber auch wieder alles.

      Jedenfalls befand ich mich derzeit im Nichts und ich suchte das Alles.

      Haltet mich nicht für verrückt. Besser kann ich es euch momentan nicht erklären. Das Nichts nahm ich als Seinsform ohne jegliche Bedürfnisse wahr. Aber ich empfand diesen Zustand nicht als Frieden oder gar Glückseligkeit, sondern eher als unerträgliche Langeweile ohne Hoffnung auf ein wenig Abwechslung. Einfach öde, das könnt ihr mir glauben.

      „Rainer, was ist denn jetzt so öde an deinem jetzigen Zustand?“

      Das andere Bewusstsein meldete sich wieder.

      „Das fragst du noch? Was bitte soll ich jetzt tun?“

      „Sei doch nicht so ungeduldig, mein Sohn. Vertraue mir!“

      „Ach, lass mich doch in Ruhe. Warum hast du mich nicht noch ein wenig leben lassen? Ich habe mein Leben wirklich genossen, und jetzt hänge ich hier ab und weiß nicht, wie es mit mir weitergeht.“

      „Ich verstehe dich!“

      „Na, das ist ja mal was!“

      „Geduld ist nicht gerade deine Stärke. Aber das lernst du schon noch. Nun sage mir erst einmal, was du an deinem Leben derart wunderbar empfunden hast, dass du es so sehr vermisst?“

      „Nun, ich war beruflich ziemlich erfolgreich. Ich hatte genügend Geld, um mir alle Annehmlichkeiten des Lebens zu ermöglichen. Gut, ich gebe zu, dass ich sehr wenig Zeit hatte, um etwas für mich zu tun.“

      „Um etwas für dich zu tun?“

      „Ja, ich hatte nicht viel Freizeit, um mein Leben ausgiebig zu genießen. Aber ich war zufrieden - meine Arbeit füllte mich aus!“

      „Ich nehme bei all deinen Aussagen immer nur die pure Ichbezogenheit wahr. Hast du jemals versucht, Licht in die Welt zu bringen?“

      „Licht in die Welt bringen? Was meinst du damit?“

      „Rainer, Rainer, du bist wahrlich ein harter Brocken. Nun gut, dann werde ich mich deutlicher ausdrücken. Hast du in deinem Leben auch einmal an andere gedacht? Hast du vielleicht einmal völlig selbstlos ohne Berechnung für irgendjemanden ein Opfer gebracht?“

      „Nein, das habe ich nicht. Andere Menschen waren mir egal. Ich hatte eine schlechte Meinung von ihnen. Du hast es doch auf meiner Beerdigung gesehen, wie sie sind - heuchlerisch, gierig und berechnend, völlig auf sich selbst ausgerichtet und wenig liebenswert!“

      „Empfindest du dich anders, mein Sohn?“

      „Nein, ich bin nicht besser als sie. Jetzt kannst du mich verurteilen - ist mir auch egal!“

      „Warum sollte ich?“

      „Nun, weil ich ein so schlechter Typ bin!“

      „Bitte, Rainer, beruhige dich. Ich bin nicht der, der anklagt und richtet. Ich bin der, der versteht - der hilft - der liebt. Ich will, dass du mich kennen lernst, damit du verstehst!“

      „Du liebst mich trotzdem?“

      „Ja, ich liebe dich trotzdem. Ich nehme dich an - so wie du bist und ich helfe dir, dich weiterzuentwickeln. Hierbei geschehen manchmal Dinge, die du zunächst negativ einstufst, weil sie dir unangenehm sind. Du siehst keinen Sinn darin - kein Fortkommen, sondern eher eine Blockade, eine Strafe. Aber glaube mir, sie sind wichtig für deinen Entwicklungsprozess.

      „Dann ist mein viel zu frühes Ableben also wichtig für meinen Entwicklungsprozess?“

      „Auf geistiger Ebene - ja!“

      „Ich war also zu nichts mehr nütze in der materiellen Welt.“

      „So würde ich es nicht sagen. Alles hat nun einmal seine Zeit in der vergänglichen materiellen Welt. Dass dein Herz versagte, hast du dir allerdings selbst zuzuschreiben. Es war deine

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