Bis ich dich endlich lieben darf. Denise Hunter
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„Ein Grund mehr für dich, möglichst schnell wieder auf die Beine zu kommen“, entgegnete Zac darauf.
„Hallo …?“, begrüßte ihn jetzt Tante Trudy aus dem Hintergrund. „Ich weiß ja, dass ich nur die alte Tante bin, aber bin ich vielleicht auch mal an der Reihe?“
Riley lächelte in ihre Richtung und streckte ihr seinen Arm entgegen. „Na, dann komm doch mal her, Tantchen.“
Sie zwängte sich zwischen Beau und Paige und umarmte ihn. Sie roch nach Zitronen und Stärke, und ihre schmalen Schultern und dünnen Arme fühlten sich zerbrechlich an. Doch das täuschte. Wenn es darauf ankam, konnte sie mit nur einem Blick eine ganze Armee aufhalten.
„Du liebe Güte, du bist ja breiter als der Stuhl. Haben jetzt auch deine Muskeln noch Muskeln bekommen?“
„Ja, so in etwa“, sagte er, als sie sich wieder von ihm gelöst hatte.
„Wie war denn dein Flug?“, erkundigte sich jetzt Beau. „Konntest du ein bisschen schlafen?“
Riley schaute verstohlen zu Paige hinüber, die sich noch einmal die Augenwinkel wischte, und antwortete dann: „Ja, ein bisschen.“ Dann schaute er wieder zu Tante Trudy und sagte: „Also, was ich jetzt wirklich gebrauchen könnte, wäre ein großes Stück von deinem berühmten Braten. Und zwar je eher, desto besser.“
„Na, da hast du aber Glück“, erklärte sie. „Es steht nämlich tatsächlich schon ein Topf mit einem großen Braten in Paiges Wohnung bereit.“
„Dazu Maisbrot, Kartoffelbrei und Paiges Pekannusskuchen“, fügte Zac noch hinzu.
Riley hielt sich den Bauch. „Oh Mann, ihr bringt mich ja um. Ich kann gar nicht sagen, was am schlimmsten war – die Fertiggerichte beim Einsatz, das Krankenhausessen oder der Fraß im Flieger.“
„Muss noch Gepäck abgeholt werden, das du eingecheckt hattest?“, fragte Tante Trudy jetzt, trat hinter seinen Rollstuhl und löste die Bremsen.
„Nur mein Rollstuhl. Diesen hier muss ich zurückgeben.“ Dann klatschte er ein Mal in die Hände und erklärte: „Okay. Dann lasst uns mal aufbrechen. Ich kann es kaum erwarten, nach Hause zu kommen, etwas Gutes zu essen und dann in meinem eigenen Bett zu schlafen.“ Sein Zuhause war ein Zimmer im hinteren Teil von Zacs Restaurant, das er gemietet hatte – nicht groß, aber seins.
Zac und Beau erstarrten beide ganz kurz und tauschten vielsagende Blicke, Paige trat von einem Bein aufs andere, und Tante Trudy kramte in ihrer Handtasche herum, als suchte sie etwas – sodass er plötzlich ein mulmiges Gefühl im Bauch hatte. „Was ist denn? Gibt es irgendetwas, das ich wissen sollte?“
„Äh, also …“, Zac konnte ihm nicht in die Augen sehen, als er erklärte: „Also dein altes Zimmer gibt es leider nicht mehr. Ich habe im Winter die Küche vergrößert, und eigentlich hatten Lucy und ich vor, dir dafür das Gästezimmer oben zu überlassen, wenn du wieder nach Hause kommst, aber …“ Er sprach nicht weiter, sondern schaute auf Rileys Bein.
Klar, mit nur einem Bein ging das nicht. Er hätte es mithilfe der Krücken vielleicht geschafft, die Treppe hinaufzukommen, aber jede Bewegung war mühsam und tat weh. Und das Allerletzte, was er gebrauchen konnte, war ein Sturz, der ihn wieder zurückwarf.
Sein Magen fühlte sich in diesem Moment an wie ein Ballon, aus dem alle Luft entwich. So viel dann also zu seinem Bedürfnis nach ein bisschen Privatsphäre im eigenen Zimmer. „Na, dann werde ich ja wahrscheinlich auf der Farm untergebracht, oder? Das ist doch völlig in Ordnung“, sagte er, so locker er konnte.
Tante Trudy hatte sich vor einiger Zeit das Bein gebrochen, und daraufhin war das ehemalige Esszimmer für besondere Anlässe zu einem Schlafzimmer umgestaltet worden. Er versuchte, sich seine Sorge darüber nicht anmerken zu lassen, dass Tante Trudy sieben Tage die Woche rund um die Uhr um ihn herumwuseln würde, aber da setzte Zac bereits an: „Äh, also …“ Er rieb sich den Nacken in sichtlichem Unbehagen und fuhr fort: „Auf der Farm wird zurzeit renoviert.“ Dabei schaute er Riley auf eine Art an, dass bei ihm alle Alarmglocken losgingen.
„Wir haben gerade angefangen“, sagte Beau. „Das war Tante Trudys Hochzeitsgeschenk für Eden und mich, und deshalb herrscht momentan im gesamten Erdgeschoss das pure Chaos.“
„Und es dauert noch mindestens einen Monat, bis alles fertig ist“, erklärte Tante Trudy.
„Aber mach dir keine Sorgen“, mischte sich jetzt Paige ein und tätschelte ihm die Schulter. „Ich habe ihnen von Anfang an gesagt, dass ich dich gern bei mir aufnehmen würde. Ich habe doch das hübsche große Schlafzimmer im Erdgeschoss. Das ist perfekt für dich. Die alten Türen sind schön breit, und deine Brüder haben schon eine Rampe mit Handläufen aufgebaut.“
Um ihn her verschwamm alles, und seine Gedanken wirbelten wild durcheinander. Er sollte bei Paige wohnen? Sein Blick ging zu Zac, der ihm eine Art telepathischer Entschuldigung schickte, und dann wieder zurück zu Paige, der die Worte auf den Lippen erstarben … wahrscheinlich wegen seiner Miene.
Sie sah ihn irritiert an und fragte: „Ist … ist das nicht in Ordnung? Möchtest du lieber woanders wohnen?“ In der Tiefe ihrer blauen Augen blitzte ganz kurz etwas Verletztes auf – aber nur ganz kurz –, bevor sie ihn mit einem Lächeln bedachte, das er ihr aber nicht abnahm. Dazu kannte er sie einfach schon zu lange.
Verdammt, jetzt saß er in der Klemme. Er zwang sich, ebenfalls zu lächeln, und sagte: „Ja. Ich meine, nein. Das ist toll. Echt fantastisch. Aber ich kann dich doch unmöglich aus deinem eigenen Schlafzimmer vertreiben. Wenn ich bei dir unterkomme, dann schlafe ich natürlich auf dem Sofa.“
Da richtete Paige sich etwas auf und entgegnete: „Das kommt gar nicht infrage. Außerdem habe ich meine Sachen schon nach oben geräumt.“
Sein Blick ging daraufhin noch einmal kurz zu Zac, bevor er wieder Paige anschaute, immer noch lächelnd, was gar nicht so einfach war mit dem völlig verkrampften Kiefer. „Du bist ein echter Kumpel, Warren. Hey, wieso geht ihr nicht schon mal los und holt den Wagen, und Zac hilft mir, meinen Rollstuhl zu holen und umzusteigen? Wir treffen uns dann gleich draußen am Ausgang.“
Zac trat hinter ihn, schob Tante Trudy beiseite und bemerkte: „Je früher wir zu Hause sind, desto früher bekommen wir was von dem leckeren Braten.“
„Ja, genau das habe ich auch gerade gedacht“, erklärte Riley.
Die anderen gingen also Richtung Ausgang, und Zac setzte den Rollstuhl Richtung Gepäckabholung in Bewegung. Mit zitternden Fingern rieb sich Riley über den Mund und versuchte den Sturm zu beschwichtigen, der sich in seinem Inneren zusammenbraute. Wie sollte er es schaffen, die nächsten Wochen – wie viele es auch immer werden mochten – so eng mit Paige zusammen zu überstehen?
Aber hatte er denn eine Wahl? Es war ja nicht so, dass er jede Menge Erspartes auf der Bank gehabt hätte, um sich selbst eine Wohnung oder ein Haus mieten zu können. Und selbst wenn, wäre er ja gar nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen – so gern er das auch geleugnet hätte.
Schon allein der Gedanke, dass sie den ganzen Tag um ihn herumwuselte, ihm beim Anziehen half und bei anderen Dingen, bei denen er Hilfe brauchte …
Willst du mich jetzt etwa hier umbringen, Gott? Kannst du mir nicht wenigstens ein ganz klein wenig Würde lassen? Ist das wirklich zu viel verlangt?